Frage
Meine Beispielsätze, um die es sich heute dreht:
Alle Mitarbeitende unterstehen der obligatorischen Versicherung.
Die Firma versichert alle Mitarbeitende bei einer Versicherung.
Wäre nicht in beiden Sätzen „alle Mitarbeitenden“ richtig? Warum ist es bei „Mitarbeitende“ so knifflig, während die Endungen bei „Angestellte“ so viel einfacher sind?
Antwort
Sehr geehrte Frau M.,
warum einem alle Mitarbeitenden nicht so zügig aus der Tastatur fließen will wie alle Angestellten, weiß ich nicht. Es könnte damit zu tun haben, dass man viel häufiger das Wort Angestellte gehört und gelesen hat und deshalb besser an seine Formen gewöhnt ist. Es ist jedenfalls so, dass Mitarbeitende wie Angestellte ein sogenanntes substantiviertes Partizip ist, das in der Regel genau gleich wie ein Adjektiv gebeugt wird:
Alle mitarbeitenden Menschen unterstehen …
Alle Mitarbeitenden unterstehen …Die Firma versichert alle angestellten Leute.
Die Firma versichert alle AngestelltenMitarbeitende Menschen dürfen mitreden.
Mitarbeitende dürfen mitreden.Angestellte Leute sind versichert.
Angestellte sind versichert.Am 1. Mai feiert unser ältester mitarbeitender Kollege sein 40. Dienstjubiläum.
Am 1. Mai feiert unser ältester Mitarbeitender sein 40. Dienstjubiläum.Am 1. Mai feiert unsere älteste mitarbeitende Kollegin ihr 40. Dienstjubiläum.
Am 1. Mai feiert unsere älteste Mitarbeitende ihr 40. Dienstjubiläum.
Das klingt alles komplizierter als es (für Muttersprachige!) normalerweise ist. Man macht es meistens spontan richtig und zweifelt erst, wenn man anfängt, darüber nachzudenken. Wenn Sie bei den Endungen von Angestellte sicher sind, ist die Sache sowieso ganz einfach: Mitarbeitende funktioniert genau gleich.
Dasselbe gilt übrigens für Wortgruppen wie zum Beispiel: der Angeklagte, ein Angeklagter; alle Anwesenden, zwei Anwesende; die lieben Studierenden, liebe Studierende; motivierte Unterrichtende, diese motivierten Unterrichtenden; unser Vorsitzender, unsere Vorsitzende usw. usf. Siehe auch „Liebe Auszubildende“.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
Hallo Herr Dr. Bopp!
Für mich schließt sich hier auch die Frage an, wie es z.B. mit dem substantivierten Nationalitätsadjektiv der/die Deutsche im Plural nach dem Artikelwort „alle“ aussieht.
Nach meinem Sprachgefühl würde ich immer dazu tendieren, im Nominativ und Akkusativ Plural „alle Deutschen“ zu sagen, da sich „alle“ ja eben auf „ausnahmslos alle“ bezieht, also auf eine klar bestimmte Menge, so wie das ja auch beim „bestimmten“ Artikel der Fall ist.
In einer Zwiebelfisch-Kolumne von 2005 liest man aber auch die Variante „alle Deutsche“ und hier kann ich die schwankende Flexion im Unterschied zum Fall der Verwendung nach Personalpronomen, die keine Artikelwörter sind („wir Deutsche/wir Deutschen“) gar nicht nachvollziehen.
http://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/0,1518,343920,00.html
Freundliche Grüße
Gernot Back
Nach alle wird ein Adjektiv oder ein substantivisch verwendetes Adjektiv heute eigentlich nur noch schwach gebeugt:
Nach wir und ihr wird im Prinzip stark gebeugt, die schwache Beugung kommt aber auch vor:
Siehe hier und hier.
So steht es übrigens auch im Duden. Bastian Sick zitiert einfach etwas missverständlich. Man könnte meinen, dass die Wahl zwischen schwacher und starker Beugung nicht nur nach wir, sondern auch nach alle möglich ist. Die starken Formen kommen aber im heutigen Deutsch nach alle nicht oder kaum mehr vor.
Frage: Heisst es somit auch „sämtliche Studierenden“ oder doch „sämtliche Studierende“
Es heißt üblicherweise sämtliche Studierenden. In der Regel wird ein Adjektiv im Plural nach „sämtliche“ schwach gebeugt:
Und entsprechend auch:
Siehe auch hier.