Die drei Wörter Schweizer, schweizerisch, eidgenössisch hören sich zwar fast wie Steigerungsformen an, aber sie sind keine Gradangaben für die Intensität des Schweizerischseins. Das müsste man eher mit schweizerisch, schweizerischer, am schweizerischsten ausdrücken. Schweizer, schweizerisch und eidgenössisch sind drei Adjektive, die sich in unterschiedlicher Weise auf die Schweiz beziehen.
Mit eidgenössisch meint man die Schweiz als Staat. Wie Sie wahrscheinlich wissen heißt die Schweiz ja offiziell die Schweizerische Eidgenossenschaft. Es gibt zum Beispiel eidgenössische Wahlen, eidgenössische Politik und eidgenössisch diplomierte Apotheker und Apothekerinnen. In Eigennamen aller Art wird das Adjektiv großgeschrieben: das Eidgenössische Departement des Inneren, die Eidgenössische Technische Hochschule ETH und (wenigstens ein Klischee sei mir hier gegönnt) das Eidgenössische Schwing- und Älplerfest.
Nicht immer wird aber bei die gesamte Eidgenossenschaft Betreffendem das Wort eidgenössisch verwendet. Auch wenn die Armee in der Schweiz eine gesamtschweizerische Staatsangelegenheit ist, kommt in ihrem Namen das Wort eidgenössisch nicht vor. Sie heißt offiziell die Schweizer Armee. Und hiermit sind wir bei einem weiteren Adjektiv: Schweizer. Wir kennen es (ich kann es doch nicht nur bei einem Klischee lassen) vom Schweizer Käse, der Schweizer Schokolade, den Schweizer Alpen und dem Schweizer Franken. Das Adjektiv wird immer großgeschrieben, ist unveränderlich und kann nur vor dem Nomen stehen. Wenn es gebeugt oder an einer anderen Stelle stehen soll, muss auf schweizerisch ausgewichen werden: Die beste Schokolade ist die schweizerische.
Gibt es darüber hinaus noch einen Unterschied zwischen Schweizer und schweizerisch? – Nicht wirklich. Es gibt unter anderem eine Tendenz, dass Schweizer eher in feststehenden Bergriffen Begriffen verwendet wird. So gibt es nur den Schweizer Franken, nicht aber den schweizerischen Franken. Schweizer Käse ist schon fast eine Art Institution oder Appellation contrôlée, während schweizerischer Käse einfach nur nach Käse aus der Schweiz klingt. Schon bei der Schweizer Uhrenindustrie und der schweizerischen Uhrenindustrie ist es aber kaum mehr möglich, einen Bedeutungsunterschied zu entdecken. Auch Namen von Instituten, Organisationen u.Ä. folgen dieser Tendenz nicht: Es heißt zwar offiziell die Schweizer Armee, aber es ist das Schweizerische Rote Kreuz; und ausgerechnet die Bezeichnung des Landes lautet nicht die Schweizer Eidgenossenschaft, sondern die Schweizerische Eidgenossenschaft.
Dieser Beitrag ist der Tatsache zu verdanken, dass der heutige 1. August – wie schon vor einem Jahr erwähnt – der schweizerische oder Schweizer Nationalfeiertag ist.
“ Es gibt unter anderem eine Tendenz, dass Schweizer eher in feststehenden Bergriffen verwendet wird“
Es ist zwar richtig, dass die Schweiz ein Land der Berge ist, aber müsste es nicht dennoch „Begriffen“ statt „Bergriffen“ heißen?
Aber natürlich! An Bergen gibt es in der Schweiz zwar tatsächlich keinen Mangel, aber Riffe sucht man wohl vergeblich. Und Bergriffe sind ohnehin weltweit eine Seltenheit. Vielen Dank für den Hinweis.
Lieber Herr Dr. Bopp
Trotz ihrem interessanten Beitrag bleibt mein Problem ungelöst: würden Sie eher schreiben „die Schweizer Stiftung xy“ oder die „schweizerische Stiftung xy“?
Vielen Dank für Ihre Antwort.
Milena Zürcher
Was Ihnen lieber ist, Ihnen besser gefällt oder evtl. auf der Webseite oder im Briefkopf der Stiftung steht. Es gibt (abgesehen von den im Blogeintrag genannten Tendenzen bei feststehenden Begriffen wie „Schweizer Franken“, „Schweizer Käse“ und Namen wie „Schweizerisches Rotes Kreuz“) keinen Unterschied zwischen „schweizerisch“ und „Schweizer“. Also:
die schweizerische Stiftung XY = die Schweizer Stiftung XY
Ein sehr aufschlussreicher Artikel!
