Wenn man dem Klischee glauben darf, sind die Deutschen immer ganz präzise und nimmt man es in Österreich und der Schweiz nicht weniger genau. Umso erstaunlicher finde ich es oft, wie ungenau gewisse Regeln und wie unscharf gewisse Unterschiede in der deutschen Sprache gehandhabt werden. Als Muttersprachige haben wir meist keine Ahnung, wie schwierig wir dadurch das Leben für die Deutschlernenden machen!
Frage
Pronominaladverb bei Tieren: Fragt man bei einem Pferd „Worum kümmerst du dich?“ oder „Um wen kümmerst du dich?“?
Antwort
Guten Tag L,
auf diese Frage gibt es keine eindeutige Antwort. Nach der bekannten Grundregel verwendet man standardsprachlich ein Pronominaladverb der Form wo(r)-, wenn man nach Dingen usw. fragt:
Womit schlägst du den Nagel in die Wand.
Wonach riecht es hier?
Worüber lacht ihr?
Worunter haben sie sich versteckt?
Es gilt als umgangssprachlich, hier mit was, nach was, über was, unter was zu verwenden. Nach Personen fragt man hingegen nie mit einem Pronominaladverb, sondern immer mit der entsprechenden Kombination von Präposition und Personalpronomen:
Mit wem fährst du nach Warschau?
Nach wem riecht es hier?
Über wen lacht ihr?
Unter wem arbeiten sie?
Soweit haben wir es mit einer ziemlich klaren Regel zu tun. Wenn es aber um Tiere geht, ist die Lage nicht mehr ganz so eindeutig. Wenn eine Frage sich auf ein Tier bezieht, scheint die Form der Frage nämlich davon abzuhängen, welche Einstellung man zum Tier hat. Wenn das Tier als Aufgabe, als Instrument o. Ä. gesehen wird, steht eher das Pronominaladverb. Wenn das Tier als individuelles Lebewesen gesehen wird, steht eher das Personalpronomen.
Tiere als Aufgabe, um die man sich kümmert:
– Ich kümmere mich um die Hühner.
– Worum kümmerst du dich?
– Er kümmert sich um das Pferd (füttern, Stall ausmisten).
– Worum kümmert er sich?
Tiere als individuelle Lebewesen, um die man sich kümmert:
– Ich kümmere mich um mein preisgekröntes Zwerghuhn.
– Um wen kümmerst du dich?
– Er kümmert sich liebevoll um sein Pferd Fury.
– Um wen kümmert er sich?
Ein weiteres Beispiel:
– Ich spiele mit dem Hamster.
– Womit spielst du?
– Mit wem spielst du?
Bei der ersten Frage (womit?) ist der Hamster ein Spielzeug. Bei der zweiten Frage (mit wem?) ist er ein Spielgefährte.
Es gibt also keine allgemeine Regel dafür, mit welchen Fragewörtern nach Tieren gefragt wird. Dem Hamster wünsche ich übrigens, dass die Frage häufiger mit wem? als womit? lautet.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
Das Ergebnis überrascht mich. Tiere sind Sachen für mich. Das ist keine herzlose Einstellung, sondern gesetzlichen Bestimmungen geschuldet. Personalpronomen klingen daher ziemlich „schräg“ in meinen Ohren.
Mir geht es genauso wie Susa: Wenn ich „Mit wem?“ etc. lese, denke ich an einen Menschen und wenn dann auf die Frage mit „Mit meinem Pferd.“ geantwortet wird, verknotet sich mir das Gehirn. Das mag aber auch daran liegen, dass ich nie ein Haustier hatte und die Personifikation einesselben nicht nachvollziehen kann.
Auch rechtlich sind Tiere keine Sachen:
Auch rechtlich nehmen Tiere also eine Sonderposition ein. Wichtiger ist bei der Grammatik aber sowieso die Einstellung der Sprecher und Sprecherinnen, nicht die juristische Grundlage. Und diese Einstellung kann von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich sein.
Die Antwort mit einem Pferd folgt eher auf die Frage womit. Ich denke bei der Frage mit wem aber an die Antwort mit meinem Pferd Fury. Das Schwierige an der Sache ist, dass bei solchen Beispielen der Kontext fehlt. Situation und Kontext sind aber wichtig. Ohne sie wirken Fragen und Antworten schnell einmal unnatürlich:
Diese Frage erwarte ich nur dann, wenn neben Pferden auch z. B. Esel, Kamele und Yaks als Reittier zur Verfügung stehen. Eine „natürlichere“ Frage in einem Reitstall wäre eher:
Es gibt auch in diesem Bereich mehr als nur zwei Arten, eine Frage zu stellen.
Meine Großeltern hatten früher einen Bauernhof mit vielen Tieren und ich liebte es, meine Sommerferien dort zu verbringen. Seitdem hatte ich immer wieder ein Haustier. Sie essen (oder für die, die eine ganz klare Linie zwischen Mensch und Tier ziehen: fressen) trinken, atmen, bewegen sich…wie kann man da nur von einer Sache sprechen?
Wenn ich nach Hause komme und sehe, wie mein Hund sich freut und mit mir spielen will, könnte ich die ganze Welt umarmen.
Mit tierischen Grüßen
Blanca