Warum „freventlich“ und nicht „frevlig“?

Frage

Meine Frage betrifft das Wort „freventlich“. Warum wird es nicht analog zu „Ekel – eklig“ gebildet, also „Frevel – frevlig“?

Antwort

Guten Tag Frau H.,

warum genau ein Wort so und nicht anders gebildet wurde, ist oft nicht zu sagen. Meist kann man nur versuchen, zu erklären, wie ein Wort entstanden ist, aber nicht genau sagen, warum es so passiert ist.

Bei freventlich handelt es sich um eine alte Wortbildung, die einige besondere Merkmale aufweist: eine Dissimilation, einen Gleitlaut und – wenn die Frage nach frevlig hinzukommt – Blockierung (Blocking).

Im DWDS findet man diese Angaben zur Herkunft von freventlich:

freventlich Adj. spätmhd. vrevenlich, durch Dissimilation aus mhd. vrevellich ‘mutig, verwegen, rücksichtslos’ (vgl. ahd. fravallīhho Adv. ‘unverschämt, widerspenstig, hartnäckig’, 9. Jh.) entstanden und im 16. Jh. mit Gleitlaut -t- zwischen n und l versehen.

Mit ein paar Worten mehr ausgedrückt steht dort ungefähr dies: Im Mittelhochdeutschen gab es das Adjektiv vrevellich (zu vrevel). Durch Dissimilation ist im Spätmittelhochdeutschen daraus vrevenlich geworden. Von Dissimilation spricht man, wenn einer von zwei gleichen oder ähnlichen Lauten in einem Wort sich ändert, wodurch die Laute sich stärker voneinander unterscheiden . Hier wurde das erste l zu einem n dissimiliert: vrevellich → vrevenlich.

Im 16. Jahrhundert wurde (zur Erleichterung der Aussprache) der Gleitlaut -t- zwischen das n und das l eingeschoben: vrevenlich → vreventlich. Dieser Gleitlaut findet sich auch zum Beispiel in wesentlich und versehentlich.

So viel zur Entstehung des heute eher veralteten Wortes freventlich. Nun noch zum nicht bestehenden Adjektiv frevlig:

Neben freventlich gibt es frevelhaft und frevlerisch als Adjektive zu Frevel. Das könnte erklären, warum nicht auch noch frevelig oder frevlig verwendet wird. Das Wort kann zwar gebildet werden, es ist aber neben den anderen nicht notwendig. Es wird durch die Anwesenheit von bereits drei anderen Ableitungen blockiert.

Blockierung ist übrigens keine exakte Wissenschaft, das heißt, es lassen sich keine genauen Blockierungsregeln formulieren. Zu Ekel gibt es auch ekelhaft und ekelerregend. Das ist oder war aber offenbar nicht genug, um das Wort eklig zu blockieren.

Es ist manchmal erstaunlich, wie viele Phänomene bei der Entstehung eines Wortes eine Rolle spielen. Die hier genannten zeigen aber vor allem, was vorgegangen ist. Warum genau der Wortgebrauch so und nicht anders ist, erklären sie weniger gut.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

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