Frage
Keine Frage – ob einem die Musik nun gefällt oder nicht – dieser Mann hat es drauf! […] Aber ist der Typ, der ein Tuch in seine Saiten eingeflochten hat, jemand, der ein Tuch in seine Saiten einflicht, oder jemand, der ein Tuch in die Saiten einflichtet?
Antwort
Guten Tag K.,
standardsprachlich heißt es, dass jemand ein Tuch in die Saiten einflicht. Das Verb einflechten ist also auch im Indikativ Präsens unregelmäßig:
ich flechte ein, du flichtst ein, er/sie/es flicht ein
Alle Wortformen dieses Verbs sehen Sie hier.
Obwohl die Form flicht auf ein t endet, wird nicht wie zum Beispiel bei sie rettet, er betet oder es redet ein e eingeschoben. Das tut man nämlich bei unregelmäßigen Verben mit einem Umlaut oder Ablaut in der zweiten und dritten Person Einzahl nicht (vgl. hier)
braten – brät
halten – hält
laden – lädt
gelten – gilt
treten – tritt
und eben
flechten – flicht (nicht flichtet)
Im Indikativ Präsens kommen übrigens daneben die regelmäßig gebeugten Formen du flechtest, er/sie/es flechtet vor. Auch der Befehlsform flechte! begegnet man hin und wieder. Diese Formen sind aber umgangssprachlich und gelten standardsprachlich nicht als korrekt. Es heißt also nicht:
Wie *flechtet man einen Korb?
Wann *flechtest du dir Zöpfe?
*Flechte dir endlich die Haare!
sondern
Wie flicht man einen Korb?
Wann flichtst du dir Zöpfe?
Flicht dir endlich die Haare!
Ich muss allerdings zugeben, dass mir die Formen mit i irgendwie altmodisch und gewöhnungsbedürftig vorkommen. Das liegt vielleicht daran, dass in meiner (sprachlichen) Umgebung nicht mehr oft Zöpfe und noch viel seltener Körbe geflochten werden. So stammt der letzte Beispielsatz nur insofern aus der realen Sprachwelt, als er immer dann auftaucht, wenn die Befehlsformen dieser Art unregelmäßiger Verben aufgezeigt werden. Auch entflochten und eingeflochten wird nur noch selten in einer Personalform des Singulars (entflichst, entflicht; einflichst, einflicht). Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass diese Wortformen des Öfteren fälschlich regelmäßig (mit e) gebeugt werden, wenn sie einem einmal in die Tastatur geraten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp