Frage
Ich bin ein großer Bewunderer des deutschen Schriftstellers Jakob Wassermann und lese gerade sein Buch „Der goldene Spiegel – Erzählungen in einem Rahmen“. Ich bin auf einen Ausdruck gestoßen, den ich nicht wirklich verstehe: „Sie wollen Hasauf spielen.“ Leider kann ich die Übersetzung von “Hasauf” nicht finden. Könnten Sie mir bitte bei dieser Übersetzung helfen?
Antwort
Guten Tag Herr M.,
den Ausdruck „Hasauf spielen“ kenne auch ich nicht. Ich kann ihn auch in keinem historischen oder Dialektwörterbuch finden (außer im DWB in einem Beispielsatz bei „spielen“, und dies ohne weitere Erklärung1). Wenn die Wörterbücher nichts hergeben, muss man sich die Texte genauer anschauen.
Die wenigen Stellen in älteren Texten, in denen „Hasauf“ vorkommt, lassen keine eindeutige Interpretation zu, außer dass diese Wendung nicht positiv gemeint sein kann:
Jedoch werden die Deutschen allwege von diesen Nationen gering geschätzt, und nicht anders genannt als die Vollsäufer, stolze Federhansen, hohe Pocher, Gotteslästerer, Hans Muffmaff mit dem Bettelsack, die gern Hasauf spielen.2
»Wer seid ihr?« gellte eine drohende Stimme aus dem Haufen. — »Ja, wer seid ihr?« wiederholte der Riese Hennecke; »Eier- und Käsebettler vielleicht? Muttersöhne und Milchmäuler?« — »Die wollen Hasauf spielen,« schrie Gutschmied. […] »Heraus mit der Sprache, ihr Schweiger!« rief Hennecke und ballte die Faust.3
Das „Has(e)“ in „Hasauf“ legt die folgende Interpretation nahe:
Hasauf spielen = die Flucht ergreifen, flüchten
Das passt zum Bild des Hasen als Feigling, wie es heute noch in „das Hasenpanier ergreifen“, „Hasenfuß“ und „Angsthase“ vorkommt.
Ein weiteres, stärkeres Indiz, das in dieselbe Richtung zeigt, kommt aus dem Niederländischen. Es gibt oder besser gab dort die heute nicht mehr gebräuchliche Redewendung „haas-op spelen“ mit der Bedeutung „flüchten“ (vgl. hier und hier).
Ich kann also nicht mit Sicherheit sagen, dass „Hasauf spielen“ wirklich „flüchten, wegrennen“ bedeutete. Ich bin aber der Meinung, dass diese Deutung durch das Bild des Hasen und die wörtliche Entsprechung in einer nahe verwandten Sprache stark unterstützt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
PS: Falls jemand die Wendung „Hasauf spielen“ kennt, wären Herr M. und ich froh, mehr darüber zu erfahren.
1 Siehe DWB, Bedeutung II/7/d/ε
2 Gustav Freitag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit, 1859-67, Bd. 3, Der Dreißigjährige Krieg
3 Jakob Wassermann, Der goldene Spiegel: Erzählungen in einem Rahmen, 1911
Der Satz: PS: Falls jemand die Wendung „Hasauf spielen“ kennt, wären Herr M. und ich froh, mehr darüber zu erfahren.
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Ich glaube, dass anstatt des Verbs kennen im Indikativ „kennt“ ist , hätte es im Konjunktiv II bilden sollen: kennte oder kennen würde.
LG
Ahmad
Der Satz hat eine recht komplexe Struktur. Es sieht auf den ersten Blick zwar so aus, aber es handelt sich nicht um ein einfaches Konjunktionalgefüge, in dem beide Teilsätze im Konjunktiv stehen sollten.
Das eigentlichen Konjunktionalgefüge ist:
Der zweite Teil ist zu einer Infinitivgruppe verkürzt („mehr darüber zu erfahren“). Der Gesamtsatz kann wie folgt interpretiert werden:
Es ist deshalb nicht notwendig, das Verb „kennen“ hier im Konjunktiv zu verwenden: