Deren, dessen und die Stellung des Verbs

Die Wörtchen deren und dessen sorgen immer wieder für Unsicherheiten. Oft lautet die Frage, welche Form man wählen soll (zum Beispiel hier) oder wie ein nachfolgendes Adjektiv gebeugt wird (zum Beispiel hier). Bei der Frage von Frau N. geht es aber um etwas anderes: Funktion des Pronomens und Stellung des Verbs.

Frage

Ich habe eine Frage zur Stellung des Verbes in Nebensätzen mit „dessen“. Das Relativpronomen im Genitiv leitet einen Nebensatz ein, der eigentlich die Stellung des Verbes an den Schluss erfordert. Zum Beispiel:

In meinem Garten steht ein Baum, dessen Früchte ich mag.

Wenn das Verb vor dem Subjekt steht, hört sich der Satz meiner Meinung nach bei Verben, die mit „mögen/nicht mögen“ oder „lieben/hassen“ zu tun haben, aber nicht falsch an, also:

In meinem Garten steht ein Baum, dessen Früchte mag ich.
Die Frau trägt ein Parfum, dessen Duft hasse ich.

Oder auch:

Das sind Kollegen, deren Kinder kenne ich.

Mit anderen Verben funktioniert diese Umstellung nicht. Ist die Umstellung grundsätzlich falsch bzw. schlechtes Deutsch?

Antwort

Guten Tag Frau N.,

das Wort dessen kann, wie Sie in Ihrer Frage erwähnen, ein Relativpronomen sein. Es leitet einen Nebensatz ein, in dem die konjugierte Verbform am Schluss steht:

In meinem Garten steht ein Baum, dessen Früchte ich mag.
Die Frau trägt ein Parfüm, dessen Duft ich hasse.
Das sind Kollegen, deren Kinder ich kenne.

Im Relativsatz wird etwas Genaueres über den Garten, die Frau bzw. die Kollegen ausgesagt.

Man kann dessen und deren aber nicht nur als Relativpronomen, sondern auch als Demonstrativpronomen verwenden:

In meinem Garten steht ein Baum. Dessen Früchte mag ich.
Die Frau trägt ein Parfüm. Dessen Duft hasse ich.
Das sind Kollegen. Deren Kinder kenne ich.

Hier wird im zweiten Satz, einem Hauptsatz, etwas Genaueres über die Früchte, den Duft bzw. die Kinder ausgesagt. Es ist dabei üblicher (aber nicht zwingend), einen Punkt zwischen die beiden Hauptsätze zu setzen. Im Gegensatz zu den Relativsätzen können die mit dem Demonstrativpronomen formulierten Sätze auch umgestellt werden. Das Demonstrativpronomen muss also nicht am Anfang des Satzes stehen:

In meinem Garten steht ein Baum. Ich mag dessen Früchte.
Die Frau trägt ein Parfüm. Ich hasse dessen Duft.
Das sind Kollegen. Ich kenne deren Kinder.

Weiter kann das Demonstrativpronomen anders als das Relativpronomen durch ein Possessiv ersetzt werden:

In meinem Garten steht ein Baum. Seine Früchte mag ich.
Die Frau trägt ein Parfüm. Seinen Duft hasse ich.
Das sind Kollegen. Ihre Kinder kenne ich.

Das Ganze funktioniert übrigens auch bei anderen Verben. In diesen Sätzen steht das Relativpronomen:

M. K. ist eine britische Autorin, deren Bücher weltweit verkauft werden.
Sie fuhren in einem roten Auto, dessen Marke hier nicht genannt werden soll.

Und hier wird das Demonstrativpronomen verwendet:

M. K. ist eine britische Autorin. Deren Bücher werden weltweit verkauft.
Sie fuhren in einem roten Auto. Dessen Marke soll hier nicht genannt werden.

M. K. ist eine britische Autorin. Ihre Bücher werden weltweit verkauft.
Sie fuhren in einem roten Auto. Hier soll seine Marke nicht genannt werden.

Beide Verbstellungen sind also möglich und korrekt. Die Satzstruktur ist aber unterschiedlich und die Aussage ist auch nicht ganz gleich.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp