Wie man Tschechische Republik, Deutsche Bank und Alte Post beugt

Wenn man nicht darüber nachdenkt, geht es eigentlich immer gut. Nur wenn es beim Schreiben einmal ganz genau stimmen soll, kommen immer wieder einige ins Zweifeln: die Beugung des Adjektivs in mehrteiligen Eigennamen. 

Frage

Werden zu einem mehrteiligen Namen gehörende Adjektive dekliniert? Zum Beispiel „Rote Armeefraktion“: Heißt es „Teile der sogenannten Rote Armee Fraktion“ oder „Teile der sogenannten Roten Armee Fraktion“?

Antwort

Sehr geehrte Frau L.,

mehrteilige Eigennamen werden grundsätzlich gleich gebeugt wie „gewöhnliche“ Wortgruppen. Das gilt nicht nur für die gesprochene, sondern auch für die geschriebene Sprache. Sie sagen und schreiben also:

Siehe Nachtrag unten
[[die Rote Armeefraktion

der Roten Armeefraktion
Teile der sogenannten Roten Armeefraktion]]

Es ist ganz einfach. Hier trotzdem noch einige mehr oder weniger bekannte Beispiele, die dieses Prinzip veranschaulichen sollen:

die Tschechische Republik
Er wohnt in der Tschechischen Republik

das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK)
Sie arbeitet beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz
Der Hauptsitz des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz ist in Genf

Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)
eine Sendung des Zweiten Deutschen Fernsehens

Deutsche Bank
die Direktion der Deutschen Bank

das Gasthaus Alte Post
Wir treffen uns heute Abend in der Alten Post

der Filmpreis Goldener Bär
Der Film hat den Goldenen Bären gewonnen

Eigennamen, selbst Firmen- und Markennamen, sind also nicht „unberührbar“. Wenn sie wie eine gewöhnliche Wortgruppe aufgebaut sind, dürfen sie auch so behandelt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

NACHTRAG:

Jan Schreiber hat mich in seinem Kommentar auf einen Fehler hingewiesen: Die Rote Armeefraktion ist keine Armeefraktion, die rot ist, und wird auch nicht so geschrieben. Es ist eine Fraktion der Roten Armee (jedenfalls in der Sicht der Gründer und Mitglieder) und sollte entsprechend Rote-Armee-Fraktion geschrieben werden. Es ist eine der seltenen Zusammensetzung dieser Art, bei der die Beugung unsicher ist. Das Adjektiv kann gebeugt werden, aber auch ungebeugt bleiben:

der Rote-Armee-Fraktion / der Roten-Armee-Fraktion
der Arme-Sünder-Glocke / der Armen-Sünder-Glocke (o. der Armesünderglocke)

Es ist also gerade bei diesem Beispiel nicht ganz so einfach. Wie Jan Schreiber ziehe ich übrigens aufgrund der Struktur der Zusammensetzung die ungebeugte Version der Rote-Armee-Fraktion vor.

Ich bitte insbesondere Frau L. dafür um Entschuldigung, dass ich das Beispiel zu schnell übernommen und falsch analysiert habe. Die übrigen Beispiele sind korrekt.

7 Gedanken zu „Wie man Tschechische Republik, Deutsche Bank und Alte Post beugt“

  1. Hallo, Dr. Bopp,
    gilt das auch für Straßennamen? Unsere Adresse lautete früher »Lange Straße«. Haben wir nun in der Lange Straße oder der Langen Straße gewohnt?
    Danke und viele Grüße
    Andreas Harder-Matern

  2. Im Fall „Rote Armee Fraktion“ (Eigenschreibweise) lässt der Duden die Varianten mit und ohne n zu, schreibt aber mit Bindestrichen: „Rote-Armee-Fraktion“. Deswegen kommt die Frage m. E. zu Recht auf. Gemeint war ja nicht „eine Armeefraktion, die rot ist“, sondern „eine Fraktion [Bedeutung 1. b des Duden] der Roten Armee“.
    Deswegen würde ich der Schreibweise ohne n den Vorzug geben. Es heißt m. W. ja auch „Ich war beim Soziale-Kompetenz-Training“.

  3. @Andreas Harder-Matern: Das gilt im Prinzip auch für Adressen, aber dort gibt es lokale Ausnahmen. Eine der bekannteren ist der Alter Markt in Köln, der dort nicht gebeugt wird. Es kann also sein, dass man in Ihrem Dorf oder in Ihrer Stadt in der Lange Straße wohnt. Es kann aber auch sein, dass man dort in der Langen Straße wohnt. »Richtig« ist, was lokal üblich ist.

  4. @Jan Schreiber: Sie haben recht. Ich habe hier unsorgfältig gearbeitet und ein Wort als Beispiel genommen, das nicht passt. Vielen Dank für den Hinweis! Mehr dazu oben im Nachtrag.

  5. Noch ein Wort zur Schreibweise mit oder ohne Bindestrich bei „Rote Armee Fraktion“ / „Rote-Armee-Fraktion“. Es ist sehr üblich und nach meiner Interpretation auch vom amtlichen Regelwerk zur deutschen Rechtschreibung abgesegnet („Die Schreibung mit Bindestrich bei Eigennamen entspricht nicht immer den folgenden Regeln, so dass nur allgemeine Hinweise gegeben werden können.“), dass man sich bei Eigennamen an den Vorstellungen derjenigen Person orientiert, die den Eigennamen ursprünglich vergeben hat.
    Wenn jemand eine „Gottfried Keller-Stiftung“ gründet, dann heißt die halt so, auch wenn eigentlich ein Bindestrich fehlt.
    Je nach Kontext und Schreibanlass wäre meine persönliche Empfehlung für diesen speziellen Fall daher, „Rote Armee Fraktion“ meist eher ohne Bindestriche zu schreiben (Wikipedia macht das zum Beispiel), aber so zu tun, als wären die Bindestriche da.
    Also „Mitglieder der sogenannten Rote Armee Fraktion“, auch wenn das grammatisch mehr als seltsam aussieht und irgendwie sogar falsch ist.
    „Mitglieder der sogenannten Roten Armee Fraktion“ ist anscheinend auch okay, aber da verstehe ich das System dahinter nicht mehr.

  6. @Dr. Bopp:
    Mir fällt gerade ein grammatisch analoges Beispiel ein: „mitten in der Saure-Gurken-Zeit“. Könnte man hier auch „Sauren“ schreiben? Mein Sprachgefühl rebelliert, aber gute Gründe habe ich nicht.
    Viele Grüße in die Schweiz!

  7. Bei der Schreibung von Eigennamen besteht (wie übrigens in der ganzen Rechtschreibung außer an Schulen und auf Ämtern) die Freiheit, so zu schreiben, wie man will. Bei abweichenden Schreibungen halte ich mich normalerweise „trotzdem“ an die amtl. Regelung, d.h. ich schreibe Adidas und der Spiegel und nicht adidas und DER SPIEGEL. Vgl. hier.

    Zum Wort Sauregurkenzeit oder Saure-Gurken-Zeit. Die Formen mit gebeugtem Adjektiv kommen vor, gelten allerdings bei einigen als umgangssprachlich

    die Sauregurkenzeit/Saure-Gurken-Zeit
    der Sauregurkenzeit/Saure-Gurken-Zeit
    der Sauren-Gurken-Zeit (vgl. hier).

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