Normalerweise gehe ich in den Blogartikeln mit Ausnahme des Wetters nicht auf das aktuelle Tagesgeschehen ein. Heute mache ich wieder einmal eine Ausnahme, denn die Viruskrise einfach stillschweigend zu umgehen erschien mir fast unnatürlich. Ich bleibe aber bei meinem Leisten und gebe weder medizinischen noch gesellschaftlichen, politischen oder wirtschaftlichen Kommentar. Ich bleibe einfach beim Wort Virus.
Ziemlich bekannt ist, dass Virus sowohl sächlich als auch männlich sein kann. In der Fachsprache heißt es das Virus, in der Allgemeinsprache daneben aber auch der Virus. Weniger bekannt ist vielleicht, woher dieser „Zwiespalt“ kommt.
In der Fachsprache richtet man sich nach dem lateinischen Wort virus, das so unangenehme Dinge wie zähe Flüssigkeit, Schleim, Saft, Gift, Gestank, Schärfe, Bitterkeit bedeutete. Im Lateinischen ist virus sächlich. Wenn man nun bei der Zuweisung des Wortgeschlechts im Deutschen das Ursprungsprinzip anwendet, heißt es das Virus.
Das Wort Virus ist aber nicht direkt aus dem Lateinischen zu uns gekommen. Es wird angenommen, dass es über ein englisches und französisches virus (Eiter, Gestank, Gift und später Krankheitserreger) ins Deutsche übernommen wurde. In der Allgemeinsprache wurde dabei für die Zuweisung des Wortgeschlechts (unbewusst) ein anderes Prinzip angewendet: Man gab ihm das gleiche Wortgeschlecht wie anderen Wörter mit derselben Endung: der Virus wie der Bonus, der Dominus, der Kubus, der Nukleus, der Tourismus, der Zirkus bis hin zu der Omnibus und der Schampus. Das ist nicht unbedingt falsch, denn wir tun dies auch bei zum Beispiel die Garage und die Zigarre (frz. männlich le garage und le cigare).
Auch im Lateinischen ist virus als sächliches Substantiv übrigens eine Ausnahme. Die meisten lateinischen Wörter mit der Endung us sind männlich. Eine andere Ausnahme ist das sächliche corpus (Körper), das im Deutschen als das/der Korpus je nach Bedeutung sächlich ist wie corpus oder männlich wie andere Wörter auf us oder – ein weiteres Zuweisungsprinzip – wie der Körper. Es gibt im Lateinischen sogar einige wenige weibliche Substantive, die auf us enden: zum Beispiel domus (Haus), das wir aus dem männlichen der Majordomus kennen, oder ein weiteres Wort, bei dem trotz der männlich anmutenden Endung us kaum jemand auf die Idee käme, es als männlich anzusehen: Venus.
Auch bei der Zuordnung des Wortgeschlechts gibt es also mehr als ein Prinzip und entsprechend mehr als eine „Wahrheit“. Aber ganz egal ob das Virus oder der Virus: Passen Sie auf und bleiben Sie gesund oder werden Sie es schnell wieder!
Dr. Bopp
Ich behaupte, die Sache mit dem Virus ist noch einen Tick komplexer.
Viren gibt es nämlich nicht nur in der Umgangssprache und der Fachsprache, sondern in zwei Fachsprachen. Umgangssprachlich ist “der Virus” üblich, wiewohl selbstverständlich “das Virus” nicht falsch ist.
In der Fachsprache der Mediziner, Biologen etc. ist eindeutig “das Virus” richtig und – ich meine – nur diese Form.
Aber seit wenigen Jahrzehnten gibt es auch Viren in der Computerwelt. Und hier kommt (als Weg) das Wort aus dem Englischen und schert sich einen Dreck um die alten Römer – und IT-ler kannten Latein auch nur aus Asterix.
In der IT-Fachsprache möchte “der Virus” als die richtige Form bezeichnen, wobei hier “richtig” eher im Sinne von “allgemein üblich” (soweit überhaupt noch in deutscher Sprache), im Englischen ist es ja vollkommen wurscht.
Verkürzt:
Fachsprachlich in Naturwissenschaften und Medizin: das Virus
Fachsprachlich in Bereich der IT-Welt: der Virus (das Virus nicht falsch aber ziemlich unüblich)
Umgangssprachlich: der Virus (auch selten: das Virus)
Beim Computervirus sind tatsächlich auch beide Varianten möglich: Man sagt vor allem “der Virus”, daneben aber auch “das Virus”. Ich habe übrigens den Eindruck, dass sich “das Virus” für den Krankheitserreger in den letzten Monaten von der medizinischen Fachsprache aus auch in der Allgmeinssprache sehr stark verbreitet hat. Der Grund dafür ist leider nur allzu bekannt.