Auch diesen Herbst sind zwei Eichhörnchen fleißig damit beschäftigt, auf einer erstaunlich geraden Linie über eine Hecke, einen Felsenbirnenbaum, einen japanischen Ahorn und das Garagendach des einen Nachbarn, Walnüsse vom Walnussbaum des anderen Nachbarn in den Wald zu befördern, wo sie ihre Beute wahrscheinlich irgendwo als Wintervorrat vergraben. Das hat dieses Jahr bei mir nicht nur zu amüsiert-bewunderndem Zuschauen, sondern auch zur folgenden Frage geführt: Woher kommt das Wal- in Walnuss?
Der Name hat mir der Herkunft der Nuss zu tun: Sie ist aus Italien und/oder Frankreich zu uns gelangt und wurde im Unterschied zur einheimischen Haselnuss *walhnut genannt. Ins heutige Deutsch übertragen bedeutet dies welsche Nuss oder Welschnuss. Das Adjektiv welsch wird heute in der Schweizer Alltagssprache noch für aus dem Welschland, das heißt aus der französischen Schweiz Stammende und Stammendes verwendet. Allgemeindeutsch bedeutete es aus dem romanischen Bereich (insbesondere Italien, Frankreich und Spanien) stammend. Ursprünglich ist das Adjektiv eine Ableitung vom Namen eines keltischen Stammes (Volcae/*Walhos). Zuerst wurden damit die Kelten bezeichnet und nach der Eroberung durch die Römer die romanische Bevölkerung Galliens, aber auch die Bewohner Italiens. Der langen Erklärung Höhepunkt: Sprachgeschichtlich ist die Walnuss mit Namen wie Wales, Cornwall, Wallonien und Welschland verwandt.
Hat die Walnuss auch etwas mit dem Wal oder umgangssprachlich auch Walfisch genannten Meeressäugetier zu tun? Höchstwahrscheinlich nicht. Der genaue Ursprung des Wortes Wal ist zwar ungewiss, aber die Erklärungen haben alle etwas mit Fischnamen und nichts mit welsch zu tun. Und auch der Name des Schweizer Kantons Wallis hat eine andere Herkunft. Er liegt zwischen den Bergen und leitet seinen Namen von vallis, dem lateinischen Wort für Tal, ab.
Wenn die Walnuss auch nichts mit dem Walfisch zu tun hat, war ich doch überrascht, dass ihre historische Wortverwandtschaft von Wales über Wallonien bis ins Welschland anzutreffen ist. Den Eichhörnchen wird das allerdings eher egal sein.
Hier in Tirol wird der Ausdruck „Welschland“ ebenfalls noch ab und zu verwendet, allerdings für Italien. Und die Italiener sind die „Walschen“, wobei das in Nordtirol eher neutral klingt, in Südtirol (geschichtlich bedingt) leider noch immer oft abwertend. Aber die walschen Nüsse schmecken Nordtirolern, Südtirolern und Italienern gleich gut.
Interessant, dass es auch in Österreich ein Welschland gibt! Ich habe irgendwo gelesen, dass die Walnuss in Österreich auch „Welschnuss“ genannt werde. Dafür konnte ich aber keine weiteren Angaben finden. In der Schweiz heißt die Walnuss übrigens oft einfach „Baumnuss“.