Im heutigen Beitrag spielen nicht etwa glühende Kohlen oder gar feurige Leidenschaft die Hauptrolle, sondern das Gluten, ein klebriger, zäher Eiweißstoff, der in den Körnern gewisser Getreidearten vorkommt. Gluten ist offenbar beim Backen eines schönen Brotlaibs wichtig, es kann aber auch – wie einige wahrscheinlich besser wissen, als ihnen lieb ist – zu allergischen Reaktionen führen (Glutenintoleranz). Es geht hier allerdings nicht um so praktische Inhalte wie Tipps für das Brotbacken oder glutenfreie Ernährung, sondern rein um die Form: Wie spricht man Gluten aus?
Frage
In Ernährungsabhandlungen wird öfters das Wort „Gluten“ benutzt, auch in der Verbindung „glutenfrei“. Allerdings erfolgt die Aussprache in zweierlei Weise: einmal „glú-ten“ mit Betonung von „glut“, das andere Mal „glu-tén“ mit betontem langem „ten“. Welche Betonung ist richtig?
Antwort
Sehr geehrter Herr K.,
das Wort Gluten wird heute meist auf dem e der zweiten Silbe betont, wobei das e lang gesprochen wird. Dies geschieht in Anlehnung an die Namen chemischer Verbindungen mit der Endung -en wie zum Beispiel Äthylen, Propen. Die Betonung auf dem u kommt ebenfalls vor. Sie orientiert sich an der Herkunft des Wortes, das heißt dem lateinischen Wort für Leim: gluten (Genitiv: glutinis). Das lateinische Wort hat einen langen Vokal (ū), der im Deutschen in dieser Position normalerweise die Hauptbetonung erhält (vgl. volūmen, volūminis – Volúmen; nōmen, nōminis – Nómen; imāgō, imāginis – Imágo)
Dieses „Herkunftsprinzip“ bei der Betonung kann man auch in anderen Sprachen beobachten:
en: gluten vs ethylene, propene
nl: gluten vs ethyleen, propeen
it: glutine vs etliene, propene
Trotzdem ist heute im Deutschen, wie gesagt, die Betonung auf dem e üblicher. Die Betonung auf dem u der ersten Silbe ist aber nicht als falsch anzusehen. Gluten reimt sich also heute meist „modern“ auf zehn, aber manchmal auch noch „klassisch“ auf sputen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp