Wenn Sie sich über Ausdrücke wie La-Ola-Welle und Salsasauce wundern oder gar ärgern, können Sie wahrscheinlich spanisch. Wenn Sie sich fragen, was an diesen Wörtern nicht stimmen könnte: Es sind Tautologien oder Pleonasmen, das heißt Ausdrücke, die zweimal dasselbe ausdrücken (ola = sp. für Welle, salsa = sp. für Sauce). Solches „doppelt Gemoppelte“ gibt es immer wieder, manchmal aus Unkenntnis eines (Fremd)-Wortes, manchmal bewusst zur Erzeugung eines bestimmten Effektes und manchmal auch einfach, weil es praktischer und verständlicher ist.
Solche tautologischen oder pleonastischen Ausdrücke werden oft sehr kritisch beurteilt. Was ist aber so falsch an La-Ola-Welle, wenn kein Mensch weiß, was la ola bedeutet? Und Salsa mag dann im Spanischen einfach Sauce bedeuten, in der deutschsprachigen Küche und Gastronomie wird damit in der Regel eine bestimmte mexikanische Zubereitungsart mit Chili, Tomaten, Zwiebeln und anderen Zutaten bezeichnet. So hat man dann am Grillfest die Wahl zwischen Barbecue-, Knoblauch- und Salsasauce. Es gibt schließlich auch den lateinamerikanischen Tanz mit dem Namen Salsa, und den meinen wir ja nicht, wenn wir Sauce neben das Gegrillte auf den Teller schöpfen.
Ich will nun nicht alle Tautologien, Pleonasmen und Redundanzen verteidigen. Auch ich finde, dass man nicht bereits schon sagen, sondern sich für eines der beiden Wörter entscheiden sollte. Ich meine nur, dass Doppelungen häufig nicht einfach falsch oder überflüssig sind. Manchmal geht es um die Erzeugung eines komischen Effekts (Nur über meine tote Leiche!), manchmal um Verdeutlichung (Im Land der Zwerge ist ein kleiner Zwerg kleiner als ein großer) und manchmal sind sie praktischer und verständlicher als die einfache Formulierung (HIV-Viren statt „korrekt“ HI-Viren oder HIVs). Im Umgang mit solchen Ausdrücken und Wendungen braucht man keine Liste mit „richtig“ und „falsch“, sondern ein bisschen Fingerspitzengefühl.
Tautologien sind übrigens nichts Neues. Ein schönes Beispiel ist das Wort Diebstahl. Es war mir nie aufgefallen, bis ein Kalenderblatt mich kürzlich darauf hingewiesen hat. Es hieß schon im Mittelhochdeutschen diupstāle, diepstāl. Der erste Teil ist mit dem heutigen Dieb verwandt und bedeutete Diebstahl, Gestohlenes. Der zweite Teil ist natürlich mit stehlen verwandt und bedeutete auch Stehlen. Diebstahl ist also eigentlich gestohlenes Diebesgut – doppelt Gemoppeltes vom Feinsten!
Vielleicht geschieht mit Salsasauce einmal dasselbe wie mit Diebstahl: Das Wort wird als eigenes Wort lexikalisiert und fällt niemandem mehr als Tautologie auf. Vielleicht gerät die Sauce aber auch einfach wieder in Vergessenheit. Saucen unterliegen Trends und Moden, Diebstähle wird es wohl immer geben.
Amüsant finde ich die von Kollegen gebrauchte Wendung „Das ist der Worst-Case-Fall!“ 🙂
Danke für das schöne Beispiel! Es zeigt auch, dass das Deutsche selbst dem Englischen gegenüber ziemlich zählebig ist. Worst Case klingt gut, modern und up to date, aber damit es so richtig schön deutlich und verständlich ist, gehört einfach noch ein Fall dahinter! Trotzdem ist Worst-Case-Fall in seriöseren Texten nicht sehr empfehlenswert.
Der vor Jahren häufigst Ausdruck „Super-Gau“ ist der mir bekannteste, „superste“ Pleonasmus im menetekelhaften Scheck, pardon: Schreck-Journalismus..
Hallo Dr. Bopp!
„Gestohlenes Diebesgut“ muss nicht unbedingt eine doppelt gemoppelte Angelegenheit sein. Gab es nicht mehrere Filmkomödien darüber 😉
Am schönsten können das die Elsässer: Deren Nationalfeiertag ist der vierzehnte quatorzejuillet.
Schon häufig gehört:
Kannst Du mir mal nen Entwurf draften?
Auch andersrum:
Ich hab hier grad mal nen Draft entworfen…
Ist bei Abkürzungen auch recht häufig: ABS-System etc.
Schon mal im Hardtwald gewesen? :
@Antonius R.:
Auch wenn er so aussieht ist der Super-GAU eigentlich kein Pleonasmus, denn das Super ist hier nicht im übertragenen Sinne als „groß“ oder „besonders“ gemeint sondern im ursprünglichen Wortsinn als „über“. Ein GAU ist der größte Unfall den man beim Entwurf des Sicherheitssystems annehmen musste bzw. angenommen hat. Bei einem GAU ist es also „gerade noch mal gut gegangen“ und erst beim Super-GAU haben wir wirklich ein Problem. Ein anderes Wort für Super-GAU bei dem die Bedeutung des „Super“ klarer wird ist übrigens der „auslegungsÜBERschreitende Störfall“.
… und gerade fällt mir noch aujourd’hui ein, was, wenn ich mich nicht irre, etymologisierend übersetzt soviel hieße wie „am Tag von diesem Tag“.
@ Wir
Oh, der GAU, also der Normal-GAU, ist der schwerste Auslegungsstörfall. – Dolle Planbarkeit von Störfälligkeit. Wie oder wo oder warum endet dann dort der „normale“ GAU?
Ich lese zwar solcherlei GAUdium bei Wiki und schon oder auch im DUDEN.
Da nie der geplante oder planbare oder zum Planen gehoffte GAU eintreten kann – wie soll dieses Maximum definiert sein – muss man entweder immer vom SUPER- oder Super-GAU reden – oder nie vom GAU.
Da hat die Atomwirtschaft sich was er- oder geGAUnert! Und GAUdeters GlAUben es.
@ Rolf
Das französische Wort für heute ist tatsächlich eine (historische) Tautologie: Das hui in aujourd’hui kommt von lateinisch hodie (heute), das eine Verschmelzung von „ho(c) die“ (an diesem Tag) ist. Der Zusatz au jour de (am Tag von) trat später hinzu. Man kann heute sogar gelegentlich au jour d’aujourd’hui hören, wenn am heutigen Tag (auch ziemlich tautologisch) gemeint ist. Das ist dann schon dreimal Tag in einem Ausdruck.
@Antonius R.
Was Sie hier eigentlich „diskutieren“, ist nicht, ob Super-Gau tautologisch ist. Sie stellen vielmehr allgemein das Konzept GAU und dessen Verwendung in der Atomwirtschaft in Frage. Diese Frage ist zweifellos diskussionswürdig, allerdings ist dieser Blog nicht die geeignete Stelle dafür.
Davon abgesehen (sofern Sie dies zugestehen): Ein Super-Gau tritt sehr einfach gesagt dann ein, wenn das geschieht, was sich niemand vorstellen konnte – oder wollte. Und in der Umgangssprache ist Super- in Supergau eine Verstärkung, die mit aller- in allergrößte verglichen werden kann.
Wenn ich mich nicht täusche, ist „klammheimlich“ auch eine solche Tautologie: clam (lat.) = heimlich. Netter Artikel!