Frage
Ich lektoriere gerade einen Text und bin mit der Frage konfrontiert, ob das J in „die 38-jährige“ (ohne nachfolgendes Substantiv) groß- oder kleingeschrieben wird. Meiner Auffassung nach steht die Zahl 38 einfach als Ersatz für das Wort „Achtunddreißig“, an das ich das „jährige“ schlicht anhängen würde. […]
Antwort
Sehr geehrte Frau S.,
richtig sind hier der Bindestrich und das große J:
die 38-Jährige
Ebenso (wenn mit Ziffern geschrieben):
Ferienlager für 14- bis 18-Jährige
Benimm dich nicht wie ein 7-Jähriger!
Den Bindestrich, den Sie ja auch gesetzt haben, kann ich leicht erklären: Zusammensetzungen mit einer Ziffer werden mit Bindestrich geschrieben (Regel). Bei der Großschreibung des J ist es etwas schwieriger. Im Prinzip gilt, dass man Substantive in Zusammensetzungen mit einem Bindestrich großschreibt (Regel). Wir müssen also davon ausgehen, dass Jährige in der substantivierten Form 38-Jährige als Substantiv gilt und deshalb großgeschrieben wird.
Dass das J in die 38-Jährige großgeschrieben werden muss, kann ich nachvollziehen, aber ich weiß es ehrlich gesagt nicht, weil ich es sofort eindeutig aus den Regeln ableiten kann. Ich weiß es vor allem, weil in Paragraph 40.3 der amtlichen Rechtschreibregelung das Beispiel der 17-Jährige steht und die zur amtlichen Regelung gehörenden Wörterliste beim Stichwort acht angibt: der, die 8-Jährige.
Die genaue Schreibung von die 38-Jährige, der 17-Jährige, die über 100-Jährigen usw. gehört zu den Sachen, die man sich am besten einfach merkt. Wenn Sie trotzdem einmal unsicher sind, schauen Sie einfach in Canoonet nach, zum Beispiel hier oder hier. Und dann gibt es natürlich immer auch die Möglichkeit, keine Ziffern zu verwenden:
die Achtunddreißigjährige
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
An diesen Beitrag möchte ich eine Frage anknüpfen, die ich ohnehin mal stellen wollte. Wie substantiviere ich einen Menschen, der Anfang zwanzig ist? Ist das der Anfangzwanzigjährige? Der Anfang-zwanzig-Jährige? Falsch erscheint mir jedenfalls der “Anfang Zwanzigjährige”.
Beste Grüße!
Wenn Sie diese Formulierung verwenden und aufschreiben möchten, schreiben Sie am besten:
Hier erhält Anfang die Funktion einer adverbialen Bestimmung. Vgl.
Zu erwägen wäre hier vielleicht eher die Formulierung:
wie
Bei ‘über’ und ‘unter’ tendiere ich wie bei ‘Anfang-‘, ‘Mitt-‘ und ‘End-‘ zur Zusammenschreibung bzw. Durchkopplung, vgl. Ü30-Party’, ‘Uhus’ (Altersklasse der ‘Unterhundertjährigen’ / ‘Unter-100-Jährigen’). Das Problem ähnelt der ‘schwarzen Johannisbeerenmarmelade’.
Die Großschreibung nach Bindestrich finde ich ziemlich einleuchtend und konsequent, ‘Achtunddreißig-Jährige’, allerdings handelt es sich hier nicht um ein Kompositum dessen rechter Teil isoliert vorkommen könnte; selbst nicht substantiviert kommt das Adjektiv ‘jährig’ nur gebunden vor, verhält sich als ganzes also eher wie ein Derivationsmorphem, für das man eher ‘-ig’ in Verdacht hätte.
Ich muss hier leider widersprechen. Als korrekt gilt (siehe z.B. Duden, »Gutes und richtiges Deutsch«, und hier):
Das Wort über wird hier adverbial verwendet und wird wie andere Adverbialbestimmungen behandelt:
Abkürzungen wie Ü30-Party und Uhus sind übrigens kein gutes Argument für Getrennt- oder Zusammenschreibung. Schließlich schreiben wir auch nicht undsoweiter oder Bayerischemotorenwerke (usw., BMW).
Ihre »Erklärung« für die Großschreibung des J sehe ich als Bestätigung dafür, dass die Großschreibung zwar nachvollziehbar, aber nicht auf Anhieb über Regeln erklärbar ist.
“Die über Dreißigjährigen” erscheint mir nicht sinnvoll, selbst wenn es so im genannten Duden-Band steht.
Generell sehe ich – ohne Ihnen zu nahe treten zu wollen – es kritisch an, solche Ratgeber als Referenz zu nutzen. Nach der Rechtschreibreform und den damit verbundenen Fall des Duden-Privilegs ist doch eigentlich nur noch verbindlich, was im amtlichen Regelwerk steht. Alles, was in anderer Literatur zu finden ist, kann demnach ja nur als Interpretation eines Einzelnen (oder einer einzelnen Redaktion) angesehen werden. So sehe ich das zumindest.
Aber zurück zum Thema: “über” und “unter” sind meines Erachtens nur schwer auf eine Stufe zu stellen mit “kaum”, “bereits” und v.a. “damals”.
Ich kann es leider nur schwer erklären, ganz besonders nicht in linguistischer Terminologie, aber meiner Meinung nach reicht der Skpous (falls der Terminus hier passt) bei “unter” und “über” nicht weit genug: beide beziehen sich nur auf den Zahlenwert, also “dreißig”, nicht aber auf die Person, also die “-Jährigen”.
Ich würde das Ganze als Zusammenbildung sehen und folgendermaßen paraphrasieren: “Entitäten (/Personen), die über dreißig Jahre alt sind” / “Über dreißig Jahre alte Personon”.
Ich hoffe, etwas nachvollziehbarer wird meine Ansicht an folgendem Beispiel:
“die damals Minderjährige” – “sie war damals minderjährig”
* “die über Dreißigjährige” – * “sie war damals über dreißigjährig” / besser: “sie war damals über dreißig (Jahre alt)”
Ich gebe gern zu, dass z.B. die bereits angeführten “kaum” und “bereits” hier Probleme bereiten. Es wäre nachzuprüfen, inwieweit folgende Konstruktionen von der Sprechergemeinschaft als grammatisch empfunden würden:
? “sie ist bereits dreißigjährig”
? “sie ist kaum dreißigjährig”
MfG
So sehe ich das auch. Genau deshalb erwähne ich nicht nur den in Canoonet vertretenen Standpunkt, sondern auch die Meinung einer anderen Instanz, die sich mit Rechtschreibung beschäftigt. Mir der Erwähnung des Dudens soll gesagt werden, dass nicht nur Canoonet zu diesem Schluss gekommen ist.
Zurück zu den über Dreißigjährigen. Das Problem ist tatsächlich der Skopus, d.h. der Bereich, auf den über sich bezieht. Dieses Problem stellt sich aber nicht nur bei der Substantivierung, sondern genauso, wenn über vor dem Adjektiv steht:
Nur wenn Sie bei adjektivischen Formulierung dieser Art für die Zusammenschreibung plädieren, ist sie auch bei der Substantivierung notwendig. Tun Sie dies nicht, ist auch bei den Substantiviereungen nur die Getrenntschreibung gerechtfertigt:
Man könnte in all diesen Fällen argumentieren, dass sich kaum, erst und über nur auf die Zahl beziehen und die Zusammenschreibung fordern. Mann müsste dies dann aber nicht nur bei der Substantivierung, sondern wie oben bereits gesagt auch bei den Adjektivgruppen tun.