Noch einmal: Es wäre schön, wenn der Traum erfüllt …

Häufig ruft eine Frage eine weitere auf. Deshalb heute gleich noch einmal das Thema des Traumes, der hoffentlich in Erfüllung geht: Es wäre schön, wenn dieser Traum erfüllt wird(?).

Frage

Meine Frage schließt an die an, in der gefragt wurde, ob es heißt: „Es wäre schön, wenn dieser Traum erfüllt würde.“ Immer öfter hört und liest man, dass geschrieben und gesagt wird: „Es wäre schön, wenn dieser Traum erfüllt wird“, also in einer anderen Form. Was ist richtig?

Antwort

Sehr geehrte Frau R.,

es ist standardsprachlich üblich, in Konstruktionen dieser Art (d. h. in irrealen Bedingungsätzen) in beiden Teilsätzen den Konjunktiv zu verwenden:

Es wäre schön, wenn du auch kommen würdest.
Es wäre schön, wenn wir alle fliegen könnten.

Nun ist es aber tatsächlich so, dass man im wenn-Satz manchmal auch dem Indikativ begegnet:

Es wäre schön, wenn du auch kommst.
Es wäre schön, wenn ihr uns beim Aufräumen helft.
(statt standardsprachlich:
Es wäre schön, wenn du auch kämest / kommen würdest.
Es wäre schön, wenn ihr uns beim Aufräumen helfen würdet.)

Diese Art der Formulierung im Indikativ ist eher als umgangssprachlich anzusehen. Sie kommt dann vor, wenn etwas ausgedrückt wird, das tatsächlich möglich und wahrscheinlich ist: Die Möglichkeit, dass du kommst, besteht. Man hält es für realistisch, dass beim Aufräumen geholfen wird.

Der Indikativ erscheint aber auch in der Umgangssprache kaum, wenn etwas Unmögliches oder Unwahrscheinliches ausgedrückt wird:

nicht: *Es wäre schön, wenn wir alle fliegen können.
nicht: *Es wäre schön, wenn ich dann Urlaub habe, aber das ist leider nicht so.

Während also standardsprachlich kein Unterschied zwischen wahrscheinlichen und unwahrscheinlichen Sachverhalten gemacht wird, kann dieser Unterschied umgangssprachlich durch die Verwendung des Konjunktivs resp. Indikativs aufgedrückt werden:

Umgangssprachlich:
a) Es wäre schön, wenn dieser Traum erfüllt wird.
b) Es wäre schön, wenn dieser Traum erfüllt würde.

In Satz a) wird die Erfüllung des Traumes für möglich gehalten. In Satz b) hingegen kann die Erfüllung auch unmöglich oder unwahrscheinlich sein.

Standardsprachlich in beiden Fällen:
a), b) Es wäre schön, wenn dieser Traum erfüllt würde.

Meine Antwort ist etwas lang ausgefallen; deshalb zusammenfassend hier noch eine kurze Antwort auf Ihre Frage: In korrektem Standarddeutsch gilt nur die Formulierung mit dem Konjunktiv in beiden Teilsätzen als richtig. Die mehr umgangssprachliche Verwendung des Indikativs im wenn-Satz ist aber nicht einfach nur ein unerklärlicher dummer Fehler, sondern sie folgt einer eigenen Regel und Präzisierungsmöglichkeit, die die Standardsprache (noch?) nicht kennt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

PS: Diese Befindungen basieren nur auf meinen eigenen Beobachtungen. Als wissenschaftlich fundierte Aussagen können sie deshalb nicht gelten. Es wäre inbesondere zu prüfen, ob es regionale und textsortengebundene Unterschiede bei der Verwendung des Indikativs im wenn-Satz gibt und ob und wie sich dieses Phänomen im Laufe der Zeit entwickelt hat.