Frage
In unserem Arbeitsalltag als technische Übersetzer stolpern wir oft über Querverweise auf Abbildungen, Tabellen usw. mit dem kleinen Wörtchen „siehe“. Wird dieses groß- oder kleingeschrieben oder gibt es keine wirkliche Konvention. Zum Beispiel: „Die Warnleuchte befindet sich auf der Rückseite des Deckels (siehe/Siehe Abbildung 3 auf Seite 7).“ Und wie verhält es sich mit den Punkten?
Antwort
Sehr geehrter Herr P.,
eine allgemeingültige Regelung gibt es meines Wissens nicht, aber die folgenden Schreibweisen kommen häufig vor und sind recht praktisch:
Der Verweis wird oft in Klammern gesetzt. Man schreibt siehe dann klein und verwendet direkt nach dem Verweis keinen Punkt:
Die Warnleuchte befindet sich auf der Rückseite des Deckels (siehe Abbildung 3, Seite 7). Sie wird mit Schalter C bedient.
Die Warnleuchte befindet sich auf der Rückseite des Deckels (siehe Abbildung 3, Seite 7) und wird mit Schalter C bedient.
Die Warnleuchte befindet sich auf der Rückseite des Deckels (siehe Abbildung 3, Seite 7), wo auch der Schalter C zu finden ist.
Man kann dem Verweis auch etwas mehr Gewicht geben, indem man ihn nicht in Klammern setzt, sondern nach einem Punkt separat aufführt. Auch dann verwendet man üblicherweise kein Ausrufezeichen, obwohl es sich bei siehe um eine Art Befehlsform des Verbs sehen handelt.
Die Warnleuchte befindet sich auf der Rückseite des Deckels. Siehe Abbildung 3 auf Seite 7.
Weiter gibt es noch die folgende Art des Verweises. Man beachte, dass hier zwischen dem eigentlichen Verweis und demjenigen, wozu der Verweis angegeben wird, kein Komma steht (nein, auch nicht vor siehe im ersten Beispiel!):
Für die Montage der Warnleuchte siehe Anleitung B auf Seite 7.
Siehe Anleitung B auf Seite 7 für die Montage der Warnleuchte.
Dies sind nicht die einzig möglichen Schreibweisen, aber mit diesen einfachen „Regeln“ bin ich bis jetzt immer gut gefahren.
Wenn wir schon dabei sind, hier noch ein paar Worte zur Form: siehe mit e steht nur in Verweisen und Ausrufen:
Siehe Seite 7.
Siehe da, es funktioniert!
Und siehe, ein Engel des Herrn erschien.
Die „gewöhnliche“ Befehlsform von sehen ist sieh ohne e:
Sieh mich bitte an!
Sieh dir den Text noch einmal an!
Sieh her und sei ruhig!
Noch eine allerletzte Bemerkung und dann werde ich wirklich ruhig sein: Auch wenn die Befehlsform sieh! kein e am Schluss hat, kommt sie ganz ohne Apostroph aus!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
Ist siehe nicht eigentlich die 3. Singular des Konjunktivs I, also eine höfliche, abgeschwächte Aufforderung? Also keinesfalls eine um -e erweiterte, lange Form des Imperativs, auch wenn man das manchmal lesen kann (Imperativ II).
Manche Verben zeigen hier ja einen i-Umlaut wie z. B. treten: Ipv. tritt, aber Konj. trete.
Zur Vermischung hat sicher auch beigetragen, dass manche Verben auch den “echten” Imperativ auf -e bilden, z.B. arbeiten (z.B. arbeite!, nicht *arbeit!) und damit beide Formen identisch aussehen.
Ich muss meinen Kommentar revidieren, hatte ich doch zwei Sachen durcheinander geworfen.
Auf der einen Seite steht die Tatsache, dass “Optative” (also der Konjunktiv I) in imperativischer Funktion verwendet werden kann, dieser erhält dann die Endung -e, zeigt aber keinen i-Umlaut, das sieht man in Formen wie “trete” oder “helfe”, die man ja manchmal lesen kann.
Dieser Fall muss auch in “werde” vorliegen.
Auf der anderen Seite die lautliche Entwicklung, starke Verben sollten im Imperativ endungslos sein, schwache die Endung -e aufweisen. Hier ist es zu einer Vermischung gekommen, in der Regel sind Ipv. von Verben mit Stammänderung endungslos und solche ohne haben die Endung -e.
Es sollte also “sieh” – “*sehe” heißen, wie “hilf” – “helfe”, “brich” – “breche”, nur hier ist auch der Vokalismus des Präsens mit eingedrungen