In der deutschen Standardaussprache wird das r am Endrand der Silbe ja von vielen vokalisiert (als Selbstlaut ausgesprochen):
wer = [we:?]
ihr = [i:?]
Wort = [wo?t]
Wurst = [wu?st]
Nach einem a lassen manche das r sogar ganz wegfallen:
wahr = [wa:?] oder [wa:]
Da ich ursprünglich aus einer Ecke des deutschen Sprachraums stamme, in der man das r fröhlich rollen lässt, kommt mir diese letzte Ausspracheweise, das heißt das gänzliche Weglassen des r, immer irgendwie „extrem“ vor. Seit dem vergangenen Wochenende weiß ich aber endgültig, dass man hier nicht mehr von „extrem“ sprechen kann. Im WDR-Radio hörte ich einen Schlager, in dem die Liebe anhand von verschiedenen Gerichten erklärt wird. Mein Ohr blieb bei den letzen beiden Zeilen des Refrains hängen:
Ich find dich schärfer als Chili con Carne
und noch viel süßer als Erbeer’n mit Sahne.
Chili con carne reimt sich hier auf Erdbeeren mit Sahne. Wenn das „ungestraft“ durchgeht, ist der fortschreitende Schwund des r nicht mehr zu stoppen. Ich fange deshalb schon einmal an, die Aussprache Tschili kon Kahne zu üben …
Das allerschönste Kompliment dieser kulinarischen Liebeserklärung findet man übrigens (mit einwandfreiem Binnenreim) in der zweiten Strophe dieses Schlagers:
Ich find dich schöner als ’n Döner
Wer könnte einem solchen Kompliment widerstehen!
schon mal was vom “unreinen Reim” gehört? Dann wäre Dein “errr” doch noch zu rrretten.
Liebe oder lieber MK4,
vielen Dank für Ihren so nett formulierten Hinweis. Ich kenne den Begriff unreiner Reim. Es geht hier aber nicht darum, ob Chili con Carne / Erdbeer’n mit Sahne ein unreiner Reim sein könnte (was es durchaus sein kann), sondern darum, dass es Menschen gibt, die Carne in einer Weise aussprechen, dass es sich wirklich auf Sahne reimt. Dass ich das vollständige Verschwinden des r befürchte, ist im Übrigen nicht allzu ernst zu nehmen. Es wird schon noch ein Weilchen überleben, gerollt oder ungerollt.
Sehr geehrter Herr Dr. Bopp,
wenn Sie die Meßlatte schon derart niedrig anlegen, dann hüten Sie sich unbedingt vor Folgendem: manchmal des Abends, in des Tages Neige, lasse ich aus meinem Rundfunkempfangsgerät gern einen Sender tönen, der sich in jenen ruhigen, beschaulichen Stunden ganz der neueren deutschen Sangeskunst verschrieben hat. Just dortselbst kann es Ihnen dann passieren, daß Ihnen folgend Lied entgegenschallt:
“Wie New York ohne Sinatra –
Wie Wien ohne den Prater”.
Ich wähne, Sie würden den Glauben an das Gute im Menschen verlieren.
Na na, das grenzt ja an Diskriminierung sprachlich “Herausgefoadata”. 😉
Als Westfale kann ich nun mal kein ‘r’ am Silbenende. Ein R-Anlaut wird mit der Zunge ganz tief im Rachen simuliert. OK, das englische R kriegt man mit viel Übung noch hin, ‘mit Anlauf’ und Mühe sogar das rollende spanische R am Silbenende. Am spanischen R-Anlaut ‘aus dem Stand’ scheitere ich seit Jahrzehnten. Dazu bin ich anatomisch nicht in der Lage. Muss man sich darüber lustig machen?
Und was ist mit den Rheinländern? Bei denen heißt eine Kaate (lt. Duden: Karte) “Kachte”. Dat is nun wiaklich schlimm! 😉
Hallo Michael,
da geht es 1,2 Mrd. Chinesen noch viel schlimmer, die können überhaupt kein “r”. *g*
Was mich am “Chili con caane” mehr verunsichert: “Cane” ist auf italienisch “Hund”. Wenn ich nun in Italien ein “Chili con cane” bestelle, bekomme ich dann Hundefleisch??
Hilfe, ich denk’, ich werde doch Vegetarier! 🙂
Christian