Jeans und Shorts: der Numerus fremdsprachlicher Hosen.

Frage

Ich lese gerade in einem Buch erst von „den Hotpants“ und dann von „einer Shorts“. Sind bei englischen Begriffen für eine Hose wie bei „Jeans“ immer Singular und Plural möglich? Und dann meine ich auch schon einmal “eine Short” gehört zu haben. Könnte man sich das so erklären, dass man hier ein Plural-s sieht, das dann umgangssprachlich im Singular weggelassen wird.

Antwort

Sehr geehrte Frau L.,

bei den Hosen gibt es im Deutschen in Hinblick auf Einzahl und Mehrzahl eine erstaunliche Variantenvielfalt:

Er trug eine schwarze Hose.
Er trug schwarze Hosen.
Er trug ein Paar schwarze Hosen.

All diese Formulierungen können sich standardsprachlich korrekt auf ein einzelnes schwarzes Kleidungsstück beziehen. Das erklärt vielleicht, warum es bei Beinkleidern bezeichnenden Fremdwörtern zu Unsicherheiten kommen kann. Mehr oder weniger allgemein akzeptiert ist, dass Jeans wie Hose sowohl im Singular als auch im Plural ein einzelnes Kleidungsstück bezeichnet:

Sie trug eine schwarze Jeans.
Sie trug schwarze Jeans.
Sie trug ein Paar schwarze Jeans.

Der Singular eine Jeans kann vielleicht als Verkürzung von eine Jeanshose erklärt werden.

Bei Shorts und Hotpants gilt dies nach meinem Sprachgefühl und den mir zur Verfügung stehenden Wörterbüchern nicht. Hier scheint standardsprachlich nur der Plural üblich zu sein. Kleidungsstücke kommen aber wie zum Beispiel Lebensmittel und Toilettenartikel vor allem in der gesprochenen Alltagssprache vor, in der die Formenvielfalt oft größer ist als in der besser dokumentierten geschriebenen Sprache. Es ist also möglich, dass die Variante eine Shorts im Alltag ebenso häufig verwendet wird wie eine Jeans. Die Form eine Short hingegen scheint mir – wie Ihnen – eine umgangssprachliche Form zu sein, die überkorrekt aus dem Plural „zurückvereinzahlt“ wird.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

4 Gedanken zu „Jeans und Shorts: der Numerus fremdsprachlicher Hosen.“

  1. Herr Dr. Bopp,

    war es schon immer möglich, von einer einzelnen Hose in der Mehrzahl zu sprechen oder hat man das unfähigen Übersetzern zu verdanken?

  2. Es ist anzunehmen, dass man den Plural Hosen „schon immer“ für ein einzelnes Kleidungsstück verwendete (mehr dazu unten). Man verwendet es jedenfalls schon im 17. Und 18. Jahrhundert so:

    Ihr habt da einen saubern Spitzen
    Am Kragen, und wie euch die Hosen sitzen!
    (Schiller, Wallensteins Lager, 6. Auftritt, 1798)

    […] ungesprächig und in sich gekehrt saß er, die Hände in die Hosen gesteckt, im Winkel da, und sah sich, mit gedankenvoll scheuen Blicken, die Gegenstände an, die an dem Wagen vorüberflogen.
    (Heinrich von Kleist, Der Findling, 1811)

    Nur zwei Personen nannten ihn schlechtweg »Mein Lieber!« Ein großer dürrer Mann in papageigrünen Hosen und weißseidenen Strümpfen und eine kleine, sehr dicke Frau mit schwarzem Haar und einer Menge Ringe an allen Fingern.
    (E.T.A. Hoffmann, Lebensansichten des Katers Murr, Erster Abschnitt, 1819-21)

    Hosen, Beinkleider, (franz.) Pantalons, sind ein jetzt bei den gebildeten Völkern allgemein gebräuchliches Kleidungsstück, welches jedoch die alten Völker nicht kannten.
    (Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon 1837 – 1841)

    Eine neuere „alte“ Definition und andere, auch ältere Beispiele finden Sie hier:

    HOSE, f., meist plur. hosen, femoralia.
    Grimm, Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. 16 Bde. [in 32 Teilbänden]. Leipzig: S. Hirzel 1854-1960

    Der Plural lässt sich u. a. dadurch erklären, dass das Wort Hose auf ahd. hosa zurückgeht, das ursprünglich eine Art Strumpf bezeichnete, die man unter der eigentlichen, bruoch genannten kürzeren Hose trug (vgl. auch ein Paar Hosen wie ein Paar Strümpfe). Der Plural blieb wahrscheinlich auch deshalb so gut erhalten, weil das Kleidungsstück zwei Hosenbeine hat.

    Nicht alles, was einem selbst ungewöhnlich erscheint kann also Übersetzern mit schlechten Deutschkenntnissen zugeschrieben werden.

  3. Von Übersetzern mit schlechten Deutschkenntnissen habe ich nichts gesagt. Es sind die Übersetzer deutscher Herkunft, die die dümmsten Fehler machen und z. B. Dinge wie eine Schere oder eine Zahnspange verdoppeln.

  4. Von anderssprachigen Übersetzern habe ich nichts gesagt. Die Deutschkenntnisse deutschsprachiger ins Deutsche Übersetzender lassen manchmal auch zu wünschen übrig, wie Ihre Beispiele schön zeigen. Es war mir schon klar, was Sie meinten, Tom S. Fox. Ich wollte nur vorsichtig darauf hinweisen, dass man nicht über das Ziel hinausschießen sollte, wenn man „dumme“ Anglizismen (darum geht es Ihnen schließlich) kritisiert.

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