Wenn “es” (nicht) wegfällt

Lesen Sie diesen Beitrag, wenn es Sie interessiert, mit welchen sprachlichen Hürden Deutschlernende konfrontiert werden können.

Frage

Geschäftlich müssen wir Dokumentationen schreiben. Ein Mitarbeiter ist italienischer Muttersprache. Er verwendet immer eine bestimmte Satzstellung, die falsch ist. Keiner konnte jedoch erklären welche grammatikalische Regel dies begründet.

Falsch: Weiter wird es spezifiziert, wie neue Benutzer erfasst werden.
Richtig: Es wird spezifiziert, wie neue Benutzer erfasst werden.

Antwort

Sehr geehrte Frau G.,

Sie stellen eine ziemlich knifflige Frage, denn das deutsche Wörtchen es hat es in sich. Wie Ihnen Ihr ursprünglich fremdsprachiger Mitarbeiter sicher bestätigen kann, wird es sehr häufig und für die unterschiedlichsten Zwecke verwendet, sodass es Fremdsprachige (und Grammatiker …) oft beinah zur Verzweiflung treibt. Ganz so schlimm ist es natürlich nicht. Hier der Versuch einer Antwort:

Das Pronomen es kann verschiedene Funktionen haben. Unter anderem:

Fürwort, das ein sächliches Substantiv vertritt:
das Kind – Es spielt im Garten.
das Buch – Es liegt auf dem Tisch.

Unpersönliches Subjekt bei unpersönlichen Verben:
Es regnet.
Es windet.

Platzhalter für das Subjekt in einem unpersönlichen Passivsatz:
Es wird hier viel getrunken (= Man trinkt hier viel).
Es wird kaum mehr gearbeitet (= Man arbeitet kaum mehr).

Wenn das es im Satz nicht an erster Stelle steht, verhält es sich je nach Funktion unterschiedlich:

In den ersten beiden Fällen darf es nicht wegfallen:

das Kind – Heute spielt es im Garten.
NICHT: Heute spielt im Garten.

Heute regnet es.
NICHT: Heute regnet.

Aber in einem unpersönlichen Passivsatz muss das es wegfallen:

Heute wird hier viel getrunken.
NICHT: Heute wird es hier viel getrunken.

Bei ihrem Beispielsatz handelt es sich um einen unpersönlichen Passivsatz:

Es wird spezifiziert, wie … (= Man spezifiziert, wie …)

Entsprechend muss das es wegfallen, wenn ein anderes Wort die erste Stelle im Satz einnimmt:

Weiter wird spezifiziert, wie …

Zusätzliche Informationen zum Pronomen es finden sie u. a. auf dieser Grammatikseite.

Dort sehen Sie auch, dass das Wörtchen es noch andere Funktionen erfüllt und sowohl für die armen Nicht-Muttersprachigen als auch für diejenigen, die es ihnen erklären wollen, noch einige Knacknüsse in petto hat.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

5 Gedanken zu „Wenn “es” (nicht) wegfällt“

  1. Bitte können Sie so freundlich sein und mir den Begriff “Kurz-und Galanteriewaren ” erklären, der aus dem Wirtschaftsbereich kommt ??? !!!
    Herzlichen Dank im Voraus !
    Mit freundlichen Grüßen !
    Christa Winkler

  2. Ich dachte, dass wenn das \’es\’ in einem unpersönlichen Passivsatz nicht an erster Stelle steht, dann muss das \’es\’ wegfallen. Deshalb schrieb ich: \’Wenn man optimistisch ist, geht die Erholung besser – oder wenigstens so wird häufig behauptet.\’ Mein Tutor verbesserte: \’… – oder wenigstens wird das häufig behauptet.\’ Habe ich etwas in Ihrem Blogeintrag missverstanden?

    Gruß.
    Deutschlerner

  3. Das Wörtchen es macht es einem nicht einfach, Pat, weil es so viele verschiedene Funktionen haben kann. Das es oder das, das Ihr Tutor in Ihrem Satz ergänzt hat, ist kein unpersönliches es.

    Das Verb behaupten muss mit einem Akkusativobjekt oder einem Nebensatz stehen:

    Man behauptet etwas.
    Man behauptet, dass …

    Im Passiv:

    Etwas wird behauptet.

    Oder mit unpersönlichem es:

    Es wird etwas behauptet.
    Es wird behauptet, dass …

    Wenn Sie den Satz nun so umstellen, dass das unpersönliche es wegfällt, muss etwas oder der mit dass eingeleitete Nebensatz erhalten bleiben:

    Häufig wird etwas behauptet
    Häufig wird behauptet, dass …

    Im Satz … oder wenigstens so wird häufig behauptet fehlt also der Nebensatz oder das etwas. Dieses etwas kann zum Beispiel durch das angegeben werden:

    … oder wenigstens wird das häufig behauptet.

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