Frage
Wenn in einem Vertrag auf die unterzeichnende Person verwiesen wird, heißt es dann „Der Unterzeichnete bestätigt hiermit“ oder „Der Unterzeichnende bestätigt hiermit“?
Antwort
Guten Tag Frau C.,
wenn ich mit der Tür ins Haus fallen darf: Am besten verwenden Sie hier meiner Meinung nach diese Formulierung:
Der Unterzeichner bestätigt hiermit …
Die Unterzeichnerin bestätigt hiermit …
Die beiden anderen Varianten, die Sie in Ihrer Frage nennen, sind nämlich problematisch.
Der Begriff „der/die Unterzeichnete“ wird in formeller behördlicher und juristischer Sprache verwendet. Es geht auf das veraltete reflexive Verb „sich unterzeichnen = unterschreiben“ zurück. Bei reflexiven Verben kann mit dem Perfektpartizip die Person gemeint sein, die die Verbhandlung ausgeführt hat:
sich betrinken – der/die Betrunkene
sich verlieben – der/die Verliebte
sich unterzeichnen – der/die Unterzeichnete
Der oder die Unterzeichnete ist also die Person, die sich unterzeichnet hat. Das reflexive „sich unterzeichnen“ ist aber nicht mehr gebräuchlich und vielen auch nicht mehr bekannt. Viele verbinden „unterzeichnet“ deshalb mit dem einfachen Verb „unterzeichnen“, wie es zum Beispiel in „der unterzeichnete Brief“ vorkommt. Die Formulierung „der/die Unterzeichnete“ sieht dann so aus, wie wenn etwas gemeint wäre, das unterzeichnet worden ist. Aus diesem Grund macht eine Formulierung wie
Der oder die Unterzeichnete bestätigt hiermit …
auf viele einen seltsamen Eindruck. Die Formulierung ist korrekt und in gewissen Bereichen auch üblich, aber sie ist nicht mehr allen gut verständlich.
Die Verwendung von „der/die Unterzeichnende“ ist umstritten.
Der oder die Unterzeichnende bestätigt hiermit …
Gegen diese Formulierung wird eingewandt, dass man im Prinzip nur während des Unterzeichnens der oder die Unterzeichnende sei. Während des Schreibens ist man – peinlich genau genommen – der/die unterzeichnen Werdende. Wenn jemand das unterschriebene Dokument liest, ist man der/die unterzeichnet Habende. Ich finde das eher spitzfindig. Studierende sind heutzutage ja auch dann Studierende, wenn sie nicht gerade mit Studieren beschäftigt sind. Wenn Sie aber sicher sein wollen, dass niemand Sie „korrigiert“, verwenden Sie besser nicht „der/die Unterzeichnende“.
So viel möchte der Unterzeichner/Unterzeichnete/(Unterzeichnende) hier zu diesem Thema sagen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
Guten Tag,
möglicherweise gibt es hierzu gar keine Regel, da derartige Formen naturgemäß höchst selten auftreten, aber nach meinem bescheidenen Dafürhalten sollte jedenfalls eher „der/die Unterzeichnen-Werdende“ resp. „der/die Unterzeichnet-Habende“ geschrieben werden, da ja auch bei substantivierten Infinitiven „durchgekoppelt“ wird („das Auf-die-lange-Bank-Schieben“ statt „das auf die lange Bank Schieben“).
Ein mögliches Argument gegen meinen Korrekturvorschlag wäre, dass man ja auch „der/die zu Informierende“ schreibt (statt „der/die Zuinformierende“), allerdings besteht in so einer substantivierten Gerundivkonstruktion kein direktes Abhängigkeitsverhältnis zwischen „zu“ und „Informierende“, wohingegen „unterzeichnen“ eindeutig von „Werdende“ abhängt (regiert wird) und analog „unterzeichnet“ von „Habende“, und es ist ja gerade dieses Abhängigkeitsverhältnis, das dafür verantwortlich zeichnet, dass der Ausdruck „auf die lange Bank schieben“ als eine zusammenhängende Einheit wahrgenommen wird und in seiner substantivierten Form folgerichtig wie ein einzelnes (sehr langes und aus mehreren Bestandteilen zusammengesetztes) Nomen zu schreiben ist.
Sehr spitzfindig, ich weiß. 🙂
Es gibt tatsächlich keine Regel, die genau auf diesen Fall zugeschnitten wäre. Deshalb leite ich von ähnlichen Fällen ab.
Zuerst möchte ich erwähnen, dass substantivierte erweiterte Infinitive und substantivierte erweiterte Partizipien in der Rechtschreibung nicht gleich behandelt werden. Hier ein paar Beispiele, wie geschrieben werden muss:
Mehr zum Unterschied bei der Schreibung von substantivierten Infinintivgruppe und substantivierten Partizipgruppen finden Sie hier.
Im Blogartikel haben wir es nicht mit substantivierten Infinitivgruppen, sondern mit substantivierten Partizipien zu tun. Ich habe analog zu zum Beispiel “das zu Lesende”, “die sich Ärgernden” oder “etwas nicht enden Wollendes” diese Schreibung gewählt:
Das ist zweifellos eine gewöhnungsbedürftige Schreibweise, aber das gilt auch für die ungebräuchliche Substantivierung.
Vielen Dank für Ihre Antwort! I stand corrected – Ihre Begründung leuchtet unmittelbar ein.
Und ich gelobe, mich zukünftig vor dem Kommentieren zu vergewissern, dass der Gegenstand meines zu verfassenden Kommentars oder eine damit eng verwandte Problematik nicht bereits in einem Ihrer früheren Blog-Beiträge behandelt worden ist. 🙂 Danke, dass Sie trotzdem so ausführlich geantwortet haben.