Zum Unterschied zwischen der Totale und der Illustrierten

Frage

Ich hätte mal wieder eine Frage, die mir Google leider nicht eindeutig beantworten kann. Es geht um die Totale als Einstellungsgröße beim Film. Beispiel: Die Kamera filmt die Begegnung in einer durchgehenden, statischen Totale(n). In dieser Form scheint kein Konsens zu bestehen, ob ein “n” an die Totale gehängt wird; eine Regel hierzu ist mir leider nicht bekannt.

Antwort

Sehr geehrter Herr B.,

das Wort die Totale als Bezeichnung einer Einstellungsgröße beim Film wird in der Regel wie ein „gewöhnliches“ Substantiv gebeugt. Es heißt also:

die Totale / in einer durchgehenden, statischen Totale

wie zum Beispiel:

die Straße / in einer durchgehenden Straße
die Aufnahme / in einer statischen Aufnahme

Die Beugung in einer … Totalen kommt allerdings auch vor. Das ist nicht einfach dumm und  falsch, sondern wie folgt zu erklären:

Weibliche Substantive, die auf e enden und abgesehen von der Großschreibung mit einem Adjektiv identisch sind, können zwei verschiedenen Beugungsklasse angehören:

Einerseits gibt es mit  -e von einem Adjektiv abgeleiteten Substantive, die wie andere weibliche Substantive gebeugt werden. Zum Beispiel:

die Breite / in der Breite / die Breiten, zwei Breiten
die Ebene / in einer Ebene / die Ebenen, zwei Ebenen
die Kontroverse / in einer Kontroverse / die Kontroversen, zwei Kontroversen
die Zentrale / in einer Zentrale / die Zentralen, zwei Zentralen

Anderseits gibt es substantivierte Adjektive, die auch als Substantive noch wie ein Adjektiv dekliniert werden. Zum Beispiel:

die Illustrierte / in einer Illustrierten / die Illustrierten, zwei Illustrierte
die Krachlederne / in einer Krachledernen / die Krachledernen, zwei Krachlederne

und natürlich viele weibliche Personenbezeichnungen:

die Angestellte / mit einer Angestellten / die Angestellten, zwei Angestellte
die Verdächtige / mit einer Verdächtigen / die Verdächtigen, zwei Verdächtige

Manchmal gibt es beide Beugungen nebeneinander:

das Interesse an der Fremde (an fernen Ländern)
das Interesse an der Fremden (an der fremden Frau)

die Vorteile einer Alternative (einer anderen Lösung)
die Meinung einer Alternativen (einer Frau, die einer Alternativbewegung angehört)

Größere Schwierigkeiten bereitet manchmal eine Gruppe von (meist) Fachwörtern, bei denen der Gebrauch zwischen substantivischer und adjektivischer Beugung schwankt:

a: die Diagonale / mit einer Diagonalen / die Diagonalen, zwei Diagonale
s: die Diagonale / mit einer Diagonale / die Diagonalen, zwei Diagonalen

a: die Parallele / mit einer Parallelen / die Parallelen, zwei Parallele
s: die Parallele / mit einer Parallele / die Parallelen, zwei Parallelen

(Gleiches oder Ähnliches gilt für zum Beispiel: die Horizontale, die Vertikale, die Waagrechte, die Senkrechte, die Variable.)

Es gibt hier also eine gewisse Unsicherheit, weil weibliche Substantive dieser Art zum Teil substantivisch und zum Teil adjektivisch gebeugt werden – und einige sogar nach beiden Deklinationsmustern. Ein Wort wie Totale könnte zu beiden Gruppen gehören, sollte aber (zumindest nach den Angaben in den Wörterbüchern) wie ein Substantiv gebeugt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp