Das (nicht) wegfallende es

Grammatikalarm: Lesen Sie nicht weiter, wenn Grammatisches Sie nur mäßig interessiert! Zum Glück machen wir es mit dem es meistens richtig, ohne dass wir die Regeln kennen müssen.

Frage

Bei den Sätzen:

Es ist schön, dass du kommst.
Ich finde es schön, dass du kommst.

fällt das „es“ weg, wenn der Nebensatz an der ersten Stelle steht:

Dass du kommst, ist schön.
Dass du kommst, finde ich schön.

Aber mir ist nicht ganz klar, ob das auch bei Nebensätzen mit „wenn“ geschieht.

Es ist schön, wenn du kommst.
Ich finde es schön, wenn du kommst.

Welche Sätze sind richtig formuliert, wenn der Nebensatz an erster Stelle steht?

Wenn du kommst, ist es schön.
Wenn du kommst, finde ich es schön.

oder:

Wenn du kommst, ist schön.
Wenn du kommst, finde ich schön”.

Die letzten beiden Sätze scheinen mir falsch zu sein. Aber ich verstehe nicht warum “es” bei dass-Sätzen weg bleibt und bei wenn-Sätzen nicht …

Antwort

Guten Tag L.,

wenn ein dass-Satz an die erste Stelle tritt, fällt das unpersönliche Platzhalter-es weg:

Es ist schön, dass du kommst.
Dass du kommst, ist schön.

Ich finde es schön, dass du kommst.
Dass du kommst, finde ich schön.

Wenn ein Temporalsatz an die erste Stelle tritt, fällt das unpersönliche es nicht weg:

Es ist schön, wenn du kommst.
Wenn du kommst, ist es schön.

Ich finde es schön, wenn du kommst.
Wenn du kommst, finde ich es schön.

Der Hauptunterschied liegt darin, dass die dass-Sätze und die wenn-Sätze im Gesamtsatz nicht die gleiche Funktion haben.

Der dass-Satz ist das Subjekt oder das Objekt des Gesamtsatzes. Das es ist der Platzhalter für den dass-Satz, wenn dieser nicht an erster Stelle steht.

Wer oder was ist schön?
Dass du kommst, ist schön.
Es ist schön, dass du kommst.

Wen oder was finde ich schön?
Dass du kommst, finde ich schön.
Ich finde es schön, dass du kommst

Das es kann bei Erststellung des dass-Satzes deshalb wegfallen, weil der Satz auch ohne diesen Platzhalter den benötigten Satzteil Subjekt resp. obligatorisches Akkusativobjekt hat, nämlich den dass-Satz.

Der wenn-Satz hingegen ist weder Subjekt noch Objekt, sondern eine Adverbialbestimmung. Das es ist das unpersönliche Subjekt zu schön sein resp. ein unpersönliches, von schön finden abhängiges Objekt. Es fällt auch dann nicht weg, wenn die Adverbialbestimmung an die erste Stelle tritt:

Wann ist es schön?
Wenn du kommst, ist es schön.
Es ist schön, wenn du kommst.

Wann finde ich es schön?
Wenn du kommst finde ich es schön.
Ich finde es schön, wenn du kommst.

Das es kann bei solchen Adverbialsätzen nicht wegfallen, weil dem Gesamtsatz ohne es ein Subjekt respektive ein obligatorisches Akkusativobjekt fehlen würde.

Damit ist aber nur die unterschiedliche Behandlung von es bei dass-Sätzen und wenn-Sätzen erklärt (und für weniger Grammatikinteressierte noch nicht einmal das). Warum wir überhaupt das unpersönliche es und das Platzhalter-es verwenden, ist ein ganz andere Frage, die ich an dieser Stelle nicht beantworten kann – und ehrlich gesagt auch nicht so schnell zu beantworten wüsste. Wenn man Deutsch lernen muss, macht es es einem sicher nicht einfach!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

PS: Falls Sie mehr dazu lesen möchten, hier einige Links:

Subjektsatz
Adverbialsatz
Platzhalter-es
es bei unpersönlichen Verben

3 Gedanken zu „Das (nicht) wegfallende es“

  1. Die Erklärung, warum wir das unpersönliche „Es“ brauchen, hat mit grammatikalischen Strukturen und zu füllenden Plätzen im Satzbau zu tun – kommt in einer guten Grammatiktheorie-Vorlesung ausführlich vor. 😉

  2. Noch schöner wäre es natürlich, wenn Sie dieses Wissen etwas genauer mit uns teilen könnten.

    Ein unpersönliches es steht oft dann, wenn sonst ein Subjekt fehlen würde, denn ein deutscher Satz muss immer ein Subjekt haben. Ganz so einfach ist die Sache mit dem es aber nicht, wie die Angaben auf dieser Seite nur andeutungsweise zeigen können.

  3. Ich nehme an, dass das für die Allgemeinheit etwas zu detailliert ist … Aber ich versuch’s kurz:

    Grammatikalisch braucht jeder Satz im Deutschen strukturell eine Füllung der Spezifikatorposition der Satzphrase; oft steht dort im Deutschen das Subjekt, das muss aber nicht sein.

    Weiters muss an irgendein Satzglied auch die Subjektsrolle vergeben werden.

    Bei den Wenn-Sätzen wird die Subjektsrolle an das „es“ vergeben, es tritt also auch dann zwingend auf, wenn die Spezifikatorposition durch den Wenn-Satz gefüllt wird.

    Soweit meine Interpretation; andere Grammatiktheoretiker sehen das sicher anders, und ich bin auch nur Student. 😉

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