Keine Angst, ich werde keine gesellschaftskritische Kolumne beginnen! Es geht auch hier um Grammatik: Ein nicht mehr ganz taufrisches Zitat wirft Kongruenzfragen auf.
Frage
„Wann genau ist aus Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll eigentlich Veganismus, Laktoseintoleranz und Helene Fischer geworden?“ Muss es nicht „sind“ heißen?
Antwort
Sehr geehrte Frau D.,
die Einzahl ist ist hier richtig. Wenn mit und verbundene Subjektteile als eine Einheit aufgefasst werden, kann das Verb entgegen der Grundregel auch in der Einzahl stehen (vgl. hier). Häufig stehen die Substantive dann wie hier ohne Artikel.
Das Subjekt ist hier „Veganismus, Laktoseintoleranz und Helene Fischer“. Es wird mit „Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll“ in Verbindung gebracht und wie dieses als ein Motto oder eine Lebenseinstellung aufgefasst:
„Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll“ war das Motto. Heute ist das Motto „Veganismus, Laktoseintoleranz und Helene Fischer“.
→
Wann genau ist aus Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll eigentlich Veganismus, Laktoseintoleranz und Helene Fischer geworden?
Die Mehrzahl sind ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen, ich fände sie hier aber stilistisch weniger gut. Ähnliche Formulierungen:
Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit war die Losung der Französischen Revolution.
Brot und Spiele funktioniert auch heute noch.
Jung und Alt kann hiervon profitieren.
Und wenn Sie sich immer noch nicht ganz mit der Einzahl anfreunden können, helfen in Ihrem Beispiel vielleicht Anführungszeichen dabei, das ist etwas leichter verdaulich zu machen:
Wann genau ist aus „Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll“ eigentlich „Veganismus, Laktoseintoleranz und Helene Fischer“ geworden?
Die Antwort auf diese Frage muss ich Ihnen übrigens schuldig bleiben. Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll war nie mein Lebensmotto und andererseits esse ich Fleisch, vertrage ich zum Glück Milch und bin ich, wenn ich wählen kann, doch eher für Rock ’n’ Roll als Helene Fischers Schlager.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
Marmor, Stein und Eisen bricht 🙂
Die Empfehlung mit den Anführungszeichen meinen Sie doch nicht ernst. Sie sind vollkommen falsch. Anführungszeichen können keine Wörter zusammenschweißen, so wie Sie das hier andeuten. Die Wortgruppen innerhalb der Anführungszeichen sind normale Dinge und müssen nicht auf die Ebene der Zeichen gehoben werden.
Doch, doch, Thomas, die Anführungszeichen meine ich tatsächlich ernst. Sie sind auch keineswegs vollkommen falsch. Man kann Anführungszeichen verwenden, um einzelne Wörter, Buchtitel, Mottos usw. anzuführen. In diesem Fall können sie hervorheben, dass ein Motto oder eine Lebenseinstellung angeführt wird.
Durch die Verwendung der Anführungszeichen in b) wird etwas deutlicher als in c) angezeigt, dass es sich bei den drei Begriffen jeweils um ein Motto handelt. Das ist alles, was die Anführungszeichen hier leisten.
Die Anführungszeichen schweißen keine Wörter zusammen. Sie können einfach anzeigen, dass etwas angeführt wird, das zusammengehört:
Wenn man hier die Frage nach den Anführungszeichen aufwirft, müsste sie eher lauten, ob man sie überhaupt weglassen darf. (Antwort: Man darf, wenn das Angeführte sehr bekannt ist oder wenn eindeutig klar ist, dass es sich um einen Titel o. Ä. handelt.)
a) ist nicht analog zu b), in a) sind die Phrasen die Namen der Mottos. Genauso in Ihren Beispielen weiter unten. Ihre These zur Funktion von Anführungszeichen ist nicht haltbar. Man schreibt nicht: “Mein Name ist ‘Hans Peter’.” Oder: “Sie arbeitet in ‘Frankfurt am Main’.”
Wenn ich Sie richtig verstehe, meinen Sie, ich vertrete die These, dass Anführungszeichen dazu dienten, etwas zusammenzufassen. Das ist nicht so – in doppeltem Sinne: Ich vertrete diese These nicht und Anführungszeichen haben tatsächlich nicht diese Funktion. Ich meine etwas anderes, nämlich dass man u. a. Mottos in Anführungszeichen setzen kann (ob sie nun aus einem oder aus mehreren Wörtern bestehen). Diese Tatsache kann dabei helfen, zu verstehen, warum das Verb im Satz, um den es hier geht, im Singular steht: Es werden nicht drei aufgezählte Einzelbegriffe mit drei anderen Einzelbegriffen in Verbindung gesetzt, sondern es wird ein Motto mit einem Motto in Verbindung gebracht. Die Anführungszeichen machen nicht das Motto, sie geben nur an, dass es sich um ein solches handelt. Und weil aus dem Kontext ersichtlich ist, dass es um Mottos geht, kann man die Anführungszeichen wie im Satz der Fragestellerin auch weglassen.
Ja, die dt. Sprache ist schön – besonders, wenn manche Wörter in Anführungszeichen
gesetzt sind! “Wasser” predigen und “Wein” trinken ist das Motto mancher Prediger.
Auch hier bleibt das Motto im Singular, obwohl Wasser + Wein auch als Plural aufgefasst
werden kann und darf – jedoch bleibt das Motto begrifflich singulär. Herr Dr. Bopp hat
in seinen mannigfachen Begründungen immer die richtige Aussage….
Thomas verwechselt die ureigene Funktion der Anführungszeichen. Ich meine
den “Thomas im Blog” und nicht den “Thomas von Aquin”. Vielleicht arbeitet der
Thomas ja in Frankfurt, aber bestimmt nicht in der “Deutschen Philologen-Kammer”…!