Mit „an und zu Weihnachten“ ist nicht der adlige Nachname des Weihnachtsmannes gemeint, sondern eine immer wieder auftauchende Frage, die zu Beginn der Adventszeit auch mich erreicht hat:
Frage
Anlässlich der meisten Festtage rege ich mich über die Formulierung der Radiomoderatoren (u. Ä.) auf, wenn sie zeitnah zum jeweiligen Fest von „an Ostern“, „an Weihnachten“ usw. sprechen. Für mich ist das „an“ eine Ortsbestimmung (an die Wand gestellt und zu Weihnachten wieder in die Stube). Was gibt es von Ihrer Seite dazu für eine Meinung?
Antwort
Sehr geehrter Herr W.,
wenn an immer eine Ortsbestimmung anführte, würde auch mit den folgenden Aussagen etwas nicht stimmen:
am Mittwoch
an einem schönen Sommerabend
an diesem 4. Dezember
Das kann also nicht der Grund sein. Bei an und zu spielt in diesem Fall etwas anderes eine Rolle: Die Zeitangaben an Weihnachten und zu Weihnachten (ebenso Ostern, Pfingsten) sind regional bestimmt. Im Norden und Osten Deutschlands sowie in Österreich ist zu Weihnachten verbreitet. Im Westen und Süden Deutschlands und in der Schweiz heißt es in der Regel an Weihnachten. Daneben gibt es auch noch Menschen, die keine Präposition verwenden. Es gibt im Deutschen mehr als eine Formulierung, von denen auch standardsprachlich keine die „Alleinherrschaft“ beanspruchen kann:
Was machst du zu Weihnachten?
Was machst du an Weihnachten?
Was machst du Weihnachten?
Die genauere geografische Verteilung der Varianten finden Sie im Atlas der deutschen Alltagssprache der Uni Augsburg.
Sie ärgern sich also zu Unrecht über eine falsche Formulierung. Die Radiomoderatoren (u. Ä.), die Sie meinen, kommen einfach aus der „an-Region“, während Sie offensichtlich aus der „zu-Region“ stammen.
Bei Geschenken anlässlich des Weihnachtsfestes verwenden übrigens auch die „an-Sager“ und „an-Sagerinnen“ meistens zu:
jemandem etwas zu Weihnachten schenken
Hier ist nicht der Zeitpunkt gemeint, sondern zu welchem Zweck, zu welchem Anlass das Geschenk gegeben wird.
Wenn Sie also in den nächsten Tagen jemand fragt, was Sie zu oder an Weihnachten tun werden, finden Sie in der Frage einen kleinen Anhaltspunkt, woher der Fragesteller oder die Fragestellerin kommen könnte.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
An Weihnachten gibt es nicht!
An und auch sind Präpositionen, aber alles andere als regionale Geschmacksache. Jedes Jahr vor Weihnachten liefern sich an-Verfechter und zu-Freunde Wortduelle: Heißt es nun an Weihnachten oder zu Weihnachten? Es ist ein Territorialstreit, der tobt, seit an-Verfechter die Feiertage gern auch in zu-Landen verbringen.
Am besten lässt sich ihm mit Logik beikommen. Zu und an sind Präpositionen, also Verhältniswörter. Was haben sie so alles drauf? An gehört zu den neun Wechselpräpositionen, die auf wo? mit dem Dativ reagieren und auf wohin? mit dem Akkusativ: an, auf, hinter, in, neben, über, unter, vor, zwischen. Das Glöckchen zum Beispiel hängt am Weihnachtsbaum (wo?).Wir hängen das Glöckchen an den Weihnachtsbaum (wohin?).Gebrauchen wir diese Präpositionen in einem zeitlichen Bezug, reagieren sie ähnlich: Kurz vor dem Fest (Dativ) gibt es überall viel Gedränge. Heiligabend fällt dieses Jahr auf einen Dienstag (Akkusativ). Am benutzen wir vor Tageszeiten und Wochentagen: am Morgen, am Vormittag, am Mittag, am Nachmittag, am Abend (Ausnahme in der Nacht und in der Früh) und am Montag. Richtig ist daher: am Heiligabend. Weihnachten kommt vom Mittelhochdeutschen ze wihen nahten – in den heiligen Mittwinternächten. Heute steht der Begriff für einen Zeitraum sorgsam gepflegter Traditionen und froher Erwartung. Sprachlich haben wir es also mit Tagen (am Weihnachtstag), einem Abend (am Heiligabend) und insgesamt mit Nächten zu tun, für die ja die Präposition in reserviert ist.
Aus dem Dilemma führt uns die universelle Präposition zu, da sie immer schön
beim Dativ bleibt und bereits vor Ostern, Pfingsten, Jubiläum, Einschulung oder
Hochzeit steht, ohne irgendjemandes Protest zu verursachen: zu Ostern, zu Pfingsten
und damit auch zu Weihnachten. Zu meint die Zeit um das Ereignis oder den Anlass.
Mit dieser sächsisch-norddeutsch-österreichischen Logik schlägt`s das süddeutsche
an in die Flucht.
Quelle: Evelyn Badalian (Sprach-und promovierte Literaturwissenschaftlerin)
Ich habe ihr an ihrem Geburtstag zum Geburtstag gratuliert. Auf ihrer Hochzeit wurde getanzt. Worauf bei der Einschulung zu achten ist. Ganz so eindeutig scheint die Verwendung von zu dann doch wieder nicht zu sein. Ich kann hier jedenfalls keine zwingende Regelmäßigkeit erkennen.
Weiter bleibt der Vorteil der Tatsache, dass zu immer mit dem Dativ steht, völlig unklar. Es kommt öfter vor, dass der Dativ sich nach einer Präposition nicht vom Akkusativ unterscheidet. Man kann bei an Weihnachten nicht sehen, ob Weihnachten im Dativ oder im Akkusativ steht. Das kann man aber bei Gott in an Gott glauben auch nicht erkennen. Der Fall eines Wortes ist in deutschen Sätzen sehr oft nicht an der Oberfläche erkennbar.
Falls Frau Badaljan diese Argumentation wirklich ernst meint, möge sie mir diese Kritik verzeihen: Aus ein paar lose nebeneinandergestellten grammatischen Begriffen ergibt sich noch keine Logik.
Lieber Dr. Bopp,
“an” Weihnachten sagte bei uns bis vor kurzem kein Mensch; ich kenne höchstens “Gans an Rotkohl” ! Auch heißt es in Hamburg uns weiterhin Sonnabend und nicht “Samstag” ! Ich lehne die Dominanz der Bayern im deutschen Sprachgebrauch entschieden ab…
Mit freundlichen Grüßen aus dem Norden
Matthias Peper ( Althumanist und Arzt )
Sehr geehrter Herr Peper,
es ist ja schon Weilchen her, dass ich diesen Blogartikel geschrieben habe. Nachdem ich ihn noch einmal gelesen habe, kann ich feststellen, dass dort wirklich niemand von Ihnen und anderen Norddeutschen verlangt, an Weihnachten zu sagen oder gar das Wort Sonnabend aufzugeben. Ich als An-Weihnachten-Sagender möchten ja nur die Zu-Weihnachten-Sagenden – jedenfalls einige unter Ihnen/ihnen – darauf hinweisen, dass an Weihnachten neben zu Weihnachten nicht »falsch« ist. Weiter möchte ich Sie dezent darauf hinweisen, dass Sie die Umschreibung im Westen und Süden Deutschlands und in der Schweiz nicht mit Bayern gleichsetzen können. Es gibt hier »unten« schon noch ein paar andere Regionen, auch wenn man das von so weit »oben« vielleicht nicht mehr so gut unterscheiden kann.
Alles gute für das neue Jahr!
Stephan Bopp