Frage
Kann man das Wort „drohen“ auch als Hilfsverb auffassen und das Komma vor dem erweiterten Infinitiv weglassen?
Antwort
Sehr geehrter Herr G.,
das Verb drohen kann tatsächlich wie ein Hilfsverb, genauer gesagt wie ein Modalverb verwendet werden. Seine Bedeutung ist dann in Gefahr sein, Gefahr laufen. Vor der nachfolgenden Infinitivgruppe setzt man kein Komma (Regel):
Der Wagen drohte in die Schlucht zu stürzen.
Bub drohte an Wurststück zu ersticken.
Wer droht nicht manchmal an den Kommaregeln zu verzweifeln?
Wenn drohen als „gewöhnliches“ Vollverb mit der Bedeutung eine Drohung aussprechen verwendet wird und eine Infinitivgruppe bei sich hat, kann diese durch ein Komma abgetrennt werden (Regel). Die folgenden Sätze können entsprechen mit oder ohne Komma geschrieben werden:
Er drohte(,) den Wagen in die Schlucht zu stürzen.
Bub drohte(,) die ganze Wurst aufzuessen.
Sie drohten(,) die Kommaregeln zu bündeln und rituell zu verbrennen.
Die Kommaregeln können manchmal fast bedrohlich kompliziert sein. Wenn man sich aber nicht verkrampft und davon ausgeht, dass wir (fast) alle immer wieder gegen die eine oder andere Kommaregel verstoßen, muss man weder an ihnen verzweifeln noch sie alle über Bord werfen oder, wie oben unter Verwendung des Vollverbs gedroht wird, bündeln und rituell verbrennen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp