Heute einmal etwas Kurzes und Einfaches:
Frage
Die Wörterbücher verzeichnen die Schreibweise „Big Data“ ohne Bindestrich (z. B. hier). Kann ich dieses Muster (Big = Adjektiv; Data = Substantiv) auch auf das Wort „Smart Factory“ übertragen oder ist hier die Schreibweise mit Bindestrich korrekt?
Antwort
Guten Tag Herr R.,
hier ist der Bindestrich nach der amtlichen Regelung nicht möglich. Angebracht ist bei Verbindungen dieser Art die Getrenntschreibung und manchmal auch die Zusammenschreibung.
Substantivische Wortverbindungen aus dem Englischen, die aus einem Adjektiv und einem Substantiv bestehen, werden getrennt geschrieben:
High Society
Public Domain
Human Resources
Big Data
Dabei werden beide Teile der Verbindung mit großen Anfangsbuchstaben geschrieben. Wenn das Adjektiv die Hauptbetonung trägt, kann auch zusammengeschrieben werden:
Big Band o. Bigband
Small Talk o. Smalltalk
Smart Phone o. Smartphone
Smart Factory (o. Smartfactory)
Das zusammengeschriebene „Smartfactory“ steht in Klammern, weil es zwar nach der Regel möglich ist, aber offenbar kaum vorkommt.
Die entsprechende Regel finden Sie hier.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
Da ein Bindestrich generell zur Hervorhebung einzelner Bestandteile möglich ist (§ 45 (1)), müssten eigentlich auch Schreibweisen möglich sein wie „Small-Talk“ (vorausgesetzt, „Smalltalk“ ist möglich, was es ja auch ist).
Es ist stilistisch natürlich nicht immer angebracht, einen Bindestrich zu verwenden, und überhaupt sind die einzelnen Bestandteile bereits bei einer Getrenntschreibung ohne Bindestrich sichtbar, allerdings könnte ich „Smalltalk“ aufgrund der üblichen Akzentuierung (Hauptbetonung fällt nicht auf den zweiten, sondern auf den ersten Bestandteil) als Zusammensetzung behandeln und aufgrund der Getrenntschreibung im Englischen dennoch die einzelnen Bestandteile hervorheben wollen, so landen wir bei „Small-Talk“. Zum Vergleich: Die verdeutlichende Bindestrichschreibung wird in § 45 E1 immerhin für „[a]us anderen Sprachen stammende Verbindungen aus Substantiv + Substantiv, die sich im Deutschen grammatisch wie Zusammensetzungen verhalten“, explizit eingeräumt („Desktoppublishing“ oder „Desktop-Publishing“), analog könnte man mit aus dem Englischen stammenden Verbindungen aus Adjektiv und Substantiv verfahren, die sich im Deutschen wie Zusammensetzungen verhalten, denn genau daher kommt ja die Zusammenschreibung.
Über aus dem Englischen stammende Zusammensetzungen aus Adjektiv und Nomen sagt § 37 E4 der amtlichen Rechtschreibregelung:
„Aus dem Englischen stammende Bildungen aus Adjektiv + Substantiv können zusammengeschrieben werden, wenn der Hauptakzent auf dem ersten Bestandteil liegt, also Hotdog oder Hot Dog, Softdrink oder Soft Drink, aber nur High Society, Electronic Banking oder New Economy.“
Vorgesehen ist also in den Fällen, um die es oben geht, die Getrennt- oder die Zusammenschreibung. Nun kann man natürlich sagen, dass überall, wo man zusammenschreibt, der sogenannte verdeutlichende Bindestrich möglich ist. Er ist hier aber nicht angebracht, weil man zur Verdeutlichung getrennt schreiben kann.
„Er ist hier aber nicht angebracht, weil man zur Verdeutlichung getrennt schreiben kann.“
Auf genau dieses Argument bin ich ja eingegangen: Mit der Getrenntschreibung ohne Bindestrich behandelt man den Ausdruck als Wortverbindung statt als Zusammensetzung („Small Talk“ ≙ „kleines Gespräch“, „Smalltalk“ ≙ „Kleingespräch“). Wenn ich ihn aber als Zusammensetzung behandeln will (etwa weil die Akzentuierung „Small TALK“ unüblich ist*), bietet sich doch der Bindestrich an.
Man mag das jetzt trotzdem als stilistisch unschön ansehen, aber die Schreibweise „Small-Talk“ kommt vor (siehe corpora.uni-leipzig.de) und bewegt sich durchaus im Rahmen des Möglichen.
* Tatsächlich steht in § 37 E4 zwar „können“, wodurch der Eindruck entstehen kann, dass immer auch Getrenntschreibung möglich ist, doch bei den angeführten Beispielen dazu sind bei Getrenntschreibung beide Bestandteile als betont markiert (Zitat: „/H_o_tdog/ oder /H_o_t D_o_g/, /S_o_ftdrink/ oder /S_o_ft Dr_i_nk/“; mit den Unterstrichen kennzeichne ich hier Unterstreichungen), obwohl ich zum Beispiel „Soft DRINK“ mit dieser Akzentuierung noch nie gehört habe, man könnte sich also auf den Standpunkt stellen, dass „Softdrink“ und eben „Smalltalk“ die Realität der gesprochenen Sprache besser widerspiegeln; um zugleich die Bestandteile hervorzuheben, verwendet man dann eben einen Bindestrich. „Bluejeans“, „Hightech“, „Sonnyboy“ und „Upperclass“ sind im Wörterverzeichnis andererseits nur zusammengeschrieben verzeichnet, „Soft Skills“ wiederum nur getrennt geschrieben, während neben „Common Sense“ auch „Commonsense“ zulässig ist, obwohl [sɔftskɪls] meines Wissens am häufigsten wie „SOFTskills“ betont wird (das Aussprachewörterbuch von Krech/Stock, in dem folgerichtig „Softskills“ geschrieben wird, kennt es nur so) und [kɔmənsɛns] am häufigsten wie „Common SENSE“. Chaotisch.