Nass-in-nass-Technik oder Nass-in-Nass-Technik?

Frage

Wieder mal eine Frage zur Groß-/Kleinschreibung: Die Anstriche werden nass in nass aufgebracht. 
Ich denke, dass nass beide Male richtig geschrieben ist, also klein. Stimmen Sie mir zu?

Antwort

Guten Tag Herr A.,

auch ich würde hier kleinschreiben:

Die Anstriche werden nass in nass aufgebracht

Dies in Analogie zu den Beispielen schwarz auf weiß, grau in grau u. a. m. in § 58(3.1) der amtlichen Rechtschreibregelung. Diese Regel sagt, dass „bestimmte feste Verbindungen aus Präposition und nichtdekliniertem Adjektiv ohne vorangehenden Artikel“ kleingeschrieben werden.

Formal entspricht nass in nass dieser Definition. Dass es sich auch um eine feste Verbindung handelt, zeigt sich für mich nur schon hierdurch: Ich musste den mir vorher unbekannten Begriff zuerst nachschlagen, um sicher zu sein, dass ich ihn auch wirklich richtig verstehe: eine neue Farbschicht anbringen, bevor die vorherige ganz trocken ist. Ich halte es deshalb für richtig, die Wendung nass in nass kleinzuschreiben.

Mit Ölfarbe kann auch nass in nass gearbeitet werden.
Die mehrfarbigen Ausdrucke werden nass in nass gedruckt.

Hier gerate ich allerdings indirekt in Widerspruch mit einer Angabe im Duden Rechtschreibwörterbuch. Dort gibt es den Eintrag Nass-in-Nass-Druck mit dem Hinweis auf die Regel, dass Zusammensetzungen mit Aneinanderreihungen mit Bindestrichen geschrieben werden. Damit bin ich einverstanden, aber nicht mit der Großschreibung des zweiten Nass.

Wenn man schreibt, dass nass in nass gedruckt wird, muss es auch Nass-in-nass-Druck sein. Nicht-Substantive werden in Zusammensetzungen mit Bindestrich nur am Wortanfang großgeschrieben, sonst klein. So findet man im Online-Duden auch den Eintrag Grau-in-grau-Malerei, also Malerei die grau in grau ausgeführt wird. Oder umgekehrt: Wenn man Nass-in-Nass-Druck schreibt, müsste es auch groß Nass in Nass drucken sein. Letzteres widerspricht aber, wie oben gesagt, der Kleinschreibung nass in nass, die § 58(3.1) verlangt.

Bezichtige ich hiermit den Duden eines Fehlers? So weit würde ich nicht gehen. Die Schreibungen Nass-in-Nass-Technik, Nass-in-Nass-Malerei oder Nass-in-Nass-Druck kommen sehr, sehr häufig in der Fachsprache vor; so häufig, dass man sie als dort gebräuchlich und richtig anschauen muss.

Ich komme deshalb zum kompromissvollen Schluss, dass man zwar nur nass in nass arbeiten schreiben sollte, dass aber neben der „eigentlich“ richtigen Schreibung Nass-in-nass-Technik auch das fachsprachlich übliche Nass-in-Nass-Technik als korrekt angesehen werden kann.

Anhand von nass in nass kann man schwarz auf weiß sehen, dass es auch in der Rechtschreibung nicht immer ganz klar ist, sondern auch einmal eher grau in grau sein kann.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Bopp

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert