Frage
Ich heiße E[…] und ich studiere Deutsch. Ich habe eine Frage an Sie zum Thema „Infinitivsätze“. Ich habe gemerkt, dass man bei Infinitivsätzen mit „um…zu“ manchmal das „um“ weglässt. Zum Beispiel:
Ich habe alles daran gesetzt, das Problem zu lösen.
Ich habe alles daran gesetzt, um das Problem zu lösen.
Welcher Satz ist korrekt? Ich würde das „um“ nie weglassen, trotzdem habe ich schon mehrmals gesehen, in mehreren Beispielen, dass es gemacht wird. Ist das korrekt? Ist es Hochdeutsch oder eher Umgangssprache? Ist es immer möglich?
Antwort
Guten Tag E.,
ob man einen uneingeleiteten Infinitivsatz verwenden kann, hängt vom Prädikat (dem „Hauptverb“) des Satzes ab. Siehe hier. Beim Prädikat dransetzen (= aufbieten, einsetzen) kann eine solche uneingeleitete Infinitivkonstruktion stehen:
Sie haben alles darangesetzt, ihn zu finden.
Er hat all seine Kräfte darangesetzt, sein Ziel zu erreichen.
Ich habe alles darangesetzt, das Problem zu lösen.
Hier ist aber auch ein Zwecksatz mit um … zu möglich:
Sie haben alles darangesetzt, um ihn wiederzufinden.
Er hat all seine Kräfte darangesetzt, um sein Ziel zu erreichen.
Ich habe alles darangesetzt, um das Problem zu lösen.
Man kann also sagen, dass es bei den letzten drei Sätzen möglich ist, das um wegzulassen. Das geht auch bei anderen Prädikaten, die mit einer Infinitivkonstruktion stehen können, wenn ein Zweck angegeben wird:
Sie haben ihr Möglichstes getan, um ihn zu finden.
Sie haben ihr Möglichstes getan, ihn zu finden.
Ich habe alles versucht, um sie zum Lernen zu bewegen.
Ich habe alles versucht, sie zum Lernen zu bewegen.
Dies ist aber nur dann möglich, wenn
a) die Verbkonstruktion mit einem uneingeleiteten Infinitivsatz stehen kann;
b) der Infinitivsatz den Zweck der Handlung im Hauptsatz angibt.
Verstoß gegen a)
nicht: *Ich tue dies, dir zu helfen.
sondern nur: Ich tue dies, um dir zu helfen.
Bei etwas tun kann keine uneingeleitete Infinitivkonstruktion stehen.
Verstoß gegen b)
nicht: *Es nützt nichts, um dich zu verstecken. Sie finden dich überall.
sondern nur: Es nützt nichts, dich zu verstecken. Sie finden dich überall.
Der Infinitivsatz drückt nicht den Zweck des im Hauptsatz Gesagten aus.
Bevor Sie sich nun daranmachen, eine neue Regel zu lernen, sei Folgendes nocht gesagt: Es handelt sich hier nicht um eine spezielle, genau abzugrenzende Regel. Es geht hier um Satzkonstruktionen, in denen zwei unterschiedliche Ergänzungen stehen können, (uneingeleiteter Infinitivsatz und mit um … zu eingeleiteter Zwecksatz), die mehr oder weniger „zufällig“ dasselbe ausdrücken.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
… wobei für mein Sprachgefühl „daran setzen“ einen „um zu“-Satz eher ausschließt; zumindest stark markiert wäre der Satz auf jeden Fall bei mir.
Im Gegensatz zu sowohl Dr. Bopp als auch Nightstallion ist mein Sprachgefühl anders: Ich glaube schon, daß ich einen Nachsatz mit “um” verwenden kann. Allerdings glaube ich, haben ein Satz mit “um” und einer ohne andere Bedeutungen, andere Intentionen.
Zum Beispiel:
Ich habe alles drangesetzt, den Baum zu erklettern, um eine bessere Aussicht zu haben.
“Um eine bessere Aussicht zu haben” ist der von Dr. Bopp erwähnte Zwecksatz: Ich setze alles daran, mit dem Zweck einer besseren Aussicht.
Die Erläuterung “den Baum zu erklettern” fühlt sich für mich grammatikalisch Verschieden an. Es erläutert nicht den Zweck, sondern “das Ding an sich”, an das gesetzt wird.
Ich behaupte also, es wird nicht “einfach so” das “um” weggelassen; es wird ein anderer Sinn damit ausgedrückt.
Ihre Kommentare zeigen, dass nicht alle der gleichen Meinung sind. Das ist häufig der Fall, wenn es mehr als eine Ausdrucksmöglichkeit gibt. Gerade bei der Frage, ob eine Infinitivkonstruktion möglich ist, scheiden sich die Geister des Öfteren. Ich verstehe Ihre Einwände, aber wie die untenstehenden Zitate aus verschiedenen Wörterbüchern zeigen,
ist alles daransetzen, um … zu nicht markiert, sondern offenbar ganz üblich;
gibt es keinen großen Bedeutungsunterschied zwischen den beiden Formulierungen (siehe insbesondere die unterschiedlichen Beispielsätze in Duden Rechtschreibung und Duden Universalwörterbuch).
Hier einige Beispielsätze aus Wörterbüchern:
Vielleicht ist das ja auch wieder eine Regiolekt-Geschichte …