Frage
Ich habe eine Frage, die mich seit längerer Zeit beschäftigt. Ist dieser Gebrauch korrekt: „Heute ist ab 8 Uhr bis 12 Uhr geöffnet.“ oder „Die Angebote sind ab Montag bis Freitag gültig.“
Aus meiner Sicht erfüllt „ab“ als temporale Präposition den Zweck einen Anfangspunkt anzugeben, jedoch KEINEN Endpunkt. Es müsste „von-bis“ heißen. Auf zahlreichen Anzeigen, Plakaten und Prospekten findet man jedoch „ab-bis“.
Antwort
Guten Tag Herr B.,
Ihr Zweifel ist berechtigt. Im Allgemeinen gibt man mit ab (wie mit von … an) einen Zeitpunkt an, der Anfangspunkt eines zeitlichen Ablaufs oder Zustandes ist:
Das Geschäft ist erst ab 8 Uhr geöffnet.
Ab dem 1. Februar sind wir wieder erreichbar.
Die Angebote sind ab Montag vier Tage lang gültig.
Mit von … bis … werden der Anfangs- und der Endpunkt eines zeitlichen Ablaufs oder Zustandes angegeben:
Das Geschäft ist heute von 8 bis 12 Uhr geöffnet.
Wir sind von Montag bis Freitag erreichbar.
Die Angebote sind von Montag bis Donnerstag gültig
In den meisten Fällen, in denen ab … bis … steht, wäre es deshalb besser, von … bis … zu verwenden.
Das ist aber keine festzementierte Regel. Wenn der Anfangspunkt betont wird und der Endpunkt als zusätzliche Information gemeint ist, sind auch Formulierungen mit ab … bis … gut vertretbar:
Ein Geschäft darf erst ab 8 Uhr und bis spätestens 17 Uhr geöffnet sein.
Wir sind ab nächstem [o. nächsten] Montag bis zum Monatsende täglich erreichbar.
Die Angebote sind ab Montagmorgen gültig, und dies bis Donnerstagabend.
Die Verbindung ab … bis … ist also nicht ausgeschlossen, es ist aber in den in der Regel stilistisch besser, sie nicht anstelle von von … bis … zu verwendet. Es ist also meist besser von Montag bis Donnerstag als ab Montag bis Donnerstag zu sagen und zu schreiben.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
Das ist doch ein schönes Beispiel für die Präzision unserer Sprache! So diffus, wie dargestellt, ist das Ganze nämlich gar nicht. Der entscheidende Gesichtspunkt wird hier nämlich übersehen:
Mit “von … bis …” beschreibt man einen Zeitraum regelhaft, während “ab … (bis ..)” sich für eine situative Angabe eignet.
“ab” liegt für einen Leser oder Hörer in der Zukunft, genauso wie “seit” für ihn in der Vergangenheit liegt. Die Verwendung von “ab” positioniert den Rezipienten also in der Zeit, bevor “ab” beginnt, bei “von” ist das nicht der Fall. Das ändert sich, wenn man “von” mit “an” kombiniert: “Wir haben von 14 Uhr an geöffnet” suggeriert ebenfalls einen für den Hörer in der Zukunft liegenden Zeitpunkt.
In einer Annonce sehe ich “Wir haben von 14 bis 18 Uhr geöffnet.” Das ist eine Regel, die unabhängig von mir oder sonst einem Leser oder Hörer besteht, und zwar jeden Tag aufs Neue. Die Regel grenzt die Öffnungszeiten ein, nämlich auf ein Zeitintervall zwischen zwei Uhrzeiten am selben Tag. Sie gilt grundsätzlich unabhängig davon, wo wir uns gerade auf der Zeitachse befinden. Diese Regel bekommt Relevanz, wenn ich beabsichtige, das Geschäft demnächst aufzusuchen. “Demnächst” positioniert mich auf der Zeitachse, also auf jetzt: Damit ist eine Situation hergestellt, und die Uhrzeiten aus der Regel werden dadurch gebunden an konkrete Zeitpunkte. Dadurch kommt also eine Beziehung zu den in der Regel genannten wiederkehrenden Zeitpunkten zustande (tatsächlich werden dadurch zwei konkrete Zeitpunkte aus den unendlich vielen in der Regel beschriebenen ausgewählt). Das zeigt sich dann in der Wortwahl. Ist es 13 Uhr, dann kann ich sagen: “Das Geschäft ist ab 14 Uhr geöffnet, ich muss also noch etwas warten.” Ist es 15 Uhr, dann sage ich: “Das Geschäft ist seit 14 Uhr geöffnet, und ich habe noch bis 18 Uhr Zeit.” Ist es 19 Uhr, dann sage ich: “Für heute ist es zu spät, denn seit 18 Uhr ist das Geschäft geschlossen. Aber morgen ab 14 Uhr kann ich hingehen.” In diesem letzten Fall hat sich der interessierende Öffnungszeitpunkt um 24 Stunden verschoben. 14 Uhr beschreibt damit den nächsten in der Zukunft liegenden Zeitpunkt, an dem die Uhr 14 Uhr anzeigt.
Wir haben in diesen Beispielen also drei Situationen – heute um 13 Uhr, heute um 15 Uhr, und heute um 19 Uhr. Die Anwendung der Regel liefert eine Antwort auf die Frage: Ist jetzt das Geschäft geöffnet. Im ersten Fall: Nein, noch nicht, im zweiten Fall: Ja, und im dritten Fall: Nein, nicht mehr. In all diesen Situationen verwende ich “ab” oder “von … an”, während in einer Regel nur “von” möglich ist. Der Einwand: “Jeden Tag ab 14 Uhr geöffnet” zieht nicht, denn das ist eine verkappte situative Beschreibung der Regel: Nimm einen Tag. An diesem Tag ist ab 14 Uhr geöffnet. Bis 18 Uhr. Das gilt jeden Tag. Der Rezipient wird also beispielhaft in eine Situation gestellt, und die wird dann verallgemeinert. Fühlen Sie sich an Leichte Sprache erinnert? Dann haben Sie recht. “Nimm einen Tag” – damit wird eine konkrete Vorstellung erzeugt, z.B. der heutige Tag. Der wird dann durch die Aussage: Dann ist ab 14 Uhr geöffnet, zu einem Tag gemacht, an dem es noch nicht 14 Uhr ist, diese Uhrzeit also für den Rezipienten in der Zukunft liegt. Die abstrakte Uhrzeit 14 Uhr wir also an einen Zeitpunkt dieses vorgestellten Tages gebunden. Diese fiktive Situation wird anschließend abstrahiert: Das gilt jeden Tag. “Das” ist das abstrahierte Muster, in dem die Bindung der Uhrzeit an den Tag aufgehoben wird, und “gilt jeden Tag” macht zugleich die Regel daraus: Jeden Tag trifft das Muster zu.
Ihr vorletztes Beispiel ist schwierig zu analysieren:
“Ein Geschäft darf erst ab 8 Uhr und bis spätestens 17 Uhr geöffnet sein.”
Das soll wohl eine Regel beschreiben. Vielleicht ist dies die berühmte Ausnahme von der Regel. Das kleine Wörtchen “erst” scheint einen situativen Aspekt einzuführen, und zwar in Form einer leichten Wertung durch den Sprecher. Ersetzen wir es durch “frühestens”, definitiv wertungsfrei, dann fängt der Satz nämlich an, recht merkwürdig zu klingen. Mit “von” statt “ab” klingt es besser. Wahrscheinlich müssen wir, um das besser zu verstehen, uns über die Bedeutung von “erst” klar werden.
Sage ich “erst ab 8 Uhr”, dann impliziere ich eine Erwartung, die 8 Uhr als spät erscheinen lässt – damit bin ich im Spiel, und es ist eine Situation hergestellt. “Frühestens” oder “nicht vor” hingegen bezeichnet eine klare Grenze und impliziert keine Erwartungen. Noch deutlicher wird das, wenn wir das Gegenstück zu “erst”, nämlich “schon”, ins Spiel bringen:
“Ein Geschäft darf erst ab 8 Uhr geöffnet sein und muss schon um 18 Uhr geschlossen werden.” Sagt eigentlich doch dasselbe aus, oder nicht? Naja, mit so einer Formulierung ließe sich sicherlich besser Stimmung gegen die Ladenschlusszeiten machen. Die Angelegenheit ist zu bewerten, sehe ich mich doch vor verschlossenen Türen, weil die Öffnungszeiten zu kurz sind: Klar situativ, oder?
Wir können es ein wenig weiter variieren:
** Ein Geschäft darf erst ab 8 Uhr und nur bis 17 Uhr geöffnet sein. – ok, sieht aber nicht wie eine Regel, sondern eine Kritik daran aus. Der Sprecher bringt sich ein, also ist es eine situative Aussage.
** Ein Geschäft darf ab 8 Uhr bis 17 Uhr geöffnet sein. – geht nicht
** Ein Geschäft darf von 8 Uhr bis 17 Uhr geöffnet sein. – ok, sagt aber nicht, dass es nicht auch schon früher und nicht auch noch länger geöffnet sein darf, ist also nicht gleichwertig. Es ist keine Regel, sondern eine Feststellung, die vermutlich auf Basis bestehender Regeln getroffen werden kann.
** Ein Geschäft darf erst von 8 Uhr bis spätestens 17 Uhr geöffnet sein. – naja , beschreibt eine Regel, und “von” scheint die Wirkung von “erst” aufzuheben oder zumindest abzuschwächen
** Ein Geschäft darf ab frühestens 8 Uhr bis spätestens 17 Uhr geöffnet sein. – naja, klingt ziemlich seltsam
** Ein Geschäft darf von frühestens 8 Uhr bis spätestens 17 Uhr geöffnet sein. – ok, Regel
Ich merke gerade: Je länger ich mich mit Ihrem vorletzten Beispiel beschäftige, umso weniger vermag es, mir sprachlich zu gefallen. Also auch hier: Naja, klingt ziemlich seltsam.
Ihr letztes Beispiel wieder ist definitiv eine situative Angabe, keine Regel:
“Wir sind ab nächstem [o. nächsten] Montag bis zum Monatsende täglich erreichbar.
Die Angebote sind ab Montagmorgen gültig, und dies bis Donnerstagabend.”
Für Erbsenzähler: Diese Erläuterung bedarf des Ausbaus, da sie Sonn- und Feiertage und spezielle Wochenendregelungen nicht berücksichtigt. 😉 Und die Erbsenzähler:*Innen, Verzeihung: Erbsenzählenden (oder heißt es Erbsen Zählenden?) habe ich ohnehin schon gekränkt. Sorry.
Zwei kleiner Nachträge:
Zum Einen legt im Deutschen “von” … “an” die Position des Betrachters nicht auf vorher oder nachher fest. Um 15 Uhr kann “von acht Uhr an” sowohl “ab 8 Uhr” als auch “ab 20 Uhr” bedeuten – welches von beiden, ergibt sich aus dem Aufführungskontext.
Zum Anderen: Im Englischen und Französischen wird das ähnlich gehandhabt wie im Deutschen.
Bei Regeln heißt es “from” … “to” bzw. “de” … “à”, während in situativen Beschreibungen
das Englische “from” … “on” sowohl für Zeitpunkte in der Vergangenheit als auch in der Zukunft des Betrachters zulässt, “since” aber nur in der Vergangenheit, sowie “until” für Endzeitpunkte, und das Französische “depuis” für einen vergangenen Startzeitpunkt und “à partir de” für einen zukünftigen Startzeitpunkt und “jusqu’à” für den Endzeitpunkt vorsieht.
Die serbische und die kroatische Sprache machen hier keine Unterschiede, es heißt immer “od” …”do”, egal, ob es sich um eine Regel handelt oder eine situative Beschreibung. Ich vermute – ohne es wirklich zu wissen -, dass sich romanische und germanische Sprachen auf der einen Seite und slawische Sprachen auf der anderen darin unterscheiden.
Danke für die ausführlichen Kommentare. Sie sind etwas zu ausführlich. Es ging nur darum, ob man auch „ab… bis…“ oder nur „von… bis…“ verwenden kann. Es ging nicht darum, wie Uhrzeitangaben gemeint sein können (acht Uhr = 08:00 Uhr oder 20:00 Uhr), nicht um den Unterschied zwischen „ab“ und „seit“ in Bezug auf den Sprechzeitpunkt (vgl. hier) und auch nicht darum, wie regelmäßig Angaben dieser Art gemeint sind.
Das System, das Sie ausführlich beschreiben, klingt gut, weil es eben systematisch ist, es trifft aber so nicht zu. So kann auch mit „ab“ regelmäßig Vorkommendes beschrieben werden und kann „von… bis…“ auch für Einmaliges, nicht regelmäßig Vorkommendes (situativ) verwendet werden.
Der Einwand gegen „erst“ ist z. T. gerechtfertigt. Wenn man aber „erst“ durch „frühestens“ ersetzt oder es einfach weglässt, klingt der Satz m.M.n. gar nicht so seltsam:
Dieser Satz lässt sich auch mit „von… bis…“ formulieren, es ist aber nicht ausgeschlossen, auch mit „ab… bis…“ regelmäßig Vorkommendes auszudrücken. Kurzum, die Unterscheidung ist nicht so eindeutig, wie Sie sie darstellen.