Bezeichnungen für Menschen mit doppelter Nationalität

Frage

Ich habe eine Frage zur Schreibweise von Bezeichnungen für Doppelbürger:innen. Wissen Sie, ob es dazu eine Regelung gibt? Konkret geht es um den Fall eines griechisch-deutschen resp. eines ungarisch-chilenischen Mannes („eines Griechisch-Deutschen“, „eines Ungarn-Chilenen“?).

Anwort

Guten Tag Frau F.,

Sie möchten wissen, wie man Bezeichnungen für Menschen mit zwei Nationalitäten bildet. Dafür gibt es keine Regel — und es ist auch nicht üblich. Die doppelte Nationalität wird in der Regel nicht mit zusammengesetzten Substantiven, sondern mit zusammengesetzten Adjektiven ausgedrückt, die ein Substantiv bestimmen. Bei der Reihenfolge der Nationalitätsbezeichnungen gibt es übrigens keine Regelung, das heißt, beide Reihenfolgen sind möglich.

ein deutsch-griechischer Doppelbürger
der griechisch-deutsche Mann
die deutsch-griechische Frau
eine griechisch-deutsche Dichterin

ein chilenisch-ungarischer Doppelbürger
der ungarisch-chilenische Mann
die chilenisch-ungarische Frau
eine ungarisch-chilenische Dichterin

Nicht üblich (aber auch nicht grundsätzlich unmöglich) sind Substantive wie ein Griechisch-Deutscher, eine Deutsch-Griechin, ein Ungarisch-Chilene, eine Chilenisch-Ungarin o. Ä.

So sind Deutsch-Schweizer und Deutsch-Schweizerinnen auch mit Bindestrich nichts anderes als Deutschschweizer und Deutschschweizerinnen, also Schweizer und Schweizerinnen deutscher Muttersprache. Eine Französisch-Kanadierin ist ebenfalls keine Doppelbürgerin, sondern eine französischsprachige Kanadierin. Als Doppelbürger oder Doppelbürgerin sind sie deutsch-schweizerische oder schweizerisch deutsche Menschen bzw. französisch-kanadische oder kanadisch-französische Doppelbürger und Doppelbürgerinnen.

Begriffe wie Deutsch-Türke/Deutsch-Türkin oder Türkisch-Deutsche, die sehr unterschiedlich verwendet werden, zeigen, wie wichtig es ist, dass aus dem Zusammenhang hervorgeht, was genau gemeint ist. Dann sind auch „abenteuerlichere“ Wortbildungen wie eine Deutsch-Griechin oder ein Chilenisch-Ungar nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

5 Gedanken zu „Bezeichnungen für Menschen mit doppelter Nationalität“

  1. Interessantes Thema. Mir ist aufgefallen, dass „man“ einerseits sagt: Deutsch-Türke, andererseits Russland-Deutscher. Und weil die Betonung in beiden Fällen auf dem letzten Wort liegt (vgl. Frankokanadier, Italoamerikaner), haben wir es hier m.M.n. mit einem Fall sozusagen unterirdischer Politisierung der deutschen Sprache zu tun.

  2. @Henning:
    Das sind aber unterschiedliche Hintergründe. Bei den Deutschen aus (ehemals) deutschen Siedlungsgebieten wird das Gebiet angegeben: Karpatendeutsche, Wolgadeutsche, Jugoslawiendeutsche, und eben auch Russlanddeutsche usw. Denn dort geht es ja nicht um die Staatsangehörigkeit oder gemischte ethnische Zugehörigkeit.

    Interessant finde ich eher, dass man das nur bei Deutschen macht. Es gibt ja noch andere Völker, die sonstwo siedeln, aber ich habe noch nie von Südafrika-Indern oder Kalifornien-Chinesen gehört.

    Übrigens werden Menschen, die aus der Türkei nach Deutschland eingewandert sind, in der Türkei selbst wieder als „Deutschländer“ bezeichnet, aber das ist dann wieder was ganz anderes.

  3. Ich muss mich (leicht) korrigieren, denn es gibt ja z.B. noch die Finnlandschweden. Vielleicht hängt es ja damit zusammen, ob die Völker dort schon länger vor der Etablierung der heutigen Nationalstaaten gelebt haben.

  4. Und einen Nachtrag muss ich noch loswerden, ich hör ja auch gleich auf!
    Bei den Baltendeutschen macht man anscheinend eine Ausnahme, die heißen ja nicht Baltikumdeutsche. Dafür müssen die Schweden mit der Bezeichnung Estlandschweden vorlieb nehmen.

    Das war’s jetzt aber wirklich.

  5. Danke für die Anmerkungen und die weiteren Beispiele für Personenbezeichnungen, die in irgendeiner Weise mit zwei geografischen Herkunftsbezeichnungen oder Namen zu tun haben. Sie zeigen, dass es tatsächlich keine festen Regeln gibt und dass sich immer aus dem Kontext oder dem spezifischen Sprachgebrauch ergeben sollte, was genau gemeint ist. Bei keinem der Beispiele, die in den Kommentaren oben stehen, geht es übrigens einfach „nur“ um Menschen mit doppelter Nationalität.

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