Frage
Man darf gemäß neuer Rechtschreibung zum Beispiel Geografie, Typografie etc. schreiben. Aber zum Beispiel bei Philosophie bleibt man beim ph. Grafie (graphos) kommt doch wie philos und sophos aus dem Griechischen. Warum ist man dann nicht konsequent und schreibt überall f anstelle von ph? Gibt es eine grammatikalische Erklärung oder ist es einfach eine subjektive Entscheidung? Filosofie: okay, gewöhnungsbedürftig, aber irgendwie schön.
Antwort
Sehr geehrter Herr H.,
Grammatik und Rechtschreibung haben oft wenig bis nichts miteinander zu tun. Es gibt keinen grammatischen Grund, den Laut f durch ph wiederzugeben, wenn ein Wort griechische Wurzeln hat. Die Schreibung ph ist rein historisch-kulturell bestimmt. Ob sie sinnvoll, nützlich, schön oder überflüssig ist, sei hier dahingestellt.
Ganz willkürlich ist die Entscheidung der Rechtschreibkommission nicht. Die aus dem Griechischen stammenden Wortbildungselemente graph, phot und zum Beispiel auch phon kommen nicht nur in „gelehrten“, sondern auch in ganz allgemeinsprachlichen Wörtern vor: Foto, fotografieren, Telefon. Solche durch und durch deutsch gewordenen Wörter sollen wie andere deutsche Wörter mit f geschrieben werden. Das ist gut vertretbar – und das taten die meisten sowieso schon.
Man wollte (besser gesagt: durfte) aber nicht so weit gehen, alle ph abzuschaffen. Insbesondere „gelehrte“ Wörter sollten davon verschont bleiben. Dadurch entstand das Problem der Bestimmung der Grenze zwischen allgemeinen Wörtern mit f und gelehrten Wörtern mit ph. Da sich diese Grenze nicht eindeutig feststellen lässt, sind für die meisten Wörter mit graph, phon und phot beide Schreibweisen möglich gemacht worden. Das erklärt, warum man sowohl Geografie und Typografie als auch Geographie und Typographie schreiben kann. Bei Wörtern wie Philosophie und Strophe hat der Rechtschreibrat (oder jemand im Auftrag des Rechtschreibrates) beschlossen, dass sie nur gelehrte Elemente enthalten, die ausschließlich mit ph geschrieben werden sollen.
Das ist ziemlich inkonsequent. Solange man aber nicht zu telephonieren und Urlaubsphotos zurückkehrt oder andererseits dazu übergeht, Filosofie und Strofe zu schreiben, gibt es keine konsequent anwendbare Lösung. Es geht hier um die letztlich nicht eindeutig beantwortbare Frage, wann genau man die Schreibung welcher Fremdwörter in welcher Weise eindeutscht.
Es gab übrigens Bestrebungen, ph, th, rh und andere „gelehrten“ Schreibungen einzudeutschen. Solche Vorschläge lösten aber zum Teil derart heftige Reaktionen aus, dass man hätte meinen können, Schreibungen wie Filosofie, retorisch und Fysik (oder gar Füsik) seien Ausdruck unaussprechlicher Ignoranz und würden den Untergang der deutschen Sprache, wenn nicht gar der gesamten abendländischen Kultur deutscher Prägung auslösen**. Ganz so schlimm wäre das natürlich nicht, denn in einigen anderen Kultursprachen wie dem Italienischen und Spanischen schreibt man problemlos filsofia und fisica resp. filsofía und física, im Niederländischen filosofie und fysica, im Dänischen filosofi und fysik, im Polnischen filozofia und fizyka u. a. m.
Die Unterschiede bei der amtlichen Schreibung von Foto, Fotografie/Photographie und Philosophie sind also nicht grammatisch begründet, sonder das Resultat eines Kompromisses zwischen Anpassen und Bewahren. Ob es der bestmögliche Kompromiss ist – wenn es so etwas überhaupt gibt –, weiß ich nicht. Ich bin mir aber sicher, dass jede andere Lösung ebenfalls Anlass zur Kritik gäbe.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
* Damit ich auch ganz bestimmt keine Zweifel säe: Nach der amtlichen Rechtschreibregelung schreibt man Urlaubsfotos und Philosophie.
** Diese leicht übertreibenden Formulierungen sind nicht von mir. Sie gefallen mir aber so gut, dass ich das Klauen nicht lassen konnte. Nach all den Plagiatsvorwürfen, von denen man in letzter Zeit hört, gibt man so etwas am besten sofort zu.
Ganz schön dooph, das Ganze!
Wie ist denn das in der alten Rechtschreibung geregelt? Heißt es Photographie oder Fotographie oder Fotografie und dementsprechend Foto oder Photo? Gibt es dort auch die Wahlmöglichkeit zwischen Geografie und Geographie? Und gab es jemals im Deutschen auch die Variante Telephonie und Telephon wie im Englischen?
All diese Fragen (außer “dooph“) beantwortet das Rechtschreibwörterbuch von Canoonet. Geben Sie das Wort ein und klicken Sie in der Trefferliste beim gesuchten Wort auf den Link “Rechtschreibung”. Zum Beispiel: Fotografie, Foto, Geographie, Telefon, Telephonie.
Sehr schöner, unaufgeregter Beitrag, dem ich voll zustimmen kann.
… “würden den Untergang der deutschen Sprache, wenn nicht gar der gesamten abendländischen Kultur deutscher Prägung auslösen**”
Sehr geehrter Dr. Bopp,
auch ich finde jene Formulierung grandios.
Nun – wenn Sie aber schon die Fußnote setzen – dann doch bitte mit Quellenangabe….
herzlichst, markus sarwas
… \
Wenn ich es noch wüsste, hätte ich die Quelle angegeben. Leider erinnere ich mich nur ungefähr an die Wendung, nicht aber an den Ort, wo ich sie gelesen habe. Die Fußnote ist auch nicht allzu seriös, geschweige denn wissenschaftlichkeitskonform gemeint.
Dieses Rechtschreibewörterbuch von Canoonet ist wirklich sehr hilfreich. Habe zu allen meinen Anfragen passende Treffer erhalten. Vielen Dank für den guten Tipp.