Mit jemand(em) anderem/anders/anderes

Ich mag es, wenn in der Sprache scheinbar ein heilloses Durcheinander herrscht oder wenn wie in diesem Fall tatsächlich nur wenig Einheit und Regelmäßigkeit zu erkennen ist. Lassen Sie sich nicht durch die Variantenvielfalt verwirren, sondern betrachten Sie es einfach als ein kurioses Formenspiel!

Frage

Wie heißt es richtig?

Wollen Sie mit jemandem anderen sprechen?
Wollen Sie mit jemand anderes sprechen?
Wollen Sie mit jemand anders sprechen?

Antwort

Sehr geehrte Frau S.,

ich habe keine eindeutige, klare Antwort auf Ihre Frage. Es gibt hier nämlich mehr als nur eine standardsprachlich (mehr oder weniger) übliche Formulierung. Es gibt deren sogar erstaunlich viele!

Üblich ist vor allem:

Wollen Sie mit jemand anders sprechen?
Wollen Sie mit jemand anderem sprechen?

Daneben kommt seltener auch die gebeugte Form jemandem vor:

Wollen Sie mit jemandem anders sprechen?
Wollen Sie mit jemandem anderem sprechen?

Das ist aber noch nicht alles. Auch die Form anderes kommt vor. Sie wird im Dativ allerdings nicht von allen als richtig akzeptiert:

Wollen Sie mit jemand anderes sprechen?
Wollen Sie mit jemandem anderes sprechen?

Als nicht richtig gilt allgemein diese letzte Formulierung, in der die schwach gebeugte Form anderen nach jemandem steht:

*Wollen sie mit jemandem anderen sprechen?

Das war aber erst der Dativ. Wie sieht es im Nominativ und im Akkusativ aus? (Den Genitiv können wir hier vernachlässigen, denn er kommt bei dieser Formulierung praktisch nie vor: jemandes anderen Meinung).

Im Nominativ und im Akkusativ steht nach jemand die sächliche Form anderes oder das unveränderliche anders.Vor allem im südlichen deutschen Sprachraum kommen auch die männlichen Formen anderer resp. anderen vor. Die Nominativform wird allerdings nicht von allen als richtig anerkannt. Dann noch dies: Im Akkusativ wird neben der ungebeugten Form jemand seltener auch die gebeugte Form jemanden verwendet. Wer es jetzt noch begreift, ist außergewöhnlich sprachbegabt! Für alle anderen (auch mich selbst) habe ich hier die Formen einmal zusammengestellt:

Jemand anderes sollte mit ihnen reden.
Jemand anders sollte mit ihnen reden.
Jemand anderer sollte mit ihnen reden. (?)

Sie hat mich für jemand anderes gehalten.
Sie hat mich für jemand anders gehalten.
Sie hat mich für jemand anderen gehalten.
Sie hat mich für jemanden anderes gehalten.
Sie hat mich für jemanden anders gehalten.
Sie hat mich für jemanden anderen gehalten.

Dasselbe gilt übrigens auch für ander… nach niemand und wer/wen/wem. Wenn Sie Lust haben, können Sie die „Formenparade“ auch für diese beiden Fälle durchexerzieren. Ich tue das hier nicht, denn ich sehe jetzt schon vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr! Ich überlasse es deshalb gern jemand…

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

PS: Wenn Sie einmal wirklich nicht mehr wissen, wie es heißt, und Sie in Eile sind: anders ist vielleicht nicht in allen Ohren immer die wohlklingendste Wahl, aber immer richtig – außer im Genitiv – aber den braucht  ja doch keine/keiner …

5 Gedanken zu „Mit jemand(em) anderem/anders/anderes“

  1. Was für eine “Schikane”! Ich bin absolut kein Freund von Variantenvielfalt. Am glücklichsten bin ich, wenn es höchstens zwei Formulierungsmöglichkeiten gibt. Zu viele Varianten stressen mich.

    Deutsch ist die fünfte Fremdsprache, die ich jetzt lerne, und für mich definitiv die schwierigste Sprache. Aber zum Glück gibt es Herrn Dr. Bopp, dessen Erklärungen für mich Gold wert sind.

    Schöne Grüße

    Blanca

  2. “Wollen Sie mit jemandem anderem sprechen?”

    Diese doppelte Dativbildung in der Objektsphrase ist unökonomisch und wird bei keiner Kasusbildung von Deutschsprechern verlangt. Sie ist unnötig, grammatisch ineffzient und unschön.

    Schriftsprachlich würde ich auch diese Akkusativbildung “prämieren”:
    “Sie hat mich für jemand anderen gehalten.”

    Im Umgangssprachlichen braucht niemand(en) nachzufragen, wenn der Akkusativ nicht voll ausgeprägt ist. Ich würde es akzeptieren, wenn man sich in meiner Nähe so ver-spricht:
    “Sie hat mich für jemand anders gehalten.”

    Gruß! A.St.R.

  3. Hauptsache, es sagt keiner:
    “Sie hat mich für Thomas Anders gehalten.”

    Das würde ich mir dann doch sehr verbitten.

  4. @ Blanca: Danke.

    @ Antonius Reyntjes: Die doppelte Dativendung “em” ist hier sicher nicht die eleganteste aller Formulierungen, aber möglich ist sie auch anderswo:

    bei gleichem durchschnittlichem Ertrag
    auf großem, sonnigem und ruhigem Grundstück

    @ Michael Kuhlmann: Je geringer der Einsatz von Föhn und Höhensonne, desto kleiner die Chance/Gefahr, dass jemand ander(e)s Sie für diesen Anders hält.

Kommentare sind geschlossen.