Frage
Ich habe nirgends im Internet die reflexive Form des Verbs „verlangen“ gefunden. Beispiel: „Es verlangt mich nach Liebe.“ Oder ist das eine transitive Form des Verbs mit Akkusativobjekt (mich)?
Ich las jetzt den Satz: „Sie konnten nicht finden, wonach Ihnen verlangte.“ Richtig müsste es doch heißen „… wonach es sie verlangte“. Aber warum?
Antwort
Guten Tag Frau B.,
im Satz „Es verlangt mich nach Liebe“ handelt es sich nicht um eine reflexive Verwendung von verlangen, sondern um eine unpersönliche Verwendung dieses Verbs mit einem Akkusativ (vgl. die Angaben verlangen im DWDS [Bedeutung 5]):
jemanden verlangt (es) nach jemandem/etwas
Es verlangt mich nach Liebe.
Mich verlangt (es) nach Liebe.
Nach Liebe verlangt (es) mich.
Das unpersönliche es, das hier die Funktion eines formalen Subjekts hat, kann wegfallen, außer wenn es am Satzanfang steht (siehe Beispiele oben). Die Konstruktion gilt als gehoben. Man begegnet ihr also im Alltag nicht allzu häufig. Gemeint ist mir ihr übrigens nicht, dass man etwas fordert, sondern dass man sich nach etwas sehnt, etwas begehrt.
Der Satz, den Sie zitieren, müsste also tatsächlich mit dem Akkusativ und nicht mit dem Dativ stehen:
Sie konnten nicht finden, wonach es sie verlangte.
In diesem Satz lässt man das es besser nicht weg, weil sonst undeutlich sein könnte, ob es sich bei sie um einen Akkusativ Plural oder um einen Nominativ Singular handelt. Ohne es möglich ist zum Beispiel:
Ich kann nicht finden, wonach (es) mich verlangt.
Er konnte nicht finden, wonach (es) ihn verlangte.
Ihr konnten nicht finden, wonach (es) euch verlangte.
Ein Blick ins Internet zeigt, dass Formulierungen mit dem Dativ relativ häufig vorkommen:
*Es verlangte ihm nach Abwechslung.
*Mir verlangte es nach etwas Trinkbarem.
*… wonach ihnen verlangte.
Wenn man sich einer gehobenen (und vielleicht ein bisschen veralteten) Wendung bedient, kann man das aber besser so tun, wie es in den Wörterbüchern steht, auch in älteren1:
Es verlangte ihn nach Abwechslung.
Mich verlangte es nach etwas Trinkbarem.
… wonach es sie verlangte.
Und im Zweifelsfall kann man natürlich auch auf sich (Akk.) nach etwas sehnen ausweichen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp
1 Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm, Eintrag verlangen, Abschnitt 5)