sein und dessen

Frage

Ist der folgende Satz korrekt?

So liegt zum Beispiel die Outperformance des XYZ-Fonds seit dessen Markteinführung bei x% im Vergleich zu seiner Benchmark.

dessen? Müsste hier nicht heißen seit seiner (der Fonds) Markteinführung?

Antwort

Sehr geehrte Frau E.,

in Ihrem Beispielsatz sind sowohl dessen also auch seiner korrekt. Die Form dessen ist die männliche Genitivform des Demonstrativpronomens der/die/das. Diese Form kann auch vor einem Nomen stehen:

Ich sehe Herrn Müller und dessen Schwester.
= Ich sehe Herrn Müller und Herrn Müllers Schwester.

Ich kannte das Rätsel und dessen Lösung.
= Ich kannte das Rätsel und die Lösung des Rätsels.

Dieser Genitiv drückt ein Besitzverhältnis im weitesten Sinne aus. Ein solches Besitzverhältnis kann auch mit dem besitzanzeigenden Fürwort sein ausgedrückt werden:

Ich sehe Herrn Müller und seine Schwester.
Ich kannte das Rätsel und seine Lösung.

Aus diesem Grund können in Ihrem Beispielsatz sowohl dessen als auch seiner stehen. Beide im weitesten Sinne besitzanzeigenden Pronomen sind männliche Singularformen und beziehen sich auf das im Singular stehende männliche Nomen XYZ-Fonds.

Das Folgende trifft nicht mehr auf ihr Beispiel zu. Es sei der Vollständigkeit halber doch noch erwähnt:

Das Pronomen dessen kann nicht in dieser Art verwendet werden, wenn es sich auf das Subjekt des Satzes beziehen soll. Im Satz

Herr Müller geht mit dessen Schwester weg.

kann dessen sich nicht auf Herrn Müller beziehen. Dank dieser Eigenschaft kann es zur Vermeidung von Missverständnissen verwendet werden:

Herr Müller geht mit dem Nachbarn und seiner Schwester weg.

Hier ist nicht eindeutig, um wessen Schwester es sich handelt. Wenn angeben werden soll, dass die Schwester des Nachbarn gemeint ist, kann man dessen verwenden:

Herr Müller geht mit dem Nachbarn und dessen Schwester weg.

Das Ganze funktioniert übrigens auch mit umgedrehten Geschlechterrollen und in der Mehrzahl:

zweideutig: Frau Müller geht mit der Nachbarin und ihrem Bruder weg.
eindeutig: Frau Müller geht mit der Nachbarin und deren Bruder weg.

zweideutig: Die Müllers gehen mit den Nachbarn und ihren Kindern weg.
eindeutig: Die Müllers gehen mit den Nachbarn und deren Kindern weg.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

9 Gedanken zu „sein und dessen“

  1. Also kann man vereinfacht sagen, dass “deren” die weibliche Form von “dessen” ist?!

  2. Ist es nicht so, dass sich deren/dessen auf das zum Bezugswort näher gelegene Objekt bezieht und seine/seiner auf das weiter entfernte? Ich finde die als zweideutig markierten Beispielsätze eigentlich sehr eindeutig!

  3. Das ist aber nicht ganz so. Da es “dessen/deren” gibt, kann man in Zweifelsfällen beim Fehlen von “dessen/deren” bis zu einem gewissen Grad davon ausgehen, dass mit “sein../ihr..” das weiter entfernte Bezugswort gemeint ist. Deshalb – und auch weil die Sätze mit “deren/dessen” so schön als Kontrast daneben stehen – empfinden Sie wahrscheinlich die oben stehende Sätze mit “sein../ihr..” eindeutig.

    Das ist aber keine feste Regel, denn sobald aus grammatischer oder bedeutungsmäßiger Sicht keine Verwechslung möglich ist, kann sich “sein../ihr..” (und ggf. auch “dessen/derer”) problemlos auf das näherliegende Objekt beziehen:

    Herr Müller geht mit der Nachbarin und ihrem Bruder weg.
    Der Dieb riss die Handtasche an sich und leerte ihren Inhalt auf die Straße.
    Ich suche die Handtasche einer Frau, die auch ihre Schlüssel liegen lassen hat.
    Der Lehrer sagt zur Schülerin, dass er mit ihren Leistungen zufrieden ist.

    und sogar:

    Die Lehrerin sagt zur Schülerin, dass sie mit ihren Leistungen zufrieden ist.

    Es ist also nicht sehr eindeutig geregelt, auf welches Bezugswort sich “sein../ihr..” bezieht. Es ist nur klar, dass es sich um ein Wort in der Umgebung handelt (meist vorhergehend), dass das gleiche Geschlecht und den gleichen Numerus hat. Es ist deshalb auch in Zweifelsfällen nicht immer gesagt, dass “sein../ihr..” sich auf das weiter entfernte Objekt bezieht. Das führt aber im Normalfall nicht zu Verständigungsschwierigkeiten, da meist aus dem Satzzusammenhang hervorgeht, welcher Bezug gemeint ist.

  4. was ist wenn es heißen würde:

    Herr Müller fuhr auf einer Landstraße zu schnell, jedoch fand dessen Schwester es gut.

    Ginge das, oder nicht?

  5. Der Satz wäre höchstens dann gut formuliert, wenn vor Herr Müller noch eine männliche Person genannt würde, deren Schwester die genannte Schwester sein könnte. So wie der Satz jetzt formuliert ist, klingt er falsch. Besser ist:

    Herr Müller fuhr auf einer Landstraße zu schnell, jedoch fand seine Schwester es gut.
    Herr Müller fuhr auf einer Landstraße zu schnell, aber seine Schwester fand es gut.

  6. Wie wäre es: Gestern Abend fuhr Herr Müller auf einer Landstraße zu schnell, jedoch fand es dessen Schwester nicht gut.

  7. Meine erste Antwort war etwas zu knapp formuliert. Dass dessen hier nicht möglich ist, hat nichts mit einer Zeitangabe, dem Fehlen eines weiteren männlichen Nomens oder einer Verneinung zu tun. Wie oben im Beitrag gesagt wird, kann dessen nicht verwendet werden, wenn es sich auf das Subjekt des Satzes bezieht. Das Subjekt Ihres Beispielsatzes ist Herr Müller, deshalb ist dessen hier nicht möglich.

    Wenn zum Beispiel eine andere männliche Person vor Herr Müller steht und die Rolle des Subjektes hat, dann sollte dessen verwendet werden:

    Gestern Abend fuhr Herr Meier mit Herrn Müller auf einer Landstraße zu schnell, was dessen Schwester nicht gut fand.

    Es muss nicht unbedingte eine männliche Person beteiligt sein. Dann ist dessen möglich, aber nicht notwendig:

    Gestern Abend fuhr der Wagen von Herrn Müller auf einer Landstraße zu schnell, was dessen/seine Schwester nicht gut fand.

    Gestern Abend fuhr Frau Meier mit Herrn Müller auf einer Landstraße zu schnell, was seine/dessen Schwester nicht gut fand.

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