Frage
Laut Duden stammen „der Mut“, „die Anmut“ und „die Demut“ alle vom mittelhochdeutschen, althochdeutschen „muot“. Normalerweise würde ich denken, dass das Genus gleich sein muss, wie bei anderen komplexen Nomen üblich ist. Warum hier nicht.
Antwort
Sehr geehrter Herr D.,
im Prinzip haben präfigierte und zusammengesetzte Nomen das gleiche Geschlecht wie das (rechte) Basiswort.
der Eierlöffel wie der Löffel
die Astgabel wie die Gabel
das Hackmesser wie das Messer
der Unterteller wie der Teller
So ist das im Prinzip auch bei Wortbildungen, in denen Mut am Schluss steht:
der Edelmut, der Hochmut, der Lebensmut, der Löwenmut, der Opfermut, der Heldenmut, der Todesmut, der Übermut, der Wagemut, der Wankelmut wie der Mut
Bei die Anmut und die Demut ist dem aber tatsächlich nicht so. Das lässt sich teilweise dadurch erklären, dass diese beiden Wörter keine direkten Ableitungen von Mut sind, auch wenn sie auf den ersten Blick so aussehen.
Demut ist eine weibliche Abstraktbildung zu einem alten Adjektiv, das die Bedeutung demütig hatte. Sehr vereinfachend ausgedrückt ging die Ableitung also so vor sich: Mut → demütig → Demut.
Die genaue Herkunft von Anmut ist ungeklärt. Es wird vermutet, dass es eine Rückbildung zu anmutig ist, das wiederum von anmuten kommt. Auch hier eine vereinfachende Darstellung der Ableitungsgeschichte: Mut → anmuten → anmutig → Anmut.
Wie man sieht, ist die Ableitungsgeschichte hier nicht ganz so gradlinig, wie man es der Form der Wörter nach vermuten würde. Damit lässt sich der Unterschied beim Wortgeschlecht teilweise erklären – jedenfalls besser als mit der manchmal nicht einmal humoristisch gemeinten hobbywortgeschichtlichen Feststellung, Mut sei eine männliche Eigenschaft und Anmut und Demut seien weibliche Tugenden. Was müsste man dann von der Unverstand und die Intelligenz halten?
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
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Die entsprechenden etymologischen Angaben finden Sie unter anderem im DWDS, jeweils unter dem Abschnitt „Etymologie“: