Ich hoffe, dass Sie nicht allzu lange auf eine Antwort warten mussten, obwohl ich, statt nördlich der Alpen dem November zu trotzen, im Süden Portugals noch einige schöne Sonnentage genossen habe. Anders gesagt: Ich war ein paar Tage in der Algarve und hoffe, dass Sie trotzdem nicht allzu lange auf eine Antwort warten mussten. Im November kommt bei mir nämlich häufiger der Gedanke auf, in wärmere Gefilde auszuwandern. Doch darum soll’s nicht gehen, sondern um obwohl und trotzdem, ein altbekanntes Wortpaar, das aber immer wieder zu Fragen Anlass gibt.
Frage
Gibt es Regeln zu „trotzdem“ und „obwohl“, die besagen, in welchen Fällen nur das eine und in welchen Fällen nur das andere Wort zu verwenden ist?
Antwort
Sehr geehrte Frau B.,
das Wort trotzdem kommt im Deutschen mit zwei verschiedenen Funktionen vor. Unbestritten ist seine Verwendung als Adverb. Es hat dann ungefähr die gleiche Bedeutung wie dennoch und wird auch so verwendet:
- Ich habe Lust wegzugehen, trotzdem (dennoch) bleibe ich heute zu Hause.
- Wir hatten die Waren bereits bezahlt, aber sie wurden trotzdem (dennoch) nicht geliefert.
Im ersten Satz sieht man, dass trotzdem als Adverb an erster Stelle stehen kann und dann – wie es sich in einem Hauptsatz gehört – das Verb an zweiter Stelle folgt.
Häufig begegnet man trotzdem auch als underordnender Konjunktion mit der gleichen Bedeutung und Verwendung wie obwohl. Diese Verwendung von trotzdem ist umstritten:
- Trotzdem (obwohl) ich Lust habe wegzugehen, bleibe ich heute zu Hause.
- Die Waren wurden nicht geliefert, trotzdem (obwohl) wir sie bereits bezahlt hatten.
Hier leitet trotzdem einen Nebensatz ein, was man unter anderem an der Stellung der gebeugten Verbform ganz am Schluss gut sehen kann.
Die unterordnende Konjunktion scheint dadurch entstanden zu sein, dass trotzdem langsam vom Hauptsatz in den Nebensatz gerutscht ist:
… aber trotz dem, dass wir bezahlt hatten, wurde nichts geliefert.
Trotzdem dass wir bezahlt hatten, wurde nichts geliefert.
Trotzdem wir bezahlt hatten, wurde nichts geliefert.
Obwohl diese Verwendung schon seit dem 19. Jahrhundert und auch in literarischen Texten vorkommt, halten viele sie (noch?) für umgangssprachlich.
„Regel“: Wenn Sie Kritik vermeiden möchten, verwenden Sie trotzdem nur dann, wenn es durch dennoch ersetzt werden kann (Sätzen 1 und 2). Wenn trotzdem einfach durch obwohl ersetzt werden kann, verwenden Sie es besser nicht (Sätze 3 und 4).
Wenn Ihnen aber Kritik hier nicht so wichtig ist, verwenden Sie trotzdem dennoch wie obwohl, obwohl oder eben trotzdem strenge Sprachhüter und weniger nachsichtige Grammatikerinnen dies für umgangssprachlich halten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp