Ich war zum Fußball?

Frage

Ist es grammatikalisch richtig zu sagen Ich war zum Fußball? Unsere Studenten-WG streitet sich seit Wochen darüber. Ich bin der Meinung, dass das grammatikalisch vollkommen falsch ist.

Antwort

Sehr geehrter Herr W.,

ganz persönlich finde ich den Satz insofern schon falsch, als ich nie und nimmer so etwas sagen würde. Ich mag nämlich Fußball schlichtweg nicht. Doch das ist natürlich kein grammatikalisch stichhaltiges Argument. Aber auch sonst befürchte ich, dass Ihre Studenten-WG auch nach dieser Antwort das Streitbeil nicht ganz begraben wird. Die Streitfrage wird dann sein, ob Sie nur die Standardsprache oder auch die Umgangssprache als richtig akzeptieren. In der Sprache kann man sich nämlich verschiedener Register bedienen.

Standardsprachlich korrekt sind wohl u. a. diese Formulierungen:

Ich war Fußball spielen.
Ich bin zum Fußballspielen (weg)gegangen.

Umgangssprachlich lässt sich dies je nach Sprachregion zu der folgenden Aussage verkürzen:

Ich war zum Fußball.

Dabei ist mit Fußball nicht das runde Ding Fußball sondern die Handlung, das Geschehen Fußballspielen gemeint. In der gleichen Art kann man umgangssprachlich auch sagen: Ich war zum Einkaufen/Friseur/…

Wenn Sie mit „grammatikalisch richtig“ meinen, dass es gemäß der deutschen Standardsprache korrekt sein muss, ist Ihr Beispielsatz nicht richtig. Als Deutschlehrer würde ich ihn als umgangssprachlich anstreichen.

Wenn Sie aber akzeptieren, dass die Umgangssprache auch so ihre eigene Grammatik hat, dann ist der Satz nicht ungrammatisch. In formelleren Briefen, Aufsätzen, Gesprächen usw. sollte er – wie gesagt – nicht verwendet werden, aber als Aussage unter Freunden in der WG ist er durchaus akzeptabel.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Auf der oder auf dem Plaza de España?

Frage

Seit einer Weile versuche ich herauszufinden, ob es eine feste Regel gibt, die den Gebrauch des Artikels für fremde Namen von Gebäuden, Plätzen, Straßen usw. gibt. Sagt man zum Beispiel die Plaza de España, weil der Lehnbegriff weiblich ist (la plaza), oder behält man den für ein deutsches Wort (in diesem Fall der Platz) stehenden Artikel bei und sagt entsprechend der Plaza de España?

Antwort

Sehr geehrte Frau B.,

wie schon ein früherer Blogeintrag erläutert, gibt es keine feste Regeln dafür, welches Geschlecht Fremdwörter im Deutschen erhalten. Es gibt verschiedene Tendenzen, die sich zum Teil widersprechen, so dass es häufig Wörter gibt, die mit mehr als einem Artikel verwendet werden. Ganz besonders gilt dies im Bereich, der Sie interessiert: Namen von Plätzen, Straßen usw. Hier sind zwei Tendenzen wichtig, die Sie ganz richtig bereits erwähnt haben:

  • Der Name hat das gleiche Geschlecht wie in der Ursprungssprache.
  • Der Name hat des gleiche Geschlecht wie seine deutsche Übersetzung.

Bei Namen wie zum Beispiel die Calle Mayor und die Rue de Rivoli ergeben sich daraus keine Probleme, denn calle und rue sind wie die deutsche Übersetzung Straße weiblich. Auch dann, wenn Substantive in der Ursprungssprache kein Geschlecht haben, ist es einfach, da dann nur die zweite Tendenz wirkt: der Trafalgar Square wie der Platz.

Wo diese Tendenzen einander aber widersprechen, sind in der Regel beide Varianten als richtig anzusehen:

die Plaza de España – wie sp. la plaza (weiblich)
der Plaza de España – wie dt. der Platz

die Place de la Concorde – wie frz. la place (weiblich)
der Place de la Concorde – wie dt. der Platz

der Ponte Vecchio – wie it. il ponte (männlich)
die Ponte Vecchio – wie dt. die Brücke

Keine der beiden Tendenzen ist „logischer“ oder „besser“ als die andere. Welche Variante man wählt, hängt vor allem von der Kenntnis der Sprache ab, aus der der Name stammt. Für jemanden, der gut Französisch kann, klingt Wir treffen uns am Place de la Concorde vielleicht seltsam oder sogar falsch. Umgekehrt kann für jemanden, der kein Französisch spricht, Wir treffen uns an der Place de la Concorde sehr gestelzt klingen (so ähnlich wie Zwei Espressi, bitte).

Sie können also sowohl So gelangen Sie zum Ponte Vecchio als auch So gelangen Sie zur Ponte Vecchio sagen, ohne dass man Ihnen einen Verstoß gegen die Grammatik des Deutschen vorwerfen darf. Innerhalb eines Textes, eines Buches usw. sollte man allerdings immer die gleiche Variante verwenden.

Sehen Sie hierzu auch die entsprechende Grammatikseite.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

nicht müssen und nicht brauchen

Frage

Seit langem versuche ich die Frage zu klären, ob verneintes müssen und verneintes brauchen völlig gleichbedeutend sind und gleich gebraucht werden. Auf der entsprechenden Webseite von Canoonet und in vielen Grammatiken steht, dass verneintes müssen mit der Bedeutung Notwendigkeit häufig durch nicht brauchen ersetzt wird. In der Grammatik der deutschen Sprache von D. Schulz und H. Griesbach kann man aber lesen, dass auf die unterschiedliche Wirkungsweise der Negation zu achten ist:

Inge muss ihrer Mutter nicht helfen.
(= Es besteht für sie kein Zwang, es ist ihrer freien Entscheidung überlassen.)

Inge braucht ihrer Mutter nicht zu helfen.
(= Diese Forderung ist nicht an sie gestellt worden.)

Besteht also im modernen Deutsch ein Unterschied zwischen verneintem müssen und verneintem brauchen?

Antwort

Sehr geehrter Herr P.,

im Allgemeinen werden nicht brauchen und nicht müssen als Synonyme behandeltn (vgl. unsere Grammatik). Es gibt allerdings – wie die von Ihnen zitierte Grammatik es auch angibt – einen leichten Bedeutungsunterschied:

Du musst nicht kommen (= es besteht kein Zwang)
Du brauchst nicht zu kommen (= es ist nicht notwendig)

Dieser feine Bedeutungsunterschied ist aber lange nicht immer ersichtlich. So haben die folgenden Beispielpaare eigentlich die gleiche Bedeutung:

Du musst deswegen doch nicht weinen.
Du brauchst deswegen doch nicht zu weinen.

Ich muss morgen nicht arbeiten, weil ich frei habe.
Ich brauche morgen nicht zu arbeiten, weil ich frei habe.

Das Problem ist gelöst, du musst also nicht mehr kommen.
Das Problem ist gelöst, du brauchst also nicht mehr zu kommen.

Niemand hat es dir befohlen, du musst es also nicht tun.
Niemand hat es dir befohlen, du brauchst es also nicht zu tun.

Es liegt deshalb im täglichen Spachgebrauch oft eher an einer stilistischen Entscheidung als an der Bedeutung, dass im konkreten Fall die eine Ausdrucksweise der anderen vorgezogen wird.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Sie müssen mir noch einmal kommen

Frage

Kürzlich überraschte mich eine Äußerung einer Optikerin. Sie passte mir neue Linsen an und da alles problemlos ablief, dachte ich, damit hätte es sich. Sie aber meinte: „Sie müssen mir nochmals kommen!“ Ich fragte sie sogleich, warum ich ihr nochmals kommen müsse, worauf sie für mich nur einen schrägen Blick übrig hatte… Gibt es irgendeine grammatische Erklärung, warum man kommen mit einem Dativ verwenden kann?

Antwort

Sehr geehrte Frau R.,

Das ist mir eine schöne Frage! Ihre Optikerin hat einen sogenannten freien Dativ verwendet. Näheres dazu finden Sie hier. Sie hat dabei wohl einen Dativus ethicus verwendet, d.h. einen Dativ, der ausdrückt, dass die Sprecherin nur gefühlsmäßig an der im Satz ausgedrückten Handlung beteiligt ist. Sie müssen ja kommen, nicht die Optikerin, doch diese ist freundlich aber bestimmt auffordernd und besorgt an Ihrem Kommen beteiligt. Ungefähr so könnte das mir gemeint gewesen sein.

Der Satz lässt sich nicht umdrehen, weil Sie der Optikerin eigentlich nicht eine gefühlsmäßige Beteiligung „unterstellen“ können. „Warum muss ich Ihnen noch einmal kommen?“ klingt deshalb verwunderlich und ist eventuell sogar eines schrägen Blickes würdig.

Vielleicht war es auch eher ein höflich gemeinter Dativus commodi, d.h. dass Sie sich der Optikerin zuliebe noch einmal bei ihr melden sollten.

Andere Beispiele für freie Dative sind:

Das ist mir eine schöne Bescherung!
Nehmen Sie mir diese Tabletten bitte regelmäßig ein.
Du musst uns schnell wieder gesund werden.

Die Formulierung Ihrer Optikerin klingt vielleicht etwas gar nach altmodischer Tante Doktor, aber grammatisch ist sie einwandfrei.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

In dem Laden, wo …?

Frage

Zumindest umgangssprachlich lässt sich ja zum Beispiel sagen: In dem Laden, wo ich gerade war, … Ist das korrekt oder muss es unbedingt heißen In dem Laden, in dem ich gerade war, …?

Antwort

Sehr geehrter Herr S.,

die Unsicherheit bei der Verwendung von wo in solchen Sätzen rührt wahrscheinlich daher, dass im (südlichen) deutschen Sprachraum in vielen Dialekten dort wo steht, wo wo in der Standardsprache nicht stehen darf. Das lernt man in der Schule und traut sich dann gar nicht mehr, wo noch zu verwenden.

Standardsprachlich darf wo nicht verwendet werden, wenn es sich auf ein Nomen bezieht, das nicht als Ortsbezeichnung verwendet wird. Nicht korrekt sind also zum Beispiel:

Der Mann, wo das gesagt hat.
Der Mann, der wo das gesagt hat.
Der Laden, wo Konkurs gemacht hat.
Der Laden, der wo Konkurs gemacht hat.

Das Wörtchen wo darf aber in anderen Fällen auch in der Standardsprache für die Einleitung von Relativsätzen verwendet werden. Dies gilt vor allem in den folgenden Fällen:

wo steht nach da und dort:

Die Schlüssel liegen da/dort, wo du sie hingelegt hast.

wo kann allgemein nach Nomen stehen, die die Funktion einer Ortsbezeichnungen haben:

Sie wohnt in der Stadt, wo sie auch arbeitet.
Das ist der Ort, wo wir uns treffen werden.

Und auch Goethe dichtete über Italien:

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn?

Diese Sätze können auch wie folgt eingeleitet werden (Präposition + der/die/das):

Sie wohnt in der Stadt, in der sie auch arbeitet.
Das ist der Ort, an dem wir uns treffen werden.
Kennst du das Land, in dem die Zitronen blühen? (Das ist dann aber nicht mehr von Goethe.)

Ihr Beispiel ist also auch standardsprachlich sowohl mit wo also auch mit in dem korrekt, denn hier ist Laden eine Ortsbezeichnung:

In dem Laden, wo ich gerade war, …
In dem Laden, in dem ich gerade war …

Schließlich kann wo auch nach Zeitangaben stehen:

Ich will dich jetzt, wo du so beschäftigt bist, nicht belästigen.
Ich freue mich auf den Tag, wo wir uns wiedersehen werden.

Sehen Sie hierzu die beiden letzten Abschnitte unter “Wahl des Einleitewortes” auf dieser Grammatikseite.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

sein und dessen

Frage

Ist der folgende Satz korrekt?

So liegt zum Beispiel die Outperformance des XYZ-Fonds seit dessen Markteinführung bei x% im Vergleich zu seiner Benchmark.

dessen? Müsste hier nicht heißen seit seiner (der Fonds) Markteinführung?

Antwort

Sehr geehrte Frau E.,

in Ihrem Beispielsatz sind sowohl dessen also auch seiner korrekt. Die Form dessen ist die männliche Genitivform des Demonstrativpronomens der/die/das. Diese Form kann auch vor einem Nomen stehen:

Ich sehe Herrn Müller und dessen Schwester.
= Ich sehe Herrn Müller und Herrn Müllers Schwester.

Ich kannte das Rätsel und dessen Lösung.
= Ich kannte das Rätsel und die Lösung des Rätsels.

Dieser Genitiv drückt ein Besitzverhältnis im weitesten Sinne aus. Ein solches Besitzverhältnis kann auch mit dem besitzanzeigenden Fürwort sein ausgedrückt werden:

Ich sehe Herrn Müller und seine Schwester.
Ich kannte das Rätsel und seine Lösung.

Aus diesem Grund können in Ihrem Beispielsatz sowohl dessen als auch seiner stehen. Beide im weitesten Sinne besitzanzeigenden Pronomen sind männliche Singularformen und beziehen sich auf das im Singular stehende männliche Nomen XYZ-Fonds.

Das Folgende trifft nicht mehr auf ihr Beispiel zu. Es sei der Vollständigkeit halber doch noch erwähnt:

Das Pronomen dessen kann nicht in dieser Art verwendet werden, wenn es sich auf das Subjekt des Satzes beziehen soll. Im Satz

Herr Müller geht mit dessen Schwester weg.

kann dessen sich nicht auf Herrn Müller beziehen. Dank dieser Eigenschaft kann es zur Vermeidung von Missverständnissen verwendet werden:

Herr Müller geht mit dem Nachbarn und seiner Schwester weg.

Hier ist nicht eindeutig, um wessen Schwester es sich handelt. Wenn angeben werden soll, dass die Schwester des Nachbarn gemeint ist, kann man dessen verwenden:

Herr Müller geht mit dem Nachbarn und dessen Schwester weg.

Das Ganze funktioniert übrigens auch mit umgedrehten Geschlechterrollen und in der Mehrzahl:

zweideutig: Frau Müller geht mit der Nachbarin und ihrem Bruder weg.
eindeutig: Frau Müller geht mit der Nachbarin und deren Bruder weg.

zweideutig: Die Müllers gehen mit den Nachbarn und ihren Kindern weg.
eindeutig: Die Müllers gehen mit den Nachbarn und deren Kindern weg.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Du und er seid oder sind?

Frage

Was ist richtig?

Peter und du sind doof! oder
Peter und du seid doof!

Antwort

Sehr geehrter Herr J.,

die Bedeutung des Satzes ist wohl in beiden Varianten eindeutig: Ein gewisser Peter und die angesprochene Person stehen zum Sprechzeitpunkt auf einer eher niedrigen Sprosse der Sympathieleiter des oder der Sprechenden. Soweit zum Inhalt. Nun zur Form. Die entsprechende Regel lautet:

Sind eine 2. Person (du) und eine 3. Person (Peter) mit und verbunden, richtet sich das Verb nach der 2. Person Plural. Die beiden Subjekte können durch ihr zusammengefasst werden.

Richtig ist demnach:

Peter und du seid doof.

Für mehr Informationen hierzu siehe diese Grammatikseite.

Ihre Frage zeigt aber, dass der Satz irgendwie nicht so richtig gut läuft. Auch ich musste bei der Wahl der Verbform zuerst überlegen. Es ist deshalb zwar nicht notwendig, aber auch nicht übertrieben, hier ein ihr einzufügen.

Peter und du, ihr seid doof.

Der Satz lässt sich dadurch besser, das heißt ohne Zweifel über die Verbform aussprechen und interpetieren. Und in diesem Fall kann man vor dem ihr auch noch eine kleine „Kunstpause“ einfügen. Dadurch wird die Gesamtaussage noch prägnanter:

Peter und Du – ihr seid doof!

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Geschlecht von Fremdwörtern

Frage

Immer wieder frage ich mich, wer denn bestimmt, welches Genus Fremdwörter bekommen. Insbesondere Begriffe der Informationstechnologie werden zwar häufig im Deutschen verwendet, doch oft mit verschiedenem Genus. Beispiele: der/das Bookmark (Canoonet sagt sogar noch die Bookmark), der/das Tab, der/das Blog etc. Kann man sagen, dass falls es eine deutsche Entsprechung gibt, das Fremdwort das Genus von diesem Wort übernimmt, Bsp. das Lesezeichen -> das Bookmark? der Reiter -> der Tab?

Antwort

Sehr geehrte Frau R.,

wieso sagt man der Star, der Cognac, die E-Mail, das Electronic Banking, das Cello, der oder das Weblog, der oder die Benchmark usw.? Bei der Festlegung des Geschlechts von Fremdwörtern gibt es wie bei vielen anderen sprachlichen Phänomenen keine festen Regeln. Es gibt aber verschiedene, unterschiedlich starke Tendenzen oder Strategien, die – wie könnte es auch anders sein – sich zum Teil widersprechen.

Eine nicht unwichtige Tendenz ist das „Ursprungsprinzip“: Ein Nomen hat das gleiche Geschlecht wie in der Sprache, aus der es übernommen wird:

der Boulevard – frz. le boulevard
die Allee – frz. une allée
die Paella – sp. la paella
der Risotto – it. il risotto

Das ist aber bei weitem nicht immer so. Gerade bei einer Sprache wie dem Englischen, in der Nomen in der Regel kein Geschlecht haben, kann dieses Prinzip gar nicht funktionieren. Aber auch bei Wörtern aus Sprachen wie dem Französischen, Spanischen und Italienischen spielen andere Tendenzen eine Rolle.

Die zweite wichtige Tendenz ist – wie Sie richtig erkannt haben – die Übertragung des Geschlechts der deutschen Übersetzung auf das Lehnwort. So sucht Deutschland den Superstar, weil es der Stern ist. Dieses Prinzip gilt auch in anderen Sprachen. So nennt man Brad Pitt oder Russel Crowe in Frankreich une grande star und auch Silvester Stallone war selbst in seinen besten Rambo-Zeiten in Italien una grande star hollywoodiana. Dies ist so, weil die nächtlich funkelnden Himmelskörper in diesen Sprachen weiblich sind. Das finden wir vielleicht etwas komisch, aber umgekehrt wundert man sich in den romanischsprachigen Ländern nicht weniger darüber, dass wir für zum Beispiel Catherine Deneuve, Sophia Loren und Cameron Diaz ein männliches Wort verwenden. Doch ich schweife ab. Hier noch weitere Beispiele für das „Übersetzungsprinzip“:

die Soap – die Seife, die Seifenoper
das Shirt – das Hemd
die Bouillon – die Brühe (frz. le bouillon)
der Chef de Cuisine – der Küchenchef, der Leiter (frz. le chef de cuisine))
das Chef d’Œuvre – das Meisterwerk (frz. le Chef d’œuvre)
der Computer – der Rechner
das Direct Banking – das Bankieren

Die letzten beiden Beispiele zeigen , dass auch die Form des Lehnwortes (-er resp. -ing) eine Rolle spielen kann. Sehen Sie hierzu und zu weiteren Tendenzen die entsprechende Grammatikseite.

Gerade bei neueren Lehnwörtern können mehrere Tendenzen einen Einfluss haben , sodass das Wort mit mehr als nur einem Genus verwendet wird:

der Grappa – Übersetzung: der Branntwein, der Schnaps
die Grappa – Ursprung: la grappa
der Benchmark – Übersetzung: der Maßstab
die Benchmark – Form: die Marke
das Weblog – Übersetzung: das Log, das Logbuch
der Weblog – ???

Ob eine der Tendenzen letzlich „gewinnt“ und welche das ist, bestimmt der Sprachgebrauch. Vielfach gibt es dabei dann wieder regionale Varianten wie zum Beispiel bei E-Mail: Neben die E-Mail gibt es im südlichen deutschen Sprachraum auch das E-Mail …

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

gefolgt von

Frage

Meine Deutschlehrerin erklärte 1975, dass die Formulierung gefolgt von nicht korrekt sei. Mir leuchtete das ein und tut es nach wie vor. Heute wird diese Form jedoch immer häufiger gebraucht – und das nicht nur von Sportreportern, sondern auch z.B. im Feuilleton der NZZ oder in inhaltlich hochstehenden Referaten etc.

Die Violinistin aus QR gewann den ersten Preis gefolgt von ihrer Kollegin aus XY.
Die Feinstaubkonzentration in Neudorf ist sehr hoch, gefolgt von der in Altdorf.

Falls das korrekt wäre, müsste doch auch gelten: Ich werde von meinem Kind gefolgt. Oder nicht? Was meinen Sie dazu?

Antwort

Sehr geehrte Frau F.,

Sie stellen eine Frage, die mir einiges Kopfzerbrechen bereitet hat. Damit Sie dies nicht als Vorwurf auffassen, sei Folgendes gleich hinzugefügt: Solche Fragen habe ich eigentlich am liebsten.

gefolgt von

Den Ausdruck gefolgt von finde ich korrekt. Er steht zum Beispiel auch in den Beispielsätzen zum Verb folgen in Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache:

Gefolgt von verschiedenen Würdenträgern, betrat er den Saal.

Er hat vor allem die Bedeutung im Gefolge begleitet von. Im modernen Sprachgebrauch wird gefolgt von immer mehr auch in einem weiteren Sinne verwendet. So zum Beispiel auch in Ihren Beispielsätzen. Ich bin geneigt, diese Verwendung auch als korrekt anzuschauen (ich bin eben nicht so ein strenger Grammatiker). Der Ausdruck gefolgt von hat sich gewissermaßen vom Verb folgen gelöst und die Funktion einer eigenständigen Präposition erhalten.

gefolgt werden von

Erstaunlicher fand ich, dass auch immer mehr die Wendung gefolgt werden von verwendet wird. Zum Beispiel:

Jeder Zahlenwert wird gefolgt von einer Erläuterung.
Die Wiederbelebung der Wirtschaft wurde gefolgt von einer politischen Wiederbelebung.

Diese Formen erachte ich als falsch, auch wenn sie relativ häufig vorzukommen scheinen. Es handelt sich um eine Passivkonstruktion, die ein Verb jemanden folgen voraussetzt. Im Deutschen heißt es aber jemandem folgen. Die richtige Formulierung wäre also:

Jedem Zahlenwert folgt eine Erläuterung.
Der Wiederbelebung der Wirtschaft folgte eine politische Wiederbelebung.

Woher diese Form gefolgt werden von kommt, kann ich leider nicht erklären. Dafür wären genauere Untersuchungen notwendig. Es kann sein, dass sie in Analogie mit Verben wie begleiten (begleitet werden von) gebildet wird. Ebenfalls nicht unwahrscheinlich sind Einflüsse von etwas zu wörtlichen Übersetzungen aus dem Englischen, wo solche Passivsätze korrekt sind: to be followed by. Aber dies sind natürlich nur einige unfundierte „Schnellschüsse“.

Vielleicht wird auch die Passivkonstruktion gefolgt werden von einmal korrektes Deutsch sein. Vorläufig würde ich sie aber im Standarddeutschen nicht verwendet. Ich halte deshalb Ihren Beispielsatz Ich werde von meinem Kind gefolgt für falsch.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp

Wenn “es” (nicht) wegfällt

Lesen Sie diesen Beitrag, wenn es Sie interessiert, mit welchen sprachlichen Hürden Deutschlernende konfrontiert werden können.

Frage

Geschäftlich müssen wir Dokumentationen schreiben. Ein Mitarbeiter ist italienischer Muttersprache. Er verwendet immer eine bestimmte Satzstellung, die falsch ist. Keiner konnte jedoch erklären welche grammatikalische Regel dies begründet.

Falsch: Weiter wird es spezifiziert, wie neue Benutzer erfasst werden.
Richtig: Es wird spezifiziert, wie neue Benutzer erfasst werden.

Antwort

Sehr geehrte Frau G.,

Sie stellen eine ziemlich knifflige Frage, denn das deutsche Wörtchen es hat es in sich. Wie Ihnen Ihr ursprünglich fremdsprachiger Mitarbeiter sicher bestätigen kann, wird es sehr häufig und für die unterschiedlichsten Zwecke verwendet, sodass es Fremdsprachige (und Grammatiker …) oft beinah zur Verzweiflung treibt. Ganz so schlimm ist es natürlich nicht. Hier der Versuch einer Antwort:

Das Pronomen es kann verschiedene Funktionen haben. Unter anderem:

Fürwort, das ein sächliches Substantiv vertritt:
das Kind – Es spielt im Garten.
das Buch – Es liegt auf dem Tisch.

Unpersönliches Subjekt bei unpersönlichen Verben:
Es regnet.
Es windet.

Platzhalter für das Subjekt in einem unpersönlichen Passivsatz:
Es wird hier viel getrunken (= Man trinkt hier viel).
Es wird kaum mehr gearbeitet (= Man arbeitet kaum mehr).

Wenn das es im Satz nicht an erster Stelle steht, verhält es sich je nach Funktion unterschiedlich:

In den ersten beiden Fällen darf es nicht wegfallen:

das Kind – Heute spielt es im Garten.
NICHT: Heute spielt im Garten.

Heute regnet es.
NICHT: Heute regnet.

Aber in einem unpersönlichen Passivsatz muss das es wegfallen:

Heute wird hier viel getrunken.
NICHT: Heute wird es hier viel getrunken.

Bei ihrem Beispielsatz handelt es sich um einen unpersönlichen Passivsatz:

Es wird spezifiziert, wie … (= Man spezifiziert, wie …)

Entsprechend muss das es wegfallen, wenn ein anderes Wort die erste Stelle im Satz einnimmt:

Weiter wird spezifiziert, wie …

Zusätzliche Informationen zum Pronomen es finden sie u. a. auf dieser Grammatikseite.

Dort sehen Sie auch, dass das Wörtchen es noch andere Funktionen erfüllt und sowohl für die armen Nicht-Muttersprachigen als auch für diejenigen, die es ihnen erklären wollen, noch einige Knacknüsse in petto hat.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Bopp