Meine Frage: (Wie) flektiere ich \
Nanu, wo ist denn meine Frage geblieben?
Na ja, hier noch ein Versuch:
(Wie) flektiere ich „Schweizerdeutsch“? Was ist richtig: „Viele Wörter aus dem Schweizerdeutschen / aus dem Schweizerdeutsch sind französischen Urpsrungs.“
Wie steht es mit der Schreibung des Adjektivs: „Viele schweizerdeutsche / Schweizerdeutsche Wörter sind französischen Ursprungs.“
Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Köster,
es tut mir leid, dass Sie zwei Anläufe nehmen mussten. Irgendetwas läuft manchmal mit dem speziellen Anführungszeichen schief. Ich weiß leider immer noch nicht genau was. Zu Ihrer Frage:
Mit schweizerdeutsch, Schweizerdeutsch und das Schweizerdeutsche geht man bei Beugung und Groß- und Kleinschreibung genau gleich um wie mit deutsch, Deutsch, das Deutsche; französisch, Französisch, das Französische usw. Also zum Beispiel:
Genauere Angaben finden Sie auf den folgenden Seiten:
PS: Solche spezifischen Fragen stellen Sie am besten über diese Seite: https://blog.leo.org/feedback/
Vielen Dank für den informativen Artikel, sonst konnte ich nichts finden zu diesem Thema. Leider ist meine Frage noch nicht beantwortet. Wie ist es bei Menschen? Sucht man bei Google, scheint „schweizerisch“ eher für Dinge (die schweizerische Frauenbewegung) verwendet zu werden; und „Schweizer“ für Menschen: der Schweizer Mann, der Schweizer Autor – stimmt auch: die Schweizer Autorin? Oder dann doch die schweizerische Autorin?
Vielen Dank!
MfG
Johanna
Die Antwort auf diese Frage steht eigentlich schon im Blogeintrag:
Außer in festeren Verbindungen, wie sie im Eintrag genannt werden, können Sie also die Adjektive schweizerisch und Schweizer nebeneinander verwenden, auch bei Personen, Pflanzen, Institutionen, Charaktereigenschaften, Artefakten usw. usw. Also:
Es gibt vielleicht leichte Tendenzen, eher die eine als die andere Form zu verwenden, richtig sind aber beide.
Vielen Dank! Anzumerken wäre vielleicht noch, dass nach (hoch-) deutschem Sprachgefühl und Usus, wo es um die reine Herkunftsbezeichnung, Landeszugehörigkeit etc. von Menschen, Tiere, Pflanzen, Artefakte und Institutionen oder Einrichtungen geht, wohl spontan so gut wie immer die Variante Schweizer verwenden würde. Vielleicht auch aus dem Grund, dass es auch für Adjektive, die sich auf andere Länder und ihre Bewohner beziehen jeweils nur eine Form gibt. Also: Schweizer Frauen, Männer, Straßen, Schulen, Autos, Esswaren etc. Selbst in dem angeführten Beispiel, wo aufgrund der Endposition schweizerisch stehen muss, würde man u. U. eher umformulieren, weil es anders zu ungewohnt oder seltsam klänge: Die beste Schokolade ist die Schweizer Schokolade.
Die einzige Ausnahme, wo sich dies so klar nicht mehr sagen lässt, sind – abgesehen von Fällen, wo es tatsächlich sprachlich nicht anders möglich ist (das ist mir jetzt zu schweizerisch) – nach meinem Sprachgefühl (Charakter-) Eigenschaften bzw. Qualitäten, die dabei jenseits der Landeszugehörigkeit attribuiert werden: Die Schweizer Art (tendenziell eher herkunftsbezogen) würde hier wohl gleich oft gewählt wie Die schweizerische Art (tendenziell eher die Besonderheit der Eigenschaft betonend). Der Grund dafür dürfte sein, dass bei einer reinen Prädikation per Copula der Form x IST schweizerisch aufgrund der Endstellung schweizerisch stehen muss. Das überträgt sich sozusagen aufs Gehör: Wenn etwas so ist, ihm diese Eigenschaft als Eigenschaft zukommt dann ist es schweizerisch: eine schweizerische Eigenschaft. Die Schweizer Eigenschaft (wie gesagt: tendenziell mehr auf die Herkunft – als Eigenschaft eben eines Schweizers – bezogen) steht gleichberechtigt daneben.
Womit dieses immer wieder auftauchende sprachliche Problem endlich mal geklärt ist. Besten Dank an Dr. Bopp!