Diese Kommafrage taucht immer wieder auf, wahrscheinlich deshalb, weil man manchmal so viele Kommas setzen muss.
Frage
Wenn man weiterhin an der Regel festhalten möchte, dass der erweiterte Infinitiv durch ein Komma abgetrennt wird, was macht man dann mit diesem Satz:
Bisher gelingt es weder die Krankheit aufzuhalten noch sie zu heilen.
Wie viele Kommas müssen stehen? […]
Bisher gelingt es, weder die Krankheit aufzuhalten noch sie zu heilen.
Bisher gelingt es, weder die Krankheit aufzuhalten, noch sie zu heilen.
Bisher gelingt es weder, die Krankheit aufzuhalten, noch, sie zu heilen.
[…] Die letzte Variante sorgt zwar für logische Konsistenz in der Gesamtkonstruktion, scheint aber mit Kanonen auf Spatzen geschossen zu sein.
Antwort
Guten Tag Frau V.,
die Kommasetzung bei weder – noch mit Infinitivgruppen und Nebensätzen richtet sich danach, ob weder – noch zum übergeordneten Satz gehört oder nicht. In Ihrem Beispiel gehört weder – noch zum übergeordneten Satz. Dann wird „mit Kanonen auf Spatzen geschossen“, das heißt, die Infinitivgruppen werden einzeln vom übergeordneten Satz abgetrennt:
Bisher gelingt es weder, die Krankheit aufzuhalten, noch, sie zu heilen.
Anders sieht die Kommasetzung aus, wenn weder – noch zu den Infinitivgruppen gehört, das heißt, wenn weder – noch die Infinitivgruppen zu einer Einheit verbinden:
Bisher gelingt beides nicht, weder die Krankheit aufzuhalten noch sie zu heilen.
Hier noch einige Beispiele mit weder – noch, das zum übergeordneten Satz gehört:
- Ich wusste weder, dass sie verheiratet waren, noch, dass sie Kinder hatten.
- Eine Rückzahlungsverpflichtung besteht weder, wenn du verhindert bist, noch, wenn die Veranstaltung durch äußere Umstände nicht stattfinden kann.
- Sie haben weder reagiert, um sich zu bedanken, noch, um weitere Fragen zu stellen.
Mit weder – noch, das die Infinitivgruppen oder Nebensätze direkt verbindet:
- Ich wusste es nicht, weder dass sie verheiratet waren noch dass sie Kinder hatten.
- Es besteht keine Rückzahlungsverpflichtung, weder wenn du verhindert bist noch wenn die Veranstaltung durch äußere Umstände nicht stattfinden kann.
- Sie haben kaum reagiert, weder um sich zu bedanken noch um weitere Fragen zu stellen.
In den bisher gezeigten Beispielen gehören die Infinitivgruppen bzw. Nebensätze dann zusammen, wenn der übergeordnete Satz bereits in irgendeiner Weise verneint ist und gewissermaßen eine Erläuterung in Form von mit weder – noch verneinten Infinitivgruppen oder Nebensätzen folgt (Beispiele d, e, f). Das ist häufig, aber nicht immer so. Siehe zum Beispiel:
- Bisher gelingt es uns, weder zu viel auszugeben noch zu wenig einzukaufen.
(vgl. Es gelingt uns, x und y nicht zu tun.)
Hier wird gesagt: Wir haben uns vorgenommen, nicht zu viel auszugeben und nicht zu wenig einzukaufen, und das gelingt uns.
Mit anderer Kommasetzung ist auch die Bedeutung deutlich anders:
- Bisher gelingt es uns weder, zu viel auszugeben, noch, zu wenig einzukaufen.
(vgl. Es gelingt uns nicht, x und y zu tun.)
In diesem nicht allzu realistischen Satz wird gesagt: Wir haben uns vorgenommen, zu viel auszugeben und zu wenig einzukaufen, und das gelingt uns nicht.
Die Kommasetzung hängt bei den Sätzen g und h also davon ab, ob die Infinitivgruppen verneint werden (g) oder ob der übergeordnete Satz verneint wird (h). Hiermit sind wir allerdings schon fast auf der Ebene der Spitzfindigkeiten angelangt. Es lohnt sich dann häufig, eine andere Formulierung zu wählen – nicht nur wegen eventueller Zweifel bei der Kommasetzung.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
Hallo Herr Dr. Bopp,
Ihr angeführtes Beispiel (g) lautet: »Bisher gelingt es uns, weder zu viel auszugeben noch zu wenig einzukaufen.«
Die Notwendigkeit, hier ein Komma zu setzen, ergibt sich aus dem Vorhandensein des Korrelats »es«, richtig?
Wenn man aber eine Konstruktion ohne »es« wählt, dann dürfte man das Komma wahlweise auch weglassen (sofern man nicht grundsätzlich bei erweiterten zu-Infinitiven ein Komma setzen will):
Vgl. (fakultatives Komma): »Wir haben uns vorgenommen(,) weder zu viel auszugeben noch zu wenig einzukaufen.«
Vgl. (obligatorisches Komma): »Wir haben es uns vorgenommen, weder zu viel auszugeben noch zu wenig einzukaufen.« Stimmt das so?
Das stimmt so. Das Komma in den Beispielsätzen oben ist obligatorisch, weil die Infinitivgruppe durch „es“ angekündigt ist. Ohne „es“ ist das Komma fakultativ: