Feuerwerk

Es knallt hier schon seit gestern ziemlich oft und ziemlich laut. Viele können nicht bis heute Mitternacht warten. Ich kann es ja verstehen. Es hat etwas Schönes, Faszinierendes und Gefährliches. Mir gefällt auch das leicht altertümlich anmutende Wort: Feuer-werk.

Wenn man ein bisschen im Wörterbuch herumsucht, stellt man fest, dass es viele Zusammensetzungen mit -werk an letzter Stelle gibt. Noch erstaunlicher ist die Vielfalt der Bedeutungen dieser Wörter.

Eine erste Gruppe von auf -werk endenden Wörtern bezeichnet die Gesamtheit von etwas. Es kann etwas Natürliches sein:

Astwerk, Blätterwerk, Haarwerk, Laubwerk, Rankenwerk, Strauchwerk, Wurzelwerk

Die Gesamtheit kann aber auch etwas von Menschenhand Geschaffenes sein:

Federwerk (Uhr), Festungswerk, Mauerwerk, Räderwerk, Segelwerk, Seilwerk, Tauwerk

Beispiele von nicht ganz so konkreten Dingen:

Gesetzeswerk, Reformwerk, Vertragswerk, Regelwerk

Wörter auf –werk Bezeichnen auch Produkte bestimmter Tätigkeiten:

Backwerk, Bauwerk, Druckwerk, Knüpfwerk, Schnitzwerk

Wozu sie dienen:

Naschwerk, Schleckwerk, Räucherwerk

Woraus sie bestehen:

Maschenwerk, Netzwerk, Zuckerwerk

Weiter gibt es die Gruppe der Vorrichtungen und Maschinen, die etwas Bestimmtes tun:

Laufwerk, Triebwerk, Schöpfwerk, Förderwerk, Hebewerk, Heizwerk, Leitwerk, Mahlwerk, Rührwerk, Schaltwerk, Schlagwerk, Zählwerk

Diese Gruppe geht über in die Gruppe der Wörter, die ganze Betriebe bezeichnen, in denen etwas getan wird:

Emaillierwerk, Kopierwerk, Lieferwerk, Presswerk, Pumpwerk, Sägewerk, Schmelzwerk, Stauwerk, Walzwerk

Ganz allgemein bezeichnet Werk auch einen Betrieb, eine Fabrik.

– Betrieb nach Erzeugnis:

Betonwerk, Chemiewerk, Elektrizitätswerk, Gaswerk, Kraftwerk, Stahlwerk, Zementwerk (im weiteren Sinne auch: Hilfswerk)

– Betrieb nach Bereich:

Bergwerk, Hüttenwerk, Industrierwerk

– Ganz allgemein Betrieb:

Audiwerke, Volkswagenwerke, Siemenswerke, Stadtwerke, Zweigwerk

Die nächste große Gruppe umfasst ganz andere Bezeichnungen, nämlich die Resultate kreativen Tuns:

Bach-Werk, Bühnenwerk, Erstlingswerk, Frühwerk, Geschichtswerk, Hauptwerk, Jahrhundertwerk, Kunstwerk, Lebenswerk, Lehrwerk, Musikwerk, Nachschlag(e)werk, Prosawerk, Sprachwerk

Andere Wörter auf –werk bezeichnen die Tätigkeit selbst (und deren Resultat) unter verschiedenen Gesichtspunken:

Handwerk, Maßwerk
Einigungswerk, Pionierwerk, Zerstörungswerk
Friedenswerk, Liebeswerk
Menschenwerk, Teufelswerk
Blendwerk, Gaukelwerk
Machwerk, Flickwerk

Eine letzte Restgruppe konnte ich nirgendwo richtig einteilen:

Fuhrwerk, Grottenwerk, Schuhwerk, Stockwerk, Mundwerk

Ganz für sich allein darf heute dieses schöne Wort stehen:

Feuerwerk

Ich wünsche Ihnen einen guten Start ins neue Jahr! Falls Sie es mit Feuerwerk begrüßen, seien Sie bitte vorsichtig. Wenn man nicht gut aufpasst, kann das erste im Wort genannte Element gefährlich sein.

Dr. Bopp

PS: Bevor Sie sich nun vielleicht kopfschüttelnd ans Nachschlagen und Neueinteilen machen, beachten Sie bitte das Folgende: Diese Übersicht ist weder vollständig noch sehr genau – und auch nicht die einzig mögliche.

4 Gedanken zu „Feuerwerk“

  1. Sehr schöne und interessante Ableitung und Unterteilung, der man sich im alltäglichen Sprachgebrauch irgendwie gar nicht so bewußt ist. Was mich an dieser Stelle aber noch viel mehr interessiert:
    Heißt es wirklich „Es hat etwas Schönes, Faszinierendes und Gefährliches“? Oder muss hier nicht eigentlich auch zwischen bestimmt und unbestimmt differenziert werden, also „Es hat etwas schönes, faszinierendes und gefährliches“ – weil unbestimmt?

    Viele Grüße und ein produktives neues Jahr!

  2. Man muss hier (glücklicherweise!) nicht auch nach bestimmt und unbestimmt unterscheiden. Nach etwas, nichts, viel, wenig werden allein stehende Adjektive, die sich nicht auf ein vorhergehendes oder nachfolgendes Nomen beziehen, großgeschrieben (vgl. Regel, etwas). Dies gilt auch, wenn sie etwas Unbestimmtes bezeichnen. Sie können nach einem Wort wie etwas eigentlich nur etwas Unbestimmtes bezeichnen.

  3. Was mir auffällt:

    Die Bedeutung aller „…werke“erschließt sich mir unmittelbar durch den vorangestellten Wortteil, mit einer Ausnahme, dem Maßwerk.

    Wissen Sie zufällig, wie das Maßwerk zu seinem Namen gekommen ist?

    Die besten Grüße und alles Gute im neuen Jahr 2012.

    Christian

  4. Ich weiß leider auch nicht, wie das Maßwerk (aus geometrischen Figuren bestehendes Ornament gotischer Bauwerke zur Füllung von Fensterbögen und zur Gliederung von Wandflächen, DWDS) zu seinem Namen gekommen ist. Ich konnte auch keine Erklärung zur genaueren Herkunft dieser Bezeichnung finden. Ich vermute, dass es damit zu tun hat, dass es sich um geometrische Figuren handelt, d. h. um Figuren, die gemessen werden müssen. Dies im Gegensatz zum Laub- oder Blattwerk (Verzierungen in Blätterform) und den figürlichen Bildwerken (vgl. Grimm). Doch, wie gesagt, das ist nicht mehr als eine Vermutung.

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