Frage
Warum sagt man „zu etwas aufbrechen“ („ich breche zu einer Expedition auf’“)?
Antwort
Guten Tag M.,
Ihre Frage gehört zu den Fragen, bei denen ich mich frage, warum ich sie mir nie selbst gestellt habe. Wieso „aufbrechen“, wenn man sich auf den Weg macht? Was wird hier gebrochen oder aufgebrochen?
Die Antwort findet sich in einer Formulierung, die man heute nicht mehr verwendet. Früher konnte man das Lager oder die Zelte aufbrechen, wenn man sein Lager abbrach, um weg- oder weiterzuziehen. Im heutigen Sprachgebrauch werden Lager und Zelte nur noch abgebrochen, nicht mehr aufgebrochen (wenn sie aufgebrochen werden hat das nichts mehr mit Weggehen, sondern mit Einbruch zu tun – erstaunlich vielfältig, das Verb „brechen“!). Heute verwendet man dieses „aufbrechen“ noch in übertragenem Sinne für „fortgehen“, „sich auf den Weg machen“. Man kann also zu einer Expedition, in den Urlaub, nach Stuttgart oder zum Besuch bei den Großeltern aufbrechen, ohne dass dabei ein Lager oder auch nur ein Zelt abgebrochen werden muss.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
Einbruch ist ein Verbrechen
Tatsächlich. Wie gesagt: estaunlich vielseitig, das Verb „brechen“ (und seine vielen Ableitungen)
In den erwähnten früheren Zeiten sagte der Lagerchef zu uns: Lasst uns ins Horn stoßen, aufbrechen und auf den Weg machen.
Wir mussten allerdings die Reihenfolge ändern (da am Abend zuvor etwas zuviel getrunken): Lasst uns ins Horn machen, aufstoßen und auf den Weg brechen.
Bitte als kleinen Spaß zu verstehen. Wir wurden gerade wieder downgelockt. Da hat man viel Zeit für solche sinnreichen Sprüche 🙂
Teilweiser Einspruch: “Aufbrechen” oder “Aufbruch” ist eher ein Beispiel für die sprachgestaltende Macht der Kofferwörter.
Es ist eine Kontamination aus “(früh) aufstehen” und das Lager “abbrechen”. Danach wurde erst “los gezogen”. Es wurde meist ein finaler Weggang beschrieben, erst später ergab sich eine Bedeutungsverschiebung zu einfachem “z’samm’pack’n und los laufen”.
Bsp. aus einem ganz alten Buch: Mose 12:37-39
“37 Sie brachen auf und zogen zu Fuß von Ramses nach Sukkot; es waren etwa 600.000 Männer mit ihren Frauen und Kindern.”
Die deutsche Sprache ist voll von Koffern und Bedeutungsverschiebungen. Das Deutsche zu Gendern wird damit zur Generationenaufgabe. “Nämlich” kommt von “Name” und “dämlich” kommt tatsächlich von ” …” 😀 😀
@Christian: In diesen Zeiten muss ein Späßchen erst recht erlaubt sein.
@TT: Das eine schließt das andere nicht aus. Gesagt wird oben ja nur, dass man früher das Lager nicht nur „abbrechen“, sondern auch „aufbrechen“ konnte. Dieses „aufbrechen“ konnte auch früher schon intransitiv, das heißt ohne ein Akkusativobjekt wie „das Lager“, verwendet werden und erhielt die allgemeine Bedeutung „fortgehen“. (Diese alte intransitive Verwendung habe ich im Artikel oben nicht erwähnt.) Im heutigen Sprachgebrauch ist nur noch diese intransitive Verwendung von „aufbrechen“ üblich.
Es geht hier ist tatsächlich ein Beispiel von Sprachwandel: 1. Schritt: transitives „aufbrechen“ wird auch „intransitiv“ verwendet; 2. Schritt: „aufbrechen“ wird auch allgemein für „sich auf den Weg machen“ verwendet; 3. Schritt: „aufbrechen“ wird nur noch im Sinne von „sich auf den Weg machen verwendet.
Was Sie meinen, ist nicht die Herkunft der intransitiven Bedeutung „fortgehen“, sondern allgemeiner die Herkunft von „das Lager aufbrechen“. Dabei könnte es sich um ein Kofferwort handeln, also um eine Zusammenziehung von „aufstehen“ und „abbrechen“. Das klingt einleuchtend, aber ich finde auch in älteren Wörterbüchern keine Angaben dazu. Ich vermute deshalb, dass „das Lager aufbrechen“ einfach eine Alternative zu „das Lager abbrechen“ war.
Ich gehe also davon aus, dass „aufbrechen“ im Sinne von „fortgehen“ nicht zu diesen Kofferwörtern gehört:
Hallo Dr. Bopp,
in Ihrer Antwort fehlt ein kleiner Beistrich vor “um”.
IST: “wenn man sein Lager abbrach um weg- oder weiterzuziehen”
SOLL: “wenn man sein Lager abbrach, um weg- oder weiterzuziehen”
Danke für den Hinweis. Das fehlende Komma habe ich ergänzt.