Wenn gestern Abend in Düsseldorf der italienische Beitrag das Finale des Eurovisonsfestivals gewonnen hätte, wäre ich in unserem Wohnzimmertippspiel trotzdem Letzter geworden. Ich hatte die Iren auf den ersten Platz gesetzt, die Gewinner auf dem vierten Platz vorhergesehen und, den Geschmack des gesamteuropäischen Publikums völlig unterschätzend, den zweitplatzierten, ausgezeichneten italienischen Beitrag unter „ferner liefen“ eingeteilt. Doch was hat dies alles mit Sprache oder Rechtschreibung zu tun? – Nichts. Ich schweife nur wieder einmal ab.
Wenn also gestern Abend in Düsseldorf der italienische Beitrag gewonnen hätte, gäbe es für die schreibenden Kommentatoren und Kommentatorinnen nächstes Jahr höchstens das Problem, dass man die italienischen Organisatoren und nicht die Italienischen Organisatoren schreibt. Wie man Italien, italienisch, Italiener, Italienerin und zum Beispiel Rom, Mailand oder Venedig schreibt, müsste man als allgemein bekannt voraussetzen können. Sanremo ist ebenfalls einfach, denn auch San Remo ist richtig. Probleme auf der Ebene der Schreibung gäbe es wohl erst, wenn die Italiener das Festival in zum Beispiel Civitavecchia, Giugliano in Campania oder Chioggia veranstalten würden.
Anders sieht es beim gestrigen Gewinnerland aus. Wie schreibt man Aserbaidschan offiziell auf Deutsch? Genau so: Aserbaidschan, nicht (mehr?) Aserbeidschan und auch nicht wie im Englischen Azerbaijan. Das wusste ich natürlich auch nicht. Ich musste es in den offiziellen Länderlisten nachschlagen. Die Einwohner sind Aserbaidschaner und Aserbaidschanerinnen und das Adjektiv ist aserbaidschanisch (vgl. hier). Die auf i endende Form Azerbaijani oder Aserbaidschani, die irgendwie so klingt, als kenne man sich gut aus, ist englisch (resp. wahrscheinlich durch das Englische inspiriert). Dies sind, wie gesagt, die offiziellen Namen und deren Schreibung. Wie so oft bei „exotischeren“ geographischen Namen, trifft man auf der freien Sprachwildbahn auch andere Schreibweisen an (z. B. Aserbaidjan). Am meisten viel fiel mir übrigens auf, dass man die Hauptstadt Aserbaidschans genau so schreibt, wie man sie ausspricht: Baku; nicht Bhaku, Bakhu oder Bakou, nein, einfach Baku. Das ist so einfach, dass man es kaum glauben will, und in dieser Hinsicht schon fast wieder ein Problem.
Wer also nächstes Jahr etwas über das Songfestival schreiben will, weiß nun, wie man all diese Namen schreibt. Ich befürchte allerdings, dass dieses Wissen bis zum nächsten Mai nicht mehr bei allen ganz präsent sein wird. Aber wer weiß, vielleicht schreibt ja vor dem großen, fröhlichen Liederfest noch jemand etwas über zum Beispiel den wenig demokratischen Charakter des dortigen politischen Systems.