Frage
Mein Sprachempfinden suggeriert mir gerade, von der Kasuskongruenz abzuweichen. Was ist richtig:
Wir tun dies im Namen unserer Mitglieder, der 128 Sportvereine (kongruent).
Wir tun dies im Namen unserer Mitglieder, den 128 Sportvereinen (mein Sprachempfinden)
Antwort
Guten Tag Herr O.,
es handelt sich hier um eine Apposition, das heißt eine Substantivgruppe (die 128 Sportvereine), die eine andere Substantivgruppe (hier: unsere Mitglieder) näher bestimmt. Wenn das Substantiv der Apposition wie in Ihrem Satz einen Artikel bei sich hat, steht die Apposition im gleichen Fall wie die Bezugsgruppe:
Unsere Mitglieder, die 128 Sportvereine, haben uns beauftragt.
Wir tun dies für unsere Mitglieder, die 128 Sportvereine.
Wir tun dies zusammen mit unseren Mitgliedern, den 128 Sportvereinen.
Wir tun dies im Namen unserer Mitglieder, der 128 Sportvereine.
Standardsprachlich gilt hier nur die Übereinstimmung im Kasus als korrekt. Es muss also heißen:
Wir tun dies im Namen unserer Mitglieder, der 128 Sportvereine.
Sie stehen aber mit Ihrem Sprachempfinden keineswegs allein. Immer häufiger wird bei Appositionen dieser Art der Dativ anstelle des eigentlich geforderten Falles verwendet:
Wir tun dies im Namen unserer Mitglieder, den 128 Sportvereinen. [?]
Vor allem bei längeren Sätzen fällt das oft gar nicht auf, aber es gilt standardsprachlich (noch?) nicht als korrekt. Hier noch ein paar Beispiele:
die Preiserhöhung für Erdöl, den wichtigsten Grundstoff in der Reifenproduktion
(besser nicht: die Preiserhöhung für Erdöl, dem wichtigsten Grundstoff in der Reifenproduktion)Er reiste in Begleitung seines Freundes, eines sehr erfahrenen Rangers.
(besser nicht: Er reiste in Begleitung seines Freundes, einem sehr erfahrenen Ranger.)Das lässt sich am besten am Beispiel Brasiliens, des größten Landes des Subkontinents, zeigen.
(besser nicht: Das lässt sich am besten am Beispiel Brasiliens, dem größten Land des Subkontinents, zeigen.)
Vielleicht finden Sie beim Lesen der Beispiele, dass die „falschen“ Formulierungen gar nicht so falsch klingen. Dennoch gilt – wie gesagt – die Verwendung des Dativs dort, wo er sich nicht auf einen Dativ bezieht, standardsprachlich nicht als korrekt. Das wird sich vielleicht einmal ändern, denn Fragen zu diesem Thema tauchen hartnäckig immer wieder auf. So gab es schon vor Jahren einmal einen Blogartikel mit dem Titel Die Apposition und der Dativ.
Mehr Informationen über das komplexe Thema der Fallkongruenz bei Appositionen finden Sie auf dieser Seite in der LEO-Grammatik.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp