Das Thema der geschlechtergerechten Formulierung meide ich (fast) immer mit beinahe so viel Überzeugung wie der Teufel das Weihwasser. Es gibt meistens ebenso viele Meinungen, wie es Fach- und andere Leute gibt, die sich darüber äußern. Diskussionen in Foren u. Ä. werden auf beiden Seiten oft mit einer solchen Vehemenz geführt, dass Fundamentalisten aller Glaubensrichtungen noch etwas davon lernen könnten. Da weder Grammatik noch Rechtschreibung diese Frage eindeutig bestimmen können und mein Fachwissen mir deshalb nicht viel hilft, halte ich mich als „Dr. Bopp“ normalerweise von dieser Diskussion fern. Nach dieser langen Einleitung mache ich heute eine Ausnahme für die Wortschöpfung Schirmfrauschaft.
Frage
Gibt es tatsächlich den gebrauch des Wortes „Schirmfrauschaft“ anstelle von „Schirmherrschaft“, wenn eine Frau die „Schirmherrin“ ist. Eigentlich achte ich für gewöhnlich auf eine genderneutrale Sprache in Texten, finde aber die Anfrage eines Auftraggebers für „Schirmfrauschaft“ sehr befremdlich.
Antwort
Sehr geehrte Frau M.,
um gleich unangebracht kalauernd zu beginnen: Das Wort Schirmfrauschaft ist dann eine gute Wortschöpfung, wenn man auch sagt:
die Hausfrau statt die Hausherrin
die Schutzfrau statt Schutzherrin
die Schirmfrau statt die Schirmherrin
unter der Frauschaft Katharinas der Großen statt unter der Herrschaft …
unter der Schutzfrauschaft der heiligen Barbara statt unter der Schutzherrschaft …
Ich will damit eigentlich aufzeigen, dass das Wort Frau im heutigen Deutschen nur bei Eigennamen die weibliche Entsprechung zum männlichen Herr ist: Frau Müller – Herr Müller. Sonst gilt nämlich:
Frau – Mann
Herrin – Herr
Zum Beispiel:
Kauffrau – Kaufmann
PR-Frau – PR-Mann
Bauherrin – Bauherr
Schutzherrin – Schutzherr
Hausfrau – Hausmann
Hausherrin – Hausherr
und
Schirmherrin – Schirmherr
Im Allgemeinen gilt weiter, dass Herrschaft etwas ist, das sowohl von einem Herrn als auch von einer Herrin ausgeübt werden kann:
unter der Herrschaft Katharinas der Großen
unter die Schutzherrschaft der heiligen Barbara stellen
Für mich gehört deshalb die Verwendung von Schirmfrauschaft in den Bereich „Man kann alles übertreiben“. Die Schirmherrschaft obliegt einem Schirmherrn oder einer Schirmherrin. Wenn man dieses Wort unbedingt „geschlechtergerechter“ machen will, ist Schirmherrinnenschaft eine bessere Lösung. Am besten und meiner Meinung nach ebenso geschlechtergerecht ist aber einfach Schirmherrschaft.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
Leitet sich das “herr” in Freiherr nicht ebenfalls von (dem in) Herrschaft ab?
Die weibliche Form heißt nämlich “Freifrau von X”. Wog hier die Tatsache, dass es eine Anrede im Eigennamen schwerer als die Wortherkunft? “Freiherrin” hätte schließlich ebenso viel Sinn gemacht.
Die Anredeform Frau sowie zum Beispiel Freifrau und Ahnfrau stammen aus einer Zeit, in der man bei gewöhnlichen Leuten von Männern und Weibern sprach und bei Leuten höheren Standes von Herren und Frauen. Das Wort Weib wurde im Laufe der Zeit auch im allgemeinen Gebrauch durch Frau ersetzt und hat heute nur noch einen negativen Klang. Wenn man früher von Marktweibern sprach, war dies nicht negativ gemeint. Heutzutage muss man von Marktfrauen sprechen, wenn man nicht beleidigen will. Man(n) spricht auch nicht mehr vom Eheweib, sonder von der Ehefrau. Deshalb sind im heutigen Deutschen die männlichen und weiblichen Entsprechungen Mann – Frau und Herr – Herrin. Nur in einigen wenigen Fällen (Herr Fuchs – Frau Fuchs; Freiherr – Freifrau) ist die Entsprechung Herr – Frau bis heute erhalten geblieben.