Frage
Ich komme in einer Frage einfach nicht weiter. Ich fand folgende Formulierung:
Auf der Bühne präsentierte der Schurke seine Absichten, die stets entgegengesetzt waren zu denen dessen, der die Bühne gerade verlassen hatte.
Ich bin eigentlich überzeugt, dass es heißen muss „entgegengesetzt zu denen desjenigen, der“, finde aber beim besten Willen den Grund nicht, warum nicht „dessen“ auch gehen könnte. Können Sie mir helfen?
Antwort
Guten Tag Frau L.,
eine Formulierung mit desjenigen wäre besser verständlich, aber dessen ist hier nicht falsch. Der Zweifel oder die Schwierigkeit entsteht dadurch, dass hier zwei Demonstrativpronomen und ein Relativpronomen aneinandergereiht werden: denen dessen, der. Gemeint ist damit ungefähr dies:
entgegengensetzt zu den Absichten des Menschen, der …
entgegengensetzt zu den Absichten dessen, der …
entgegengensetzt zu denen dessen, der …
Eine solche Abfolge ist stilistisch insofern nicht sehr gelungen, als sie meist schwierig verständlich ist. Sie ist aber nicht ausgeschlossen:
Auf der Bühne präsentierte der Schurke seine Absichten, die stets entgegengesetzt waren zu denen dessen, der die Bühne gerade verlassen hatte.
Hier noch ein paar Beispiele solcher Formulierungen:
Weil sich das Wesen des Fußballs weniger in den Geschichten seiner Helden offenbart als in denen derer, die an ihm gescheitert sind.
Im Grunde unterscheiden sich unsere Gefühle nicht stark von denen derer, die uns hier nicht wollen.
Terroir ist also nicht nur der „lokale Fingerabdruck“ in einem Wein, sondern auch der dessen, der ihn zum Ausdruck bringt.
Ein Werk, das uns unseren Tod und den derer, die wir lieben, zeigt
Die zwei Seelen in Liszts Brust – die des musikalischen Visionärs und die dessen, der geistigen Frieden suchte – verschmolzen schon früh einmal.
[E]r hat damit wirklich die Grenzen des musikalisch Möglichen erweitert und auch die dessen, was in einer Oper szenisch für angemessen gehalten wurde
die Geschichten der Menschen, die die Kleider gefertigt haben, und die derer, die sie tragen.
Diese Sätze sind, wie gesagt, nicht falsch. Die Beispiele zeigen aber (falls man die Enerige dafür aufbringen kann, sie zu lesen), dass sie nicht leicht verständlich sind. Es wäre deshalb m.M.n. häufig besser, anders zu formulieren. Zum Beispiel:
Auf der Bühne präsentierte der Schurke seine Absichten, die stets entgegengesetzt waren zu denen desjenigen, der die Bühne gerade verlassen hatte.
Auf der Bühne präsentierte der Schurke seine Absichten, die stets denen der Person entgegengesetzt waren, die die Bühne gerade verlassen hatte.
Auf der Bühne präsentierte der Schurke seine Absichten, die stets den Absichten desjenigen entgegengesetzt waren, der die Bühne gerade verlassen hatte.
Wer gerne elegant gehoben formuliert, darf dies natürlich tun. Wer Mitleid mit den Lesenden hat, formuliert besser etwas „umständlicher“.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Bopp