Frage
Manchmal stolpere ich beim Lesen über Formulierungen wie diese:
Die Seilbahn fasst dreimal so viele Passagiere wie ihre Vorgängerin
Die XY-Aktie war die größte Verliererin im DAX
Die dunkle Materie ist Herrscherin des Universums
Ist es nicht so, dass Wörter, die mit -in enden, Frauen bezeichnen, und ist es daher nicht im Grunde falsch, so zu formulieren? Ist es Gender-Sprache?
Die alternativen Formulierungen wären:
Die Seilbahn fasst dreimal so viele Passagiere wie ihr Vorgänger
Die XY-Aktie war der größte Verlierer im DAX
Die dunkle Materie ist Herrscher des Universums
Antwort
Guten Tag Herr G.,
es ist im Deutschen möglich und üblich, weibliche Substantive auf -in, die im Prinzip Personenbezeichnungen sind, auch für weibliche Sachbezeichnungen zu verwenden:
Antragstellerin ist die Universität
die Stadtverwaltung als Arbeitgeberin
Es ist ebenfalls möglich, die entsprechende männliche Bezeichnung zu verwenden:
Antragsteller ist die Universität
die Stadtverwaltung als Arbeitgeber
Die Zitate in Ihrer Frage sind also mit Vorgängerin, Verliererin und Herrscherin richtig formuliert, sie könnten aber auch mit Vorgänger, Verlierer und Herrscher stehen. Siehe auch hier und hier.
Diese Verwendung weiblicher Substantive auf -in hat ihren Ursprung übrigens nicht in der geschlechtergerechten Sprache. Es gab sie schon, bevor von Gendern die Rede war:
Allein die wahre Weisheit ist die Begleiterin der Einfalt.
Kant, Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume der Metaphysik, 1766Erfahrung bleibt des Lebens Meisterin
Goethe, Die natürliche Tochter, 1803. 4. Akt, 2. SzeneDie Vernunft ist des Herzens größte Feindin
Casanova (1725 – 1798), Memoiren. Vollständige Ausgabe in der Übertragung von Heinrich Conrad, 1911
Es könnte sein, dass die Aufmerksamkeit für die geschlechtergerechte Sprache dafür sorgt, dass diese Art der Formulierung häufiger vorkommt, doch dazu liegen mir leider keine Angaben vor. Mangelnde Information ist hier die Spielverderberin.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp