Frage
Meine Schüler haben mich gefragt, wie man mit Titeln umgeht, und zwar:
Das Ende des Fausts, des Faust, des „Faust“ oder von Faust?
In „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“ oder in den „Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“?
In „Die Buddenbrooks“ oder in den „Buddenbrooks“?
In „Die Verwandlung“ oder in der „Verwandlung“?
usw.
Antwort
Sehr geehrte Frau T.,
Werktitel sind im Deutschen nicht „unantastbar“. Im Prinzip werden sie innerhalb eines durchlaufenden Textes gleich behandelt wie „normale“ Wortgruppen:
das Ende von „Faust“
in den „Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“
aus den „Buddenbrooks“
in der „Verwandlung“
in Kafkas „Verwandlung“
der Autor des „Steppenwolfs“
mit der „Unendlichen Geschichte“ von Michael Ende
mit Michael Endes „Unendlicher Geschichte“
Sieh auch hier.
Häufig kommt heute aber auch die unveränderte Übernahme des Titels vor. Dann sollte man unbedingt Anführungszeichen (oder Kursivdruck) verwenden:
in „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“
aus „Die Buddenbrooks“
in „Die Verwandlung“
in Kafkas „Die Verwandlung“
der Autor von „Der Steppenwolf“
mit „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende
mit Michael Endes „Die Unendliche Geschichte“
Wenn man den Titel nicht verändern möchte, ist es allerdings stilistisch häufig besser, zum Beispiel die Art des Werkes einzufügen:
im Roman „Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge“
aus Manns Werk „Die Buddenbrooks“
in der Erzählung „Die Verwandlung“
der Autor des Romans „Der Steppenwolf“
mit Michael Endes Jugendbuch „Die unendliche Geschichte“
Es gibt hier also wieder einmal mehr als eine Möglichkeit. Anders als viele meinen, darf und sollte man Werktitel u. Ä. in einem Text so abändern, dass sie in die Struktur des Satzes passen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
“Anders als viele meinen, darf und sollte man Werktitel u. Ä. in einem Text so abändern, dass sie in die Struktur des Satzes passen.”
Kann es sein, dass sich hier gerade das Sprachgefühl ändert? Ich habe den Eindruck, dass man nicht flektierte Formen häufiger hört. “Diese Sendung wurde Ihnen präsentiert von Bitburger und das Erste” misstönt mir noch im Ohr. Oder die Frage einer jungen Frau in Goslar, “Können Sie mir sagen, wie ich zum Breiter Weg komme”.
Es kann sogar sehr gut sein, dass sich hier das Sprachempfinden ändert. Diesen Eindruck habe ich auch und deshalb schrieb ich:
Um dies mit Gewissheit sagen zu können, müssten allerdings größere Mengen von Texten verschiedenen Alters unter diesem Gesichtspunkt untersucht werden.
Bei Ortsangaben des Typs Breiter Weg gilt weiter, dass es regionale Unterschiede geben kann. Ein bekannteres Beispiel ist, dass man in Köln offenbar nicht vom Alten Markt, sondern vom Alter Markt spricht.
Und was empfehlen Sie im Umgang mit fremdsprachlichen Titeln? Zum Beispiel im Fall dieser Haydn-Oper:
“Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts kommt es wieder zu einer Aufführung der ‘L’isola disabitata’.” – Dies finde ich zumindest nicht besonders elegant. Wenn ich nun das Gattungswort “Oper” vermeiden möchte (weil es im Text schon allzu oft erscheint), würde ich vorziehen:
“Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts kommt es wieder zu einer Aufführung der ‘Isola disabitata’.” Wäre das akzeptabel?
Für mich sieht das ganz akzeptabel aus. Man muss allerdings davon ausgehen können, dass die Leserschaft so viel über die italienischen Sprache weiß, dass das weggelassene L mit Apostroph für den Artikel steht. Das sollte normalerweise der Fall sein. Eine andere Variante wäre die unter Genitivfans verpönte Formulierung mit von:
Oder wie wär es hiermit: