Groß oder klein: mit Essen/essen beschäftig?

Es gibt immer wieder Fragen zur Großschreibung von Infinitiven. Das Prinzip ist einfach: Man schreibt substantivierte Infinitive groß (siehe hier). Die Praxis ist widerspenstiger: Wann ist ein Infinitiv substantiviert? Einfach ist es, wenn er mit einem Artikel(wort) oder einem Adjektiv steht: das Lesen, beim Essen, dein Schweigen, bequemes Sitzen. Es gibt aber auch allein stehende substantivierte Infinitive. Im Folgenden sollen nicht alle Fälle behandelt werden, sondern nur ein Fall, beim dem es fast so einfach ist wie mit dem Artikel: von einer Präposition abhängige Infinitive.

Frage

Ich bin unsicher bzgl. der Substantivierung von Infinitiven, wenn kein Artikel vorliegt. Laut Duden ist z. B. sowohl „kochen lernen“ als auch „Kochen lernen“ richtig (siehe ja auch hier). […] Wie sieht es aus bei „Er war mit essen/Essen beschäftigt“?

Antwort

Sehr geehrte Frau S.,

wenn ein Infinitiv von einer fallbestimmenden Präposition abhängig ist, gilt er als substantiviert und wird großgeschrieben. In Ihrem Beispielsatz ist der Infinitiv von der Präposition mit abhängig. Sie sollten ihn also großschreiben:

Sie ist mit Essen beschäftig.

Infinitive werden auch nach anderen Präpositionen großgeschrieben. Zum Beispiel:

Ich interessiere mich sehr für Kochen und Backen.
Sie hielten sich den Bauch vor Lachen.
Wir schwebten zwischen Hoffen und Bangen.
Tod durch Ersticken

Nach den Angaben der Rechtschreibregelung § 57 erkennt man substantivierte Wörter „an ihrer Funktion als kasusbestimmtes Satzglied oder kasusbestimmtes Attribut“. Nun ist ein Infinitiv, der von einer Präposition abhängig ist, nicht gerade der klassische Fall eines Attributs, aber er ist auf jeden Fall durch die Präposition „kasusbestimmt“ und kann somit als substantiviert angesehen werden.

Abgesehen vielleicht von der Erklärung ist es diesem Fall ausnahmsweise einmal ganz einfach: Wenn ein Infinitiv von einer Präposition abhängig ist, schreibt man ihn groß. Wenn man das einmal weiß, kommt man hier also ganz ohne Sinnen und Seufzen aus.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp