Schwarzfahren und sich schwarz ärgern

Schwarzfahren und sich schwarz ärgern

Frage

Woher kommt eigentlich der Ausdruck schwarzfahren? Wahlweise auch Schwarzarbeit, schwarzsehen usw. […] Wie kam es zu dieser Ableitung? Und was war zuerst da? Das Schwarzsehen, -fahren, -arbeiten? Und passt sich schwarz ärgern in die Systematik?

Antwort

Sehr geehrte Frau Z.,

nach dem etymologischen Wörterbuch von Pfeifer1 kann das Wort schwarz in der Bedeutung illegal mit einem alten Verb schwärzen = schmuggeln in Verbindung gebracht werden. Pfeifer umschreibt die Entstehung ungefähr wie folgt:

Das Verb schwärzen bedeutete im Rotwelschen (der deutschen „Gaunersprache“) schmuggeln, dies wahrscheinlich in Anlehnung an etwas bei Nacht, im Dunkeln tun. Daran schließt die Verwendung von schwarz mit der Bedeutung ungesetzlich an. Dieses Adjektiv tauchte in den Verbindungen schwarzer Markt, Schwarzmarkt und Schwarzhandel auf, mit denen illegaler Valutahandel und dann auch unerlaubter Handel mit rationierten Lebensmitteln und Waren gemeint waren. Dies geschah während des Ersten Weltkriegs oder eventuell in der Inflationszeit um 1923. Später wurde der Anwendungsbereich auf Begriffe wie Schwarzarbeit, schwarzhören, schwarzfahren und schwarzschlachten ausgeweitet.

Das Wort Schwarzmarkt war eventuell sogar ein Exportschlager: So sollen unter anderem englisch black market, französisch marché noir, italienisch mercato nero und polnisch czarny rynek (alle mit derselben Bedeutung) auf diesen deutschen Ausdruck zurückgehen.

In der Wendung sich schwarz ärgern hat schwarz wohl einen anderen Ursprung. Ich habe aber leider nirgendwo entsprechende Angaben finden können und müsste deshalb raten. Man kann sich übrigens auch grün und gelb ärgern oder grün und blau ärgern und man kann auf etwas warten, bis man schwarz wird. Unnatürliche Farbveränderungen scheinen also auszudrücken, dass man etwas sehr intensiv oder sehr lange empfindet. Es gibt hier vielleicht einen Bezug zur früheren Lehre der Körpersäfte. Nach dieser Lehre mit dem schönen Namen Humoralpathologie sind die vier Körpersäfte Blut, gelbe Galle, schwarze Galle und Schleim beim gesunden Menschen im Gleichgewicht und entsprechend bei Kranken aus dem Gleichgewich geraten. Dabei wurde allerdings ein Zuviel an gelber Galle für Wut und Aufbrausen verantwortlich gemacht. Bei zu viel schwarzer Galle war man melancholisch. Ein direkter Bezug zwischen sich schwarz ärgern und diesen Körpersäften ist also eher unwahrscheinlich. Finanzverantwortliche des öffentlichen Verkehrs müssten sich demnach ja – wenn überhaupt – nicht schwarz, sondern gelb über Schwarzfahrer ärgern.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

1 Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (nach Pfeifer) im DWDS. Die gleiche Erklärung auch in: Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache, Gruyter, 2002, unter dem Stichwort schwärzen.