Die Semmel

Frage

Ich hätte eine Frage und zwar: Schreibt man 1 Paar Wienerle im Semmel oder 1 Paar Wienerle in der Semmel?

Antwort

Sehr geehrte Frau K.,

im Standarddeutschen ist Semmel weiblich: die Semmel. Sehen Sie hierzu die Angaben auf Canoonet. Richtig ist somit: 1 Paar Wienerle in der Semmel. Falls Sie es noch etwas hochdeutscher formulieren wollen, lautet die Formulierung: 1 Paar Wiener Würstchen in der Semmel. Wienerle gilt nämlich als umgangssprachlich.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

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So weit die „offizielle“ Antwort. Mit der Semmel bewegen wir uns aber im Bereich des Essens und der Küche. Es gibt wohl keinen anderen Bereich – mit Ausnahme vielleicht der Namen für einheimische Blumen und andere Pflanzen – in dem Bezeichnungen so viele regionale Varianten kennen. Es ist deshalb nicht unmöglich, dass es Regionen gibt, in denen man mundartlich oder umgangssprachlich die Wiener Würstchen nicht in die, sondern in das Semmel klemmt. Irgendwie kann ich mir in den Semmel nicht vorstellen, denn das klingt nicht mehr so lecker. Bei uns zu Hause war es das Semmeli, aber das heißt nicht viel, denn alles auf -li ist dort eine sächliche Verkleinerungsform (wie im Hochdeutschen alles auf -lein und -chen). Eine nicht verkleinerte Form kenne ich im Zürichdeutschen nicht.

Das ist aber noch nicht alles. Die „Übersetzung“ des vor allem im süddeutschen Sprachraum verwendeten Wortes Semmel ins Allgemeindeutsche lautet Brötchen. Aber was für ein Brötchen? Um gleich wieder in die Schweiz zurückzukehren: Gemäß vielen Quellen soll die Semmel in der Schweiz Weggli heißen. Nein! In einem Land, in dem sich die über zwanzig Kantone erst vor einigen Jahren auf einen gemeinsamen Schuljahresbeginn einigen konnten, ist diese Aussage nur schon wegen des Teils „in der Schweiz“ nicht haltbar. Es gibt wohl beinahe so viele Bezeichnungen für die verschiedenen Arten von Brötchen, wie es Kantone gibt, in denen man Deutsch spricht. Was in Zürich ein Semmeli ist, ist im Apenzellerland ein Bürli. Das Wort Bürli verwenden die Zürcher auch (es ist dunkler und knuspriger als ein Semmeli), aber was der Zürcher einfach ein Bürli nennt, ist beim Appenzell ein St. Galler Bürli. In der Zentralschweiz, aber auch in anderen Gebieten, nennt man ein Semmeli ein Mutschli (das ist allerdings auch noch ein Käse, sonst wäre es ja viel zu einfach …). Weggli bezeichnet übrigens nur eine Brötchenart, die man andernorts Milchbrötchen nennt.

Dieser Exkurs sollte nur dazu dienen, anzuzeigen, dass das Wort Semmel an verschiedenen Orten verschieden verwendet wird und unterschiedliche Arten von Brötchen bezeichnen kann. Machen Sie einmal einen Test. Sie kennen wahrscheinlich verschiedene Arten von Brötchen mit unterschiedlichen Namen. Fragen Sie nun ein paar andere Leute, wie sie diese Brötchen nennen. Tun Sie dies vielleicht nicht gerade bei Ihren Geschwistern oder der alten Schulfreundin, die Sie schon seit vor dem Kindergarten kennen, sondern am besten bei Menschen, die in einem anderen Dorf aufgewachsen sind. Es würde mich nicht wundern, wenn Sie sich dann über die Antwort wundern.

So haben sich auch einmal ein paar niederländische Freunde in einem Kölner Restaurant darüber gewundert, dass der „studierte“ Deutschsprachige ihnen die Antwort schuldig bleiben musste, als sie wissen wollten, was die auf der Menükarte stehenden Röggelchen denn seien. Davon hatte ich noch nie gehört. Wissen Sie es? Da es in diesem Beitrag um Brötchen geht, ist die Lösung des Rätsels nicht gar so schwierig: ein Röggelchen ist ein Roggenbrötchen („aus zwei zusammengebackenen Hälften bestehend“ präzisiert mein Wörterbuch).

3 Gedanken zu „Die Semmel“

  1. „Wienerle“ gebraucht man z.B. auch hier in Franken. Für Semmel sagt man hier „Brötle“, „Brötchen“ ist ziemlich universell einsetzbar. Der Berliner sagt dazu „Schrippe“.

  2. Wenn ich zwischen einer Berliner Schrippe und einem Hamburger Rundstück (mit spitzem st) wählen müsste, fände ich, dass das zweite leckerer klingt. Aber erstens ist das rein persönlich und zweitens kommt es vor allem auf den Bäcker an – und natürlich darauf, was man drauflegt.

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