Neues mit klassischer Endung: Nova, Novä, Novum, Nova

Frage

Die Anwendungen und Aussprachen der Mehrzahl in der deutschen Sprache haben sich ja oft verändert. So heißt die Mehrzahl von Atlas eigentlich Atlanten, aber ich glaube, es ist auch erlaubt, Atlasse zu sagen. Nun aber die für mich nicht nachzuvollziehende Mehrzahl von Supernova: Ich habe gerade wieder einen Bericht gesehen und immer wieder spricht man hier in der Mehrzahl von Supernovae. Ist das richtig und in irgendeiner Art und Weise nachzuvollziehen?

Antwort

Sehr geehrter Herr T.,

man darf zum Entsetzen einiger Traditionsbewusster heute tatsächlich nicht nur Atlanten, sondern auch Atlasse sagen und schreiben. Bei Supernova hingegen ist die Welt auch für Liebhaber klassisch beeinflusster Wortformen noch in Ordnung: Der Plural lautet Supernovae oder Supernovä. Woher kommt diese im Deutschen ungewöhnliche Endung?

Nova bezeichnete ursprünglich einen Himmelskörper, der vorher nicht sichtbar gewesen war. (Heute ist die Definition etwas komplizierter.) Eine Supernova ist eine besonders starke Nova. Das Wort Nova kommt aus dem Lateinischen: stella nova = neuer Stern. Die Form stella nova ist weiblich und steht im Singular. Die entsprechende Form ist im Nominativ Plural stellae novae. Deshalb lautet der Plural auch im Deutschen Novae oder Novä und Supernovae oder Supernovä.

Vom gleichen lateinischen Adjektiv novus (neu) kommt auch das Wort das Novum = die Neuheit, die neue Tatsache. Hier verwenden wir die sächliche Form novum. Der dazugehörende Nominativ Plural ist nova. Entsprechend lautet der selten vorkommende Plural von das Novum auch im Deutschen die Nova.

Die Nova trägt ihren Namen, weil sie gewissermaßen ein Novum ist. Mehrere Novä sind also Nova. Die Nova in der Einzahl und die Nova in der Mehrzahl könnten einem so glatt durcheinandergeraten. Glücklicherweise gibt der Kontext in der Regel an, ob von einem astronomischen Phänomen oder von Neuheiten die Rede ist.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

4 Gedanken zu „Neues mit klassischer Endung: Nova, Novä, Novum, Nova“

  1. Ich kann mir gut vorstellen, dass Leute, die mal Latein hatten, mit dem Plural “novä” nicht so viel anfangen können. Mir sträuben sich da alle noch verbliebenen Haare 😉

  2. Ich lese oft einen hier nicht erwähnten Plural: Supernoven. Findet Google auch öfter als Supernovae, obwohl es fragt, ob man letzteres gemeint habe. Bei Supernoven tritt mein Sprachgefühl immerhin nicht in Generalstreik, obwohl ich jetzt beim Nachdenken zu erkennen meine, dass das eine falsche griechische Plural-Analogbildung ist … äh, wenn ihr versteht, was ich meine.

  3. Wenn ich oben schreibe, dass die Welt für Liebhaber klassisch beeinflusster Wortformen bei Supernova noch in Ordnung ist, gilt dies nur für die „offizielle“ Pluralform, wie sie in den Wörterbüchern steht. Daneben findet man, wie WFHG richtig erwähnt, häufig auch Supernoven, aber auch Supernovas. Diese Formen gelten (noch?) nicht als richtig. Sie sind aber relativ leicht zu erklären: Viele weibliche Wörter, die auf a enden, bilden den Plural auf

      -en: Villen, Regatten, Firmen, Tundren, Basiliken, Togen usw.
      -s: Kameras, Bodegas, Burkas, Chartas, Replikas, Costas usw.
      -en oder –s: Aulen/Aulas, Pizzen/Pizzas, Razzien/Razzias, Saunen/Saunas usw.

    Die Pluralbildung auf –en oder –s ist im Deutschen bei Nomen, die auf a enden, gang und gäbe. Die Formen Supernoven und Supernovas werden also nach im Deutschen gebräuchlichen Mustern gebildet.

    Der „gelehrte“ Plural auf –ae oder -ä konnte sich wahrscheinlich nur deshalb bis jetzt halten, weil es sich bei Supernova um ein Fachwort handelt, das in der Allgemeinsprache nicht häufig (in der Mehrzahl) verwendet wird. Wenn das Wort einmal geläufiger werden sollte, könnte es gut sein, dass es in die Fußstapfen von Atlas tritt, das heißt, dass die für „ungelehrte“ Ohren vertrauter klingende Pluralformen Supernoven und Supernovas wie die Pluralform Atlasse auch einmal „offiziell“ anerkannt sein werden.

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