Heute geht es um etwas, was mich sehr erstaunt hat, als ich zum ersten Mal in einem Grammatikbuch darauf stieß: wie ungenau die deutsche Sprache ausgerechnet bei Mengenangaben ist!
Frage
Gerade hörte ich im Radio, dass sich im Bildungssektor eine ganze Menge schwarze Schafe tummle. Muss es nicht heißen eine ganze Menge schwarzer Schafe?
Antwort
Sehr geehrter Herr K.,
bei Mengenangaben zeigt die deutsche Grammatik erstaunlicherweise nicht die Präzision, die man gerade dort erwarten würde. Beide Formulierungen sind nämlich möglich:
eine ganze Menge schwarzer Schafe
eine ganze Menge schwarze Schafe
Bei ungenauen Mengenangaben wie Menge, Reihe, Anzahl, Strauß usw. und etwas Gemessenem im Plural kommt der (partitive) Genitiv am häufigsten vor:
eine ganze Menge schwarzer Schafe
eine Gruppe französischer Bergsteiger
ein Strauß roter Rosen
Es ist jedoch ebenfalls möglich, das Gemessene als Apposition (Beisatz) zur Mengenangabe zu verwenden:
eine ganze Menge schwarze Schafe
eine Gruppe französische Bergsteiger
ein Strauß rote Rosen
Dabei übernimmt die Apposition den Fall der Mengenangabe. Im Dativ kann das Gemessene auch unverändert im Nominativ stehen:
mit Kasusangleichung:
mit einer ganzen Menge schwarzen Schafen
mit einer Gruppe französischen Bergsteigern
mit einem Strauß roten Rosen
ohne Kasusangleichung:
mit einer ganzen Menge schwarze Schafe
mit einer Gruppe französische Bergsteiger
mit einem Strauß rote Rosen
Das wären dann also schon drei verschiedene mehr oder weniger akzeptierte Möglichkeiten, wie man Mengengaben dieser Art formulieren kann. Das ist aber noch nicht alles! Nach Sammelbegriffen ist auch noch die Formulierung mit von möglich:
eine ganzen Menge von schwarzen Schafen
eine Gruppe von französischen Bergsteigern
eine Strauß von roten Rosen
Das führt dazu, dass bei einer Mengenangabe im Dativ und etwas Gemessenem im Plural vier Formulierungen möglich sind:
mit einem Strauß roter Rosen (partitiver Genitiv)
mit einem Strauß rote Rosen (Apposition ohne Kasusangleichung)
mit einem Strauß roten Rosen (Apposition mit Kasusangleichung)
mit einem Strauß von roten Rosen (Präpositionalgruppe mit “von”)
Diese Vielzahl verschiedener/verschiedene/von verschiedenen Möglichkeiten führt oft dazu, dass man ins Zweifeln gerät, sobald man anfängt, über die korrekte Formulierung nachzudenken. Am besten tun Sie dies deshalb nicht und formulieren Sie einfach so, wie Ihr Sprach- und Stilgefühl es Ihnen eingibt. Bei so viel Formulierungsspielraum kann ja kaum etwas schiefgehen! Falls Sie einmal wirklich nicht mehr weiterwissen: Der Genitiv ist in den hier beschriebenen Fällen immer richtig und wird auch von niemandem angezweifelt.
Die entsprechende Grammatikseite finden Sie hier.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
In Ihren Beispielsätzen “mit Kasusangleichung” kommen mir die Attribute im Dativ sehr eigenartig vor — ich würde hier eindeutig, wenn überhaupt einen Kasus außer den Nominativ, den Genitiv verwenden.
Übrigens: Die Präposition “ausser” verlangt den Dativ, ausser “ausser” ist eine Konjunktion, wie gerade eben in diesem Fall, aber darum geht es hier nicht.
So ganz ohne Kontext betrachtet kommen mir persönlich die Dativformen “ohne Kasusangleichung” eher ungewöhnlich vor – außer bei Strauß … Nach Canoonet, aber auch nach zum Beispiel Duden und Wahrig sind jedoch alle Varianten als korrekt zu betrachten